Spur ins Eis
Devlin stiegen aus.
»Du bist zu weit gegangen«, sagte er, als sie zum Eingang gingen. »Du kannst keinem Mann, auch einem bösen nicht, sagen, dass du seine Frau und seinen Sohn umgebracht hast.«
Kalyn blieb stehen und blickte ihn an. »Warum nicht ?«
»Es gibt eine Grenze.«
»Wo ?«
»Die uns trennt von Leuten wie …«
»Ach, scheiß drauf, Will. Soll dieses Stück Dreck doch spüren, was es heißt, die Familie zu verlieren.«
Sie duschten, dann gingen sie sich neue Kleider kaufen, die sie seit Idaho nicht mehr gewechselt hatten. In einem Steak House in der Nähe des Hotels aßen sie zu Abend, und nach den Tagen der Entbehrung schwelgten sie in richtigem Essen, genossen es, wieder zusammen zu sein und erzählten einander, wie sie die letzten Tage verbracht hatten.
Als sie ins Hotel zurückkehrten, war Will so müde wie noch nie in seinem ganzen Leben.
Während sie auf den Aufzug warteten, erblickte Kalyn das unbesetzte Business-Center.
»Nein, lass uns das morgen früh machen«, sagte Will. »Ich kann nicht mehr.«
»Ach, komm, es dauert doch nur eine Minute.«
Sie versammelten sich um den Computer. Kalyn saß an der Tastatur, Will und Devlin blickten ihr über die Schulter.
Sie gab »Wolverine Hills« und »Alaska« bei Google ein.
Die Suchergebnisse waren nicht beeindruckend. Wolverine Hills hatte keine eigene Website und wurde nur zweimal beiläufig erwähnt.
»Okay, hier ist doch noch was«, sagte Kalyn. »Hier steht, es handelt sich um eine kleine Gruppe von Hügeln, die zwischen sechs- und zwölfhundert Meter hoch sind. Sie erstreckt sich von Osten nach Westen. Fünfzig Kilometer lang, fünfzehn breit. Dreihundert Kilometer nördlich des Denali National Park. Dreihundert westlich von Fairbanks.«
»Wahrscheinlich kann man nicht mit dem Auto dorthin fahren«, sagte Will.
Kalyn hatte bereits Google Maps aufgerufen und schaute sich die westliche Umgebung von Fairbanks an.
»Der Alaska 3 verläuft südlich nach Anchorage. Es sieht so aus, als ob unbefestigte Straßen nach Norden und Westen führen, aber keine davon kommt auch nur in die Nähe der Wolverines.«
»Deshalb das Wasserflugzeug.«
Devlin sagte : »Dann fliegt der Typ also die Frauen zu diesen Hügeln ?«
»Sieht so aus«, erwiderte Kalyn.
»Warum denn ?«
»Ich weiß es nicht, Baby. Und ein Teil von mir möchte es lieber gar nicht wissen.«
34
Will gab Devlin ihre Physiotherapie und ließ sie halb schlafend vor dem Fernseher zurück. Er lief über die Treppe in die nächste Etage und klopfte leise an die Tür von Zimmer 617. Kalyn trug ein Tank Top und Laufshorts, die ihre langen, muskulösen Arme und Beine betonten.
»Können wir reden ?«, fragte Will.
Sie setzten sich auf das King-Size-Bett. Es war still im Zimmer, abgesehen von dem leisen Rauschen der Zentralheizung, aus der warme Luft strömte. Kalyns Haare waren beinahe wieder glatt, und die Dusche hatte die schwarze Farbe schon fast wieder herausgewaschen.
»Woran denkst du ?«, fragte er.
»An das Gleiche wie du.«
»Wir können nicht wissen, was wir dort draußen finden, und Devi hat schon eine Menge durchgemacht.«
»Ich kann euch beide beschützen«, sagte Kalyn.
Will lächelte. »Ist das nicht eher mein Text ? Du forderst mein angeschlagenes Ego heraus.«
»Hör mal, ihr braucht nicht mitzukommen. Ihr könnt auch wieder nach Hause fahren.«
»Aber du machst dich auf jeden Fall auf den Weg zu den Wolverine Hills.«
»Mir bleibt nichts anderes übrig.«
»Und wenn der Typ gelogen hat ? Er lag im Sterben, Kalyn. Was hatte er zu verlieren ?«
»Das werde ich wohl herausfinden.«
»Wir könnten jetzt auch die Polizei informieren, damit sie übernehmen.«
»Die Polizei, die schon Rachael nicht gefunden und stattdessen dich des Mordes an deiner Frau verdächtigt hat ? Nein, danke Will. Ich habe zu viel geopfert, um ihnen jetzt einfach so den Ball zu überlassen. Und am Ende würden sie doch wieder kein Tor schießen.«
Will lehnte sich gegen das Kopfteil des Bettes und blickte aus dem Fenster auf die Lichter von Fairbanks.
»Mal angenommen, wir finden heraus, was mit meiner Frau passiert ist. Mit deiner Schwester ? Und dann ? Dann sind sie trotzdem noch fort. Wir werden sie trotzdem noch vermissen.«
»Könnte es dir nicht eher dabei helfen, weiterzuleben ?«
»Ich weiß nicht. Rachael ist jetzt seit fünf Jahren weg, aber ich kann mich immer noch an die Nacht erinnern, als sie nicht nach Hause gekommen ist, und an den nächsten Tag, als sie alle in
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