Spürst du den Todeshauch: Thriller (German Edition)
hat wahrscheinlich seit mehreren Jah ren in einem Möbelwagen gehaust, der im hinteren Ab schnitt des Parkplatzes abgestellt war. Der Wagen war vor einigen Jahren in einen Unfall verwickelt, und man hatte ihn dort einfach stehen lassen. Der Laderaum war voll mit Zeitungen, also haben wir ihn von der Forensik untersuchen lassen, und dabei ist Jamies Notizblock gefunden worden«, erklärte Cruse.
»Jamies Notizblock!«, rief Veronica aus.
»Ja. Ihr Name stand drin. Sie hat ihn offensichtlich für ihre Interviews mit den Obdachlosen benutzt. Durch ein Familienfoto, das ebenfalls im Wageninneren lag, konnten wir den Obdachlosen identifizieren. Sie haben es vielleicht im Fernsehen gesehen. Das Foto eines jungen Ehepaars mit einem Baby.«
»Wir haben es gesehen«, antwortete Veronica wie betäubt. »Hat dieser Mann unsere Tochter umgebracht? Und wenn ja, konnten Sie ihn verhaften?«
»Sein Name lautete Clyde Hotchkiss. Er ist gestern früh im Bellevue Hospital gestorben.«
Lawrence und Veronica rangen nach Luft und fassten jeder nach der Hand des anderen.
Ramsey wartete kurz, bevor er sagte: »Er wurde ins Krankenhaus eingeliefert, nachdem eine Passantin in der Nähe des West Side Highways auf ihn aufmerksam geworden war. Er war auf der Straße zusammengebrochen. Wir wurden alarmiert, weil das Krankenhauspersonal ihn anhand der Fernsehsendung erkannt hatte, und hatten die Gelegenheit, noch kurz mit ihm zu sprechen, bevor er an einer Lungenentzündung starb.«
»Was hat er gesagt?«, fragte Lawrence hastig.
»Wir haben ihn auf Jamie angesprochen. Er hat gestanden, dass sie zu ihm in den Möbelwagen gestiegen ist und ihn mit Fragen bedrängt hat. Er hat gestanden, sie tätlich angegriffen zu haben, worauf sie hinausgerannt ist, und dann hat er sie kurz darauf um Hilfe rufen hören.«
»Hat er versucht, ihr zu helfen?« Lawrence Gordon war aschfahl, Tränen schimmerten in seinen Augen.
»Nein, das hat er nicht versucht. Er hat vor seinem Tod lediglich gestanden, dass er ihr einen Schlag versetzt hat, aber bestritten, sie getötet zu haben.«
»Glauben Sie ihm?«
Die Fahnder wechselten einen kurzen Blick. »Ich bin mir nicht sicher«, sagte Frank Ramsey.
»Ich glaube ihm nicht«, kam es von Nathan Klein. »Seine Frau und sein Sohn, die ihn seit fast vierzig Jahren nicht mehr gesehen haben, waren ebenfalls verständigt worden. Sie haben mit ihm geredet, und seine Frau hat ihn beschworen, unsere Fragen zu beantworten. Aber ich glaube, in Anwesenheit von ihr und seinem Sohn hat er es nicht über sich gebracht, einen Mord zu gestehen. Diese Informationen werden wir heute Mittag bei einer Pressekonferenz bekannt geben.«
»Er hat sie also entweder umgebracht oder ihre Hilfeschreie ignoriert. Möge seine verdorbene Seele in der Hölle schmoren!« Lawrence Gordons Gesicht war vor Wut und Schmerz verzerrt.
»Vor Kurzem«, sagte Jamies Mutter leise, »hat mir eine Wahrsagerin erzählt, wir würden bald eine Antwort auf Jamies Schicksal bekommen. Ich war felsenfest überzeugt, dass sie recht hat. Jetzt haben wir wohl unsere Antwort.«
Und dann, während Lawrence seine Frau in den Arm nahm, brach sie in leises Schluchzen aus. »O Jamie, Jamie, Jamie!«
79
A m Donnerstagmorgen schaute Hannah auf dem Weg zur Arbeit im Krankenhaus vorbei. Es war ihr zur Gewohnheit geworden, den Tag an Kates Bett zu beginnen und mit ihr zu reden, in der Hoffnung, zu ihr durchzudringen.
Erneut musste sie an ein von einem Neurochirurgen verfasstes Buch denken, der im Koma gelegen und dabei alles mitbekommen hatte, was um ihn herum vor sich gegangen war.
Vielleicht ist es bei Kate ja ebenso, dachte sie, während sie Kates Hand hielt und ihr von Justin Kramer erzählte, der ihr am Abend zuvor Essen von Shun Lee West mitgebracht hatte und Kate ausrichten ließ, dass ihre Bromelie prächtig wuchs und gedieh. »Er ist was ganz Besonderes, Kate«, sagte sie. »Ich mag ihn wirklich sehr. Er hat mir erzählt, dass er dir die Pflanze zur Wohnungseinweihung geschenkt hat.«
Und während sie das alles erzählte, spürte sie zum ersten Mal einen kurzen, leichten Druck von Kates Hand.
Als Dr. Patel zur Visite erschien und Hannah ihm davon berichtete, sagte er: »Das überrascht mich nicht. Seitdem das Fieber gesunken ist, macht Kate ganz bemerkenswerte Fortschritte. Die Hirnschwellung ist vollständig zurückgegangen, es gibt keinerlei Anzeichen von weiteren Blutungen. Ab heute werden wir die Sedierung langsam verringern. Wenn alles gut läuft,
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