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Spuren des Todes (German Edition)

Spuren des Todes (German Edition)

Titel: Spuren des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith O'Higgins , Fred Sellin
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sich gab, stieg er wieder herunter, steuerte die erwähnte Polizeiwache an und stellte sich. Das muss etwa zu der Zeit gewesen sein, als wir zum Tatort aufbrachen. Jemand von den Angerufenen hatte die Polizei verständigt und damit die Ermittlungen in Gang gebracht.
     
    Die Große Strafkammer des Landgerichts verurteilte Mike Perlott wegen Mordes. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass er die Arg- und Wehrlosigkeit seines Opfers bewusst ausgenutzt hatte, um es zu töten. Damit erfüllte die Tat das Mordmerkmal der Heimtücke. Da beim Angeklagten eine schwere Persönlichkeitsstörung in Form »seelischer Abartigkeit« diagnostiziert wurde, trat Paragraph  21 des Strafgesetzbuchs in Kraft, der für den Fall einer verminderten Schuldfähigkeit ein geringeres Strafmaß vorsieht, maximal fünfzehn Jahre. Außerdem wurde ihm zugutegerechnet, dass er nicht vorbestraft war, sich selbst gestellt und die Tat gestanden hatte, wenn auch in einer mit Schutzbehauptungen gespickten Version. Und noch ein Aspekt spielte bei der Strafzumessung offenbar eine Rolle: Ohne das wohlmeinende beziehungsweise ambivalente Verhalten Christiane Wellbrincks, fanden die Richter, wäre es wahrscheinlich nicht zu der schrecklichen Tat gekommen. Ihre Hinwendung zum Angeklagten während der Trennungsphase habe zu seiner katastrophalen psychischen Entwicklung mit beigetragen.
    Statt einer für Mord vorgesehenen lebenslangen Haftstrafe kam Perlott mit zehn Jahren davon. Inzwischen wurde er vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen und seine Reststrafe auf Bewährung ausgesetzt.

IV. Der unsichtbare Tod
    Es ist nicht üblich, eine Obduktion unter freiem Himmel vorzunehmen. In diesem Fall jedoch war Vorsicht geboten – und frische Luft. Der Auftrag wurde uns als Eilsektion angekündigt. Ein Mann, der in einem Dorf in Niedersachsen, etwa siebzig Kilometer südlich von Hamburg, umgekommen war. Bei einem Betriebsunfall. Sein Leichnam wurde in der Leichenhalle eines Friedhofs in der Gegend aufbewahrt. Normalerweise wäre ich mit einem Kollegen hingefahren, um die Sektion vor Ort durchzuführen. Ich hatte mich auch schon auf den Ausflug aufs Land eingestellt, doch es kam anders.
    Um mir eine Vorstellung darüber zu verschaffen, was mit dem Mann geschehen war, rief ich die zuständige Polizeidienststelle an und ließ mich mit einem Kommissar verbinden, der in der Sache ermittelte. Durch das Gespräch änderte sich mein Plan. Der Kommissar und ich verständigten uns darauf, dass es für die Beteiligten sicherer wäre, eine erste Inaugenscheinnahme nicht in einem geschlossenen Raum durchzuführen, also auch nicht im Sektionssaal. Am besten sei, schlug ich vor, er würde die Leiche zu uns ins Institut bringen lassen. Bis dahin könnten wir auf dem Hof alles vorbereiten.
    Von dem Kommissar erfuhr ich, dass der Unfall nicht nur ein Todesopfer gefordert hatte. Neben dem Mann, den ich obduzieren sollte, war noch ein zweiter umgekommen. Auch seine Leiche sollte zu uns nach Hamburg überführt werden. Außerdem gab es drei weitere Opfer, die noch lebten. Sie wurden seit über zehn Stunden in einem Krankenhaus intensivmedizinisch versorgt. Zwei von ihnen, ein dreiundfünfzigjähriger Mann und eine vierunddreißig Jahre alte Frau, waren am Unfallort von Notärzten reanimiert worden. Jetzt schwebten sie in akuter Lebensgefahr. Ihre Chancen stünden mehr als schlecht, meinte der Kommissar. Bei dem dritten Opfer, einem achtundzwanzigjährigen Mann, seien die Ärzte weitaus zuversichtlicher.
     
    Der Unfall hatte sich am frühen Morgen in einer Biogasanlage ereignet, von denen in dieser Region einige zu finden waren. In den meisten wurden ausschließlich pflanzliche Gärstoffe zur Erzeugung von Biogas genutzt. In der betreffenden verwendete man zusätzlich tierische Abfälle und Essensreste. Das erzeugte Gas wurde anschließend in ein Blockheizkraftwerk geleitet, wo Strom und Wärme daraus entstanden – erneuerbare Energie.
    Für Bernd Wenzig, den Betriebsleiter der Anlage, und zwei seiner Mitarbeiter, darunter die bereits erwähnte Frau, hatte der Arbeitstag gerade erst begonnen. Es war kurz nach sechs Uhr. Die drei hielten sich in der Anlieferungshalle auf. Draußen vor dem Tor wartete bereits der Fahrer eines Tanklastwagens aus Belgien, der seine Fracht loswerden wollte. Geladen hatte er mehrere Tonnen Schweinedünndarmschleim, der in einem Pharmaunternehmen als Abfallprodukt angefallen war. Die unappetitliche Brühe brodelte in dem Tank bei einer Temperatur von

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