Sprengkraft
Maisfladen.
»Meine Frau hat eingeführt, dass bei unserem Jour fixe junge Musiker auftreten. Aus aktuellem Anlass habe ich mir überlegt, dass wir heute aber jemanden aus der Politik zu uns bitten. Wer mich kennt, der weiß, dass ich von unseren sogenannten Volksparteien nicht viel halte. Ich habe mich entschlossen, die Freiheitlichen zu unterstützen. Erst gestern konntet ihr Frau Ott-Petersen bei Beckmann erleben. Ich weiß nicht, ob das alle verfolgt haben. Also, von dieser mutigen Person könnte sich so mancher Politikdarsteller und Steuergeldverschwender in Berlin eine Scheibe abschneiden. Dass Frau Ott-Petersen an einem Tag wie diesem nicht so einfach mal zu uns nach Werden düsen kann, ist selbstverständlich. Aber ich freue mich, dass an ihrer Stelle der Bundesgeschäftsführer der Freiheitlichen unter uns weilt. Und wie ich höre, Herr Gräfe, haben Sie sogar noch jemanden aus Ihrer Parteizentrale mitgebracht.«
Moritz schluckte rasch den Happen hinunter, an dem er kaute.
»Ich bin nur der Buchhalter«, antwortete Gräfe und zeigte sein bestes Vertreterlächeln. »Aber Moritz Lemke, unser Mediendirektor und rechte Hand der Bundesvorsitzenden, wird Ihnen gern erklären, was nach unserer Meinung die gebotene Antwort auf die schrecklichen Ereignisse der letzten Nacht sein muss.«
Moritz deutete eine Verbeugung an und erntete schon vorab Applaus. Seine Nervosität war mit einem Mal verflogen.
34.
In Liedberg endete die Ausbaustrecke. Am Ortsausgang zweigte ein geteerter Weg ab, der schnurgerade auf den Bauernhof zuführte, den Benno Grüter und seine Frau bewohnten.
Im Sommer war Zander zuletzt hier gewesen, denn jedes Jahr beging der Chef des KK 15 seinen Geburtstag mit Altbier vom Fass und einem Spanferkel. Wer später zu betrunken war, um nach Hause zu fahren, konnte mit Schlafsack und Isomatte in der Scheune kampieren.
Zanders Einsatztrupp war stets eingeladen gewesen. Allerdings war im letzten Jahr fast die Hälfte der Mannschaft weggeblieben – die Gerüchte über den Maulwurf hatten bereits damals das Betriebsklima vergiftet.
Regenpfützen und tiefe Fahrspuren im Matsch, der den Hof bedeckte. Zander parkte neben Grüters Geländewagen. Er griff nach der Weinflasche, die er mitgebracht hatte, stapfte zum Hauptgebäude hinüber und streifte den Dreck von den Schuhsohlen. Auf sein Klingeln öffnete Lene, Grüters Frau, eine resolute Blonde, der man die vierzig nicht ansah. Sie arbeitete als Krankenschwester in einer Klinik im benachbarten Mönchengladbach. Als OP-Schwester, wie sie gern betonte.
»Ist Benno da?«, fragte Zander.
»In der Scheune«, antwortete Lene mit strengem Blick auf die Weinflasche. »Sag ihm, sein Schwager hat angerufen und erwartet seinen Rückruf.«
Zander ging hinüber. Er brauchte jemanden zum Reden – der heutige Zusammenprall mit seiner neuen Chefin hatte ihn stärker getroffen, als er es sich zunächst eingestanden hatte. Dein Verhalten stinkt zum Himmel und wird Konsequenzen haben – als hätte er nicht schon Ärger mit Kripochef Engel.
Vielleicht könnte Grüter ein Wort für ihn einlegen.
Die Flügel des Scheunentors waren weit geöffnet. Zander trat ein. Die Beine des Kollegen ragten aus der Fahrertür eines taubenblauen Mercedes, eines Heckflossenmodells aus den Sechzigern. Grüter werkelte und bemerkte ihn nicht.
Zander räusperte sich. »Nicht erschrecken, Benno, ich bin’s!«
Der Angesprochene kletterte aus dem Auto, wechselte den Schraubendreher in die Linke und gab Zander die Hand. »Martin, was ist los mit dir?«, fragte er. »Du siehst aus, als hättest du den Krieg verloren.«
Den dicken Verband hatte Zander abgerissen und durch ein Pflaster ersetzt. Darunter pochte die Wunde, vielleicht hatte sie sich entzündet.
»Schicker Oldtimer«, sagte er.
Der Autobastler klopfte auf das Blech. »Stell dir vor, für schlappe viertausend Euro. Hat einem Opa gehört, der ins Heim musste. Fährt astrein, hatte bloß kein Radio. Ohne Dudelfunk würde Patrick nicht fahren. Den Benz kriegt er zum Abitur. Vorausgesetzt, er fällt nicht durch.«
»Wo steckt dein Sohn eigentlich? Ich hab ihn ewig nicht gesehen.«
»Internat. Dort kriegen sie die Kids noch ans Lernen, und die Wahrscheinlichkeit, an falsche Freunde zu geraten, ist nicht ganz so hoch. Schlechte Zeiten, Padre, da hilft nur gute Erziehung.« Er deutete auf Zander. »Hab gehört, dass dir unsere Zielperson um die Ohren geflogen ist. Wie hieß er noch mal, Diouri?«
Zander hob
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