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Spuren des Todes (German Edition)

Spuren des Todes (German Edition)

Titel: Spuren des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith O'Higgins , Fred Sellin
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überlegte, welche Position die geeignetste war – und die Flasche niedersausen ließ. Hätte Christiane Wellbrincks Kopf auf einem harten Untergrund gelegen, ihr Schädelknochen (oder die Flasche) wäre vermutlich zertrümmert worden. So aber federten die Matratze und das weiche Kissen den Schlag ab, wodurch einiges an seiner Wucht verlorenging. Die Platzwunde über der Schläfe muss sofort heftig geblutet haben, zum Tod geführt hatte sie nicht.
    Perlotts Aussage nach war sein Opfer zwar bewusstlos gewesen, hatte aber noch geatmet. Er hat angeblich auch den Puls gefühlt. Einen zweiten Schlag mit der Flasche kann er nicht gewagt haben, sonst hätte das Blutspurenbild im Bett anders ausgesehen, es hätte weiträumig verteilte Blutspritzer geben müssen. Ich ging davon aus, dass Christiane Wellbrinck durch den Schlag aufgewacht war. Perlott wird nicht zugelassen haben, dass sie sich groß regte. Er muss schnell seine Hände um ihren Hals gelegt und sie erwürgt haben. Möglicherweise hielt er ihr dabei auch den Mund zu, aus Furcht, dass sie schreien könnte. Todesursache war jedenfalls eindeutig Erwürgen.
     
    Keine halbe Stunde nach der Tat saß Mike Perlott bereits in seiner Wohnung am Laptop, stellte einige der vorformulierten Abschiedsbriefe fertig und verfasste noch einen gänzlich neuen Text mit der Überschrift »Ein letzter Gruß«:
    Die Abschiedsbriefe sind geschrieben. Ich hoffe, die Menschen, an die sie gerichtet sind, werden mich verstehen. Ich habe in den letzten Wochen oft überlegt, wie es weitergehen soll. Dabei ist der Gedanke in mir gereift, diese schreckliche Tat zu begehen. Ich weiß keinen anderen Ausweg, für mich nicht und für Christiane auch nicht. Ich habe das Leben immer geliebt, aber jetzt hat es für mich keinen Sinn mehr.
    In der heutigen Nacht ist diese Tat nun Wirklichkeit geworden. Christiane liegt tot in ihrer Wohnung. Leider, oder sollte ich das nicht sagen? Ich habe es doch so gewollt. Aber warum spüre ich keine Erleichterung?
    Ich hoffe, ich finde jetzt die Kraft, meinem Leben ebenfalls ein Ende zu setzen. Sonst wäre alles umsonst gewesen.
    Das soll ein letzter Gruß sein. Nehmt ihn als Abschied, spätestens in zwei Stunden werde ich auch nicht mehr leben.
    Und bitte glaubt mir, ich konnte nicht anders.
    Euer Mike
    Es dauerte siebenunddreißig Minuten, dann hatte er alles erledigt, die Texte ausgedruckt, den Ordner » TOD « gelöscht und den Laptop ausgeschaltet. Beamten der Kriminaltechnischen Untersuchung ( KTU ) gelang es später, die gelöschten Daten wiederherzustellen. Deshalb auch die genaue Zeitangabe.
    Anschließend legte Perlott das Blatt mit seinem »letzten Gruß« auf den Küchentisch, steckte die anderen Abschiedsbriefe in einen braunen Umschlag und verließ die Wohnung.
    Obwohl er während der Zeit am Schreibtisch noch mehr Alkohol getrunken hatte und sein Pegel bei ungefähr zwei Promille gelegen haben dürfte, wie wir später errechneten, stieg er wieder ins Auto, fuhr zur Wohnung seines besten Freundes, um den Umschlag in dessen Briefkasten zu deponieren. Anstatt der Adresse hatte er »Bitte an die entsprechenden Personen weiterleiten!« draufgeschrieben, und darunter das Wort » DANKE «, in krakeligen Großbuchstaben, als hätte ihm beim Schreiben die Hand gezittert.
    Dafür, dass er sich wochenlang intensiv mit dem Gedanken beschäftigt hatte, sich umzubringen, wirkte sein Verhalten in dieser Nacht geradezu unentschlossen. Als hätte ihn auf einmal der Mut verlassen. Nachdem er die Briefe eingeworfen hatte, kurvte er ziellos durch die Stadt. Erst als der Morgen dämmerte, hielt er in einer Hochhaussiedlung am östlichen Stadtrand. Er parkte sein Auto, ging von Eingang zu Eingang, bis er eine Haustür fand, die nur angelehnt war. Drinnen fuhr er mit dem Lift ins oberste Stockwerk und ging aufs Dach hinaus. Dort wählte er auf seinem Handy die Nummer seines besten Freundes, doch es sprang nur dessen Mailbox an. Die Nachricht, die er darauf hinterließ, kam im Prozess zur Sprache – als Beweis seiner Täterschaft, aber auch dafür, dass er nicht mit dem Vorsatz zu Christiane Wellbrinck gefahren war, sie zu töten. Diese Frau, klagte er mit weinerlicher Stimme auf dem Band, habe ihn völlig fertiggemacht. Es sei schrecklich, aber er habe einfach nicht mehr anders gekonnt.
    Mike Perlott sprang nicht. Er musste auch nicht gerettet werden. Nachdem er eine Weile dort oben verbracht hatte, noch zwei oder drei Telefonate führte, bei denen er immer dasselbe von

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