Spürst du den Todeshauch: Thriller (German Edition)
Kleidungsfetzen wurden auf Spuren von Blut und anderen Körperflüssigkeiten analysiert. Der gepolsterte Boden und die Seitenwände wurden unter speziellem Licht betrachtet, um sicherzustellen, dass nichts übersehen wurde. Menschliche Haare wurden einzeln in Plastiktüten gegeben.
Großes Interesse weckte das in einem verbeulten silberfarbenen Rahmen steckende Familienfoto, das man unter einem speckigen Pullover in einer Ecke gefunden hatte. »Das Bild wurde offensichtlich vor Jahrzehnten aufgenommen«, sagte der Chefchemiker Len Armstrong zu seinem Assistenten Carlos Lopez. »Man muss sich ja nur die Kleidung der Leute ansehen. Als ich klein war, hatte meine Mutter einen ähnlichen Haarschnitt. Und die langen Haare und die Koteletten des Vaters sehen genauso aus wie auf den Fotos von meinem Onkel aus den Siebzigern. Auch der Rahmen dürfte schon ziemlich alt sein.«
»Die Frage ist bloß: Gehört das Bild dem Typen, der hier gehaust hat, oder hat er es nur irgendwo im Müll aufgelesen«, erwiderte Lopez. »Die Polizei könnte es ja ins Internet stellen, mal sehen, vielleicht meldet sich jemand, der die Leute auf dem Foto kennt.«
Sie näherten sich dem letzten Zeitungsstapel. »Wir haben genügend Fingerabdrücke, um das FBI einen Monat zu beschäftigen«, sagte Lopez, bevor er überrascht aufsah. »Halt! Schau dir das an!« Zwischen einer der Zeitungen hatte er einen Spiralblock entdeckt, den er jetzt aufschlug.
Auf der ersten Seite standen nur wenige Sätze. »Eigentum von Jamie Gordon. Der Finder möchte mich bitte unter 5 55-4 25-37 95 anrufen.«
Die beiden Chemiker sahen sich an. »Jamie Gordon …«, sagte Len nachdenklich. »Ist das nicht diese Studentin, deren Leiche vor zwei Jahren aus dem East River gezogen wurde?«
»Ja, genau«, bestätigte Lopez. »Möglicherweise haben wir gerade entdeckt, wo sie umgebracht wurde.«
41
N ach dem mittäglichen Treffen mit Nick Greco blieb Mark Sloane bis achtzehn Uhr an seinem Schreibtisch. Er wollte den Anruf bei seiner Mutter hinauszögern, bei dem er sie bitten wollte, für die Suche nach Tracey eine DNA -Probe abzugeben. Das Gespräch mit Greco hatte so viele Erinnerungen geweckt. Er war damals zehn Jahre alt gewesen, aber noch immer sah er seine weinende Mutter vor sich, als sie erfahren hatte, dass seine Schwester vermisst würde. Er war dann bei den Nachbarn geblieben, als sie nach New York geflogen war, wo sie eine Woche in Traceys Wohnung verbracht hatte.
Auf den gut gemeinten Rat der Polizei hin war sie schließlich nach Hause zurückgekehrt. Mit schmerzerfüllter Miene hatte sie ihm erzählt, dass Tracey nach Meinung der Polizei etwas Schreckliches zugestoßen sei. »Wir können nur hoffen und beten«, hatte sie ihm gesagt. »Ich glaube immer noch, dass Tracey so etwas wie einen Gedächtnisverlust erlitten hat. Sie hat immer so hart gearbeitet und so viel Unterricht genommen, vielleicht ist ihr alles zu viel geworden, und sie hatte einen Zusammenbruch.«
Insgesamt ein halbes Jahr hatte seine Mutter noch die Miete für Traceys Wohnung gezahlt. Als das nicht mehr ging, war sie erneut nach New York geflogen, hatte Traceys Klei dung und persönliche Gegenstände eingepackt und mit nach Hause gebracht. Ein weiteres Jahr hatte sie Traceys Möbel einlagern lassen, bevor sie die Sachen der Heilsarmee übergeben ließ.
All das ging Mark jetzt wieder durch den Kopf, bevor er schließlich bei seiner Mutter anrief. Zu seiner Überraschung und Erleichterung war sie schon von Nick Greco kontaktiert worden. »Er war wirklich sehr nett«, sagte seine Mutter. »Er meint, du würdest auch noch anrufen, und hat gesagt, dass die DNA -Probe ein wichtiger Schritt sei, wenn wir Tracey eines Tages doch noch nach Hause bringen wollen. Ich habe ihm erzählt, dass ich mich noch gut erinnere, wie freundlich er damals war und ich ihm schon damals sehr dankbar gewesen bin.«
Sie wechselte das Thema, erkundigte sich nach seiner neuen Stelle und seiner Wohnung. Das Telefonat hatte ihn etwas aufgemuntert, und kurz darauf verließ Mark das Büro. Er hatte vorgehabt, sich noch bei einem Fitnessclub in der Nähe seiner Wohnung anzumelden, beschloss dann aber, gleich nach Hause zu gehen. Als er in der Lobby auf den Aufzug wartete, begegnete er erneut der attraktiven groß gewachsenen Rothaarigen, die er das letzte Mal in Begleitung von Hannah Connelly und den Brandfahndern gesehen hatte.
Sie lächelte ihm kurz zu und wandte dann den Kopf ab.
Man muss kein Genie sein, um zu sehen,
Weitere Kostenlose Bücher