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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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die Schülerin und streifte die beiden Männer, die leblos am Boden lagen, der eine in grotesker Verrenkung, der andere inmitten einer sich stetig vergrößernden Blutlache, mit einem schaudernden Blick. Natürlich hatte sie gewusst, dass eine Gildeschwester ihre Fähigkeiten auch zur Zerstörung einsetzen konnte, aber zum ersten Mal hatte sie es mit eigenen Augen gesehen. Sie war erschüttert darüber, aber ihre Erleichterung überwog. »Ich danke Euch, Meisterin. Von ganzem Herzen. Wenn Ihr nicht gewesen wärt …«
    »Danke mir nicht«, entgegnete Cedara mit einer Härte, die Kalliope nicht erwartet hatte. »Dies ist nicht die Art und Weise, wie eine Levitatin ihre Gabe einsetzen sollte.«
    »I-ich weiß, Meisterin«, versicherte Kalliope, »aber ich habe nicht …«
    »Nicht von ungefähr ist es einer Gildeschwester untersagt, ihre Gabe zur Zerstörung einzusetzen.«
    »Ich weiß«, sagte Kalliope noch einmal mit einem erneuten Blick in Richtung der beiden Leichen. »Es tut mir wirklich leid.«
    »Um diese beiden braucht es dir nicht leidzutun«, widersprach Cedara, »sie kannten beide das Gesetz und wussten, dass sie ihr Leben in dem Augenblick verwirkt hatten, als sie ihre Hand an eine Schwester der Gilde legten. Doch das ändert nichts daran, dass man nur verlieren kann, wenn man eine andere Kreatur tötet. Eine größere Störung des inneren Gleichgewichts ist kaum vorstellbar. Du hast mich dazu gezwungen, etwas zu tun, das ich nicht tun wollte!«
    »Ich?« Kalliope glaubte, nicht recht zu hören.
    »Natürlich, was glaubst du wohl? Deine Unsicherheit ist es gewesen, die diese Männer zu ihrem Frevel ermutigt hat.«
    »Meine Unsicherheit?«
    »Du musst endlich begreifen, dass du dich nicht mehr auf Ethera befindest, Kalliope«, bekräftigte Cedara. »Hier draußen sind wir Gildeschwestern von Feindseligkeit umgeben. Die Tracht, die du am Leibe trägst, vermag dir einen gewissen Schutz zu gewähren, doch in Wahrheit sind es deine Haltung, dein Blick und deine Art zu sprechen und dich zu bewegen, die dich unangreifbar machen. Du darfst deine Furcht nicht derart offen zur Schau stellen, sonst wird dieser Übergriff nicht der einzige bleiben. Und ich kann nicht immer zur Stelle sein, um dich zu beschützen.«
    »D-das verstehe ich«, räumte Kalliope verstört ein, die nach allem, was ihr widerfahren war, nicht damit gerechnet hatte, gemaßregelt zu werden. »Aber wie soll ich …?«
    »Indem du deine Furcht ablegst und nach vorn blickst«, erwiderte ihre Meisterin prompt. »Die unbeschwerten Jahre sind vorüber. Wach endlich auf, Kind! Das heutige Ereignis sollte dir klargemacht haben, dass der Traum zu Ende ist. Das wirkliche Leben liegt vor dir.«

11. Kapitel
    Es hatte zu regnen begonnen.
    Nicht jener spontane, erfrischende Regen, wie er auf anderen Welten fiel, sondern die prasselnde Sturzflut, die sich regelmäßig auf Madagor ergoss und, wenn sie am späten Nachmittag wieder endete, den Regenwald in dampfendem Nebel zurückließ. Zumindest um diese Tageszeit war es durchaus von Vorteil, in den unteren Regionen Shantanpurs zu leben, denn die großen Blätter und die dichte Bebauung der oberen Stadtviertel sorgten dafür, dass dort kaum noch ein Regentropfen ankam. Die Feuchte jedoch drang auch bis hierher vor, so als wäre die ganze Welt ein einziger, sich bis in die letzte Pore vollsaugender Schwamm.
    Ferner Donner und das gleichförmige Rauschen des Regens bildeten den eintönigen Hintergrund der Überlegungen, in die Croy versunken war, während er an einem der Tische im »Feuerkürbis« saß und düster in seinen Bierkrug starrte.
    Nicht nur, dass ihm der Gedanke, nach Nergal zu gehen, ganz und gar nicht gefiel – die Aussicht, dies im Auftrag und mit dem Wissen des Großmercators zu tun, behagte ihm noch sehr viel weniger. Wie hatte es nur dazu kommen können?
    Ganz offenbar hatte Novaro ihn über einen längeren Zeitraum hinweg beobachtet und war genau über seine Pläne informiert gewesen. Mehr noch, er hatte Croy gezielt Informationen zugespielt und ihn nach Strich und Faden manipuliert – und der Dieb hatte noch nicht einmal Verdacht geschöpft.
    Das alles ließ nur einen Schluss zu.
    Er wurde allmählich alt.
    »Du siehst aus, als hättest du eine Kakerlake gefressen«, kommentierte Jago, als er ihn so sitzen sah. Der Wirt des »Feuerkürbis« huschte geschäftig hinter dem Tresen umher, ordnete Flaschen und stellte Krüge bereit. Sobald der Regen aussetzte, würden die ersten Gäste

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