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Spur ins Eis

Spur ins Eis

Titel: Spur ins Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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ihre Schwester zu. Nichts war zu hören außer dem Rascheln der Seite, die Lucy umblätterte, und dem Knistern der brennenden Holzscheite.
    Kalyn hatte ihre Schwester seit drei Jahren nicht mehr gesehen, und sie hatten sich nach einem dummen Streit getrennt, den Kalyn begonnen hatte – die große Schwester, die der kleinen Schwester vorschreiben will, was das Beste für sie ist.
    Kalyn traten Tränen in die Augen, und sie sah kaum, dass Lucy von ihrem Buch aufblickte.
    »Kalyn ? Oh, mein Gott.«
    Sie setzten sich auf den Boden am Kamin. Lucy weinte, und Kalyn flüsterte : »Ich bin hier, Süße, ich bin hier.« Am liebsten hätte sie ihr gesagt, dass sie jetzt in Sicherheit war, dass auf dem See ein Flugzeug auf sie wartete, um sie nach Hause zurück zu ihrem Mann, weg von diesem Albtraum zu bringen.
    Lucy hatte wohl gespürt, dass Kalyn etwas zurückhielt, denn sie sagte : »Was ist los, K ? Was ist los ?«
    Kalyn schüttelte den Kopf. Schritte näherten sich, Will kam schon wieder zurück. Die fünf Minuten waren schneller um, als es möglich schien.
    »Wir sind zusammen«, sagte sie. »Wir sind nur noch nicht zu Hause.«
    Will stand vor dem Kamin in Ethans früherem Zimmer und blickte auf die zweiundzwanzig Frauen (von denen die meisten ihn mit der verzweifelten Miene von Flüchtlingen anschauten). Sean und Ken, die ebenfalls anwesend waren, wirkten immer noch ziemlich verkatert.
    »Wie Rachael euch schon gesagt hat, ist ein Flugzeug mit vier Männern auf dem See gelandet. Es geht ihnen zwar vor allem um Kalyn und mich, aber ihr seid alle in Gefahr, und wir müssen uns vorbereiten. Kalyn und ich können euch nicht alle alleine verteidigen, und wir brauchen eure Hilfe. Ich weiß, dass ihr durch die Hölle gegangen seid, und es tut mir sehr leid, dass wir in dieser Lage sind. Sean und Ken beteiligen sich auch, ebenso Kalyns Schwester, aber wir brauchen noch einen Freiwilligen.«
    Die Frauen blickten einander an. Einige begannen zu weinen.
    Erst nach dreißig Sekunden ging zögernd eine Hand hoch – eine dunkelhaarige Frau, die in den ersten Monaten schwanger zu sein schien.
    »Ja ? Wie heißen Sie ?«, fragte Will.
    »Suzanne Tyrpak. Ich kämpfe mit. Ich habe zwar noch nie ein Gewehr in der Hand gehalten, aber wenn Sie es mir zeigen, werde ich es benutzen. Ich meine, wenn das nötig ist, damit wir zurück zu unseren Familien kommen.«
    Es gab keine weiteren Freiwilligen, die meisten Frauen waren zu schwach oder hochschwanger, und manche flüsterten nur verwirrt vor sich hin.
    Will blickte Kalyn an. »Damit wären wir zu acht. Reicht das ?«
    »Das Schöne an einer Flinte Kaliber zwölf«, sagte Kalyn, »ist, dass es keine Rolle spielt, ob man ein guter Schütze ist.« Alle standen vor dem Lagerraum – die Innis, Kalyn, ihre Schwester, Suzanne Tyrpak und die Männer von der Ölgesellschaft –, und jeder hielt eine Mossberg in der Hand.
    »Wahrscheinlich werden die Typen kugelsichere Westen tragen, deshalb solltet ihr entweder unter die Taille oder auf den Kopf zielen. Nach jedem Schuss müsst ihr durchladen.« Sie machte es ihnen vor. »Der Rückstoß ist ziemlich stark, also denkt daran, euch dagegen zu stemmen.«
    »Ist es laut, wenn man abdrückt ?«, fragte Suzanne.
    »Wie die Hölle. Okay, ich zeige euch jetzt einmal, wie man die Waffe lädt.«
    Mit vereinten Kräften hoben Kalyn und Will die Bärenfallen von der Wand. Die verrosteten Fallen wogen mindestens achtundvierzig Pfund, und sie mussten sich gewaltig anstrengen, um sie auseinander zu drücken.
    Kaum noch zu entziffern, stand American Fur and Trade Company, HBC No. 6 auf den Eisen. Als Kalyn den Stiel einer Harke hineinschob, schnappten die mächtigen Zähne zusammen, und der Holzstiel wurde in zwei Stücke zerteilt.
    Die Sonne stand tief über dem Horizont am Ende des Sees. Die Wolken färbten sich rosig und das Wasser wurde blutrot. Von einem Fenster im zweiten Stock aus beobachtete Devlin den Sonnenuntergang, der schönste, den sie je gesehen hatte, dachte sie. Der Himmel sah aus, als führe er Krieg mit sich selber.
    Kalyn stand am Fenster in Rachaels altem Zimmer im dritten Stock und suchte die Umgebung durch das Fernglas ab.
    Das Licht wird schwächer«, sagte sie. »Ich hatte gedacht, ich könnte wenigstens ein paar Spuren erkennen.«
    »Glaubst du, sie sind irgendwo im Wald ?«, fragte Will.
    »Das könnte ich mir vorstellen, aber es ist alles so tief verschneit, dass man nichts sehen kann.«
    »Sollen wir ihnen nicht zuvorkommen und den

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