SPQR - Der Falke von Rom: Teil 1: Imperium (German Edition)
er eine Pause und blätterte kurz in seinen Unterlagen, um sich ganz offensichtlich zu fassen. Das führte zu einem Raunen unter der Besatzung. Jeder kannte den Hochkommissar de Croix als einen Politiker, der sonst nicht um Worte verlegen war. Überhaupt konnte sich keiner erinnern, wann er jemals während einer Rede Notizen brauchte. Auch machte die Erfindung von Tele- und Holopromptern Notizen schon seit Jahrhunderten zu Artefakten, die bestenfalls als Showeinlagen dienten. Aber hier war das offensichtlich anders. Hier dienten die Notizen dazu, sich an ihnen festzuhalten. Wenn die bisherigen Umstände der Ankündigung der Ansprache nicht verdächtig oder besorgniserregend waren, dann auf jeden Fall diese Geste.
„Kameraden, wir, die TDF, sind zum ersten Mal selber Opfer von Verbrechern geworden, von denen wir glaubten, es gäbe sie nicht mehr. Wie mir der TSS berichtet hat, kamen solche Verbrechen schon öfters vor, doch noch nie wurden wir in diesem Ausmaß mit der Grausamkeit einiger Verbrechern konfrontiert, wie wir es jetzt erleben mussten.
Sie alle haben von dem Piratenüberfall auf die Relaisstation B auf Susa VIII gehört. Diese Station wurde von 183 Männern und Frauen besetzt, die nur eine Aufgabe hatten: den Sprungverkehr zu überwachen und die gesammelten Daten zu verdichten und der System- und der Sprungkontrolle bereitzustellen, damit dies die sichere Abwicklung des Sprungverkehrs gewährleisten konnte. Diese Aufgabe erfüllten diese Männer und Frauen, unsere Kameraden, trotz des eintönigen Dienstes in der Einsamkeit eines unwirtlichen Planeten mit großer Gewissenhaftigkeit und Zuverlässigkeit zum Wohle der Menschheit.
Dass ausgerechnet sie zum Ziel eines hinterhältigen Überfalls wurden, mag aus Sicht der Angreifer verständlich sein. Sie waren eine leichte Beute für ihr verbrecherisches Tun.
Doch das ist leider nicht alles, meine Freunde! Wie oft haben wir Berichte gelesen oder Meldungen gehört, wo bei diesen Piratenüberfällen, und ich weise hier darauf hin, dass die Bezeichnung ‚Pirat‘ ein Euphemismus sondergleichen ist, es zu Ausschreitungen kam und die Piraten ein grausames Vorgehen zeigten oder Gefangene dieser kriminellen Banden aus menschenunwürdigen Bedingungen befreit werden konnten, soweit es überhaupt einmal Überlebende gab.
Sie alle wissen, dass auf Susa VIII keine Überlebenden gefunden wurden. Es gab 149 Tote!“
Wieder kam es zu Unruhe unter den Beteiligten. Bisher war in allen Meldungen von keinen Überlebenden die Rede gewesen. Während die meisten nun versuchten, die Dimension des Massakers zu verarbeiten, fiel den ersten die Diskrepanz zwischen der Besatzungsstärke und den gezählten Verlusten auf.
„Und damit komme ich auf den eigentlichen Punkt meiner heutigen Ansprache an Sie. Es wurden 34 Besatzungsmitglieder verschleppt. Hier handelt es sich nicht um irgendwelche Personen, sondern ausschließlich um die weiblichen Besatzungsmitglieder.“
Der Hochkommissar machte hier wieder eine Pause und fingerte wieder an seinen Unterlagen herum. Wenn er weitergesprochen hätte, wären seine nächsten Worte wahrscheinlich sowieso im allgemeinen Tumult untergegangen. All diese schönen Formulierungen konnten schließlich nur auf eines herauslaufen. Und an dieser Stelle weigerten sich viele, die Konsequenz zu glauben. Andere, die es für durchaus möglich oder wahr hielten, ließen ihrer Frustration mit lauten Flüchen freien Lauf, während andere nur mit geballten Fäusten auf die Monitore guckten.
„Die gefundenen sechs toten weiblichen Besatzungsmitglieder lassen leider keinen Zweifel daran, warum die Frauen entführt worden sind. Leider kann ich Ihnen an dieser Stelle keinerlei Hoffnung machen, dass es sich anders verhält. Ich weiß, meine Kameraden, was Sie jetzt wollen. Obwohl ich selbst seit vier Tagen die Ergebnisse des TSS vorliegen habe, empfinde ich, ebenso wie die Oberbefehlshaber der Teilstreitkräfte hier, den Wunsch nach Vergeltung. Das ist nur menschlich und ich verstehe Sie. Doch dürfen wir uns nicht so gehen lassen wie dieser Abschaum der Menschheit. Wir sind die Hüter unserer Verfassung, die alle schützt. Wir sind der Wächter. Es gibt keinen, der uns bewacht. Wir sind die letzte Bastion zwischen unseren heiligsten Idealen und der Barbarei. Wenn wir so werden wie diese Menschen, dann haben wir auf der ganzen Linie verloren und alles ist dann nichts mehr wert. Wir glauben an diese Werte. Deshalb stoßen uns solche Verbrechen ab. Deshalb wollen
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