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Spuren des Todes (German Edition)

Spuren des Todes (German Edition)

Titel: Spuren des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith O'Higgins , Fred Sellin
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steckte. Ich möchte nicht wissen, was geschehen wäre, hätte er nicht so schnell reagiert und mich aus dem Wasser gefischt.
    Der andere Divemaster, mein Buddy, hatte selbst genug Mühe, an Land zu kommen, er hätte mir nicht helfen können. Und das Ehepaar war gleich wieder abgetaucht, als es gesehen hatte, welche Schwierigkeiten uns die Brandung bereitete. Die beiden suchten sich einen günstigeren Abschnitt, wo die Wellen nicht mit solcher Kraft ans Ufer schlugen, um aus dem Wasser zu kommen.
    Als ich einigermaßen wieder bei mir war, begriff ich auch, warum ich Wasser anstelle von Luft eingeatmet hatte. Der Atemregler war ursprünglich mit einem Kabelbinder an dem Gummimundstück befestigt gewesen und über einen Schlauch mit der Pressluftflasche auf meinem Rücken verbunden. Doch der Wucht des Wassers hatte der Kabelbinder nicht standgehalten, der Atemregler war abgerissen worden. Was ich krampfhaft zwischen meinen Zähnen festgehalten hatte, war einzig und allein das Gummimundstück gewesen.
    Ich war fix und fertig und schwor mir, nie wieder zu tauchen. Mit diesem Vorsatz ging ich am nächsten Tag zum Tauchlehrer, doch der wollte davon nichts hören. »Natürlich tauchst du wieder!«, sagte er entschieden, und ehe ich mich versah, fand ich mich auf dem kleinen Boot wieder, mit dem unsere Tauchgruppe aufs Meer hinausschipperte. Meine Ausrüstung hatte ich auch dabei. Doch als die anderen in die Fluten stiegen und ich mit sollte, heulte ich Rotz und Wasser. Ich brachte es einfach nicht über mich – ich hatte Angst, mir könnte wieder etwas passieren. Und ich wusste, Angst war für einen Taucher ein denkbar schlechter Begleiter. Alles Zureden nützte nichts, ich blieb im Boot.
    Beim nächsten Tauchgang versuchte ich es noch einmal. An dem Tag war das Meer schön ruhig. Wir fuhren wieder mit dem Boot hinaus. Ich ging es ganz langsam an, Schritt für Schritt, beinahe wie in Zeitlupe. Wäre jemand an Bord gewesen, der mich nicht kannte, er hätte vermutlich gedacht, dass ich mich zum ersten Mal ins offene Meer wagte.
    Irgendwann war ich mit dem Kopf unter Wasser und sah die ersten Fische vorbeihuschen – ich liebe Fische. Da wusste ich: Es geht wieder.
    Eines hat sich seitdem allerdings nicht geändert: Ertrinken ist für mich eine der schlimmsten Todesvorstellungen. So will ich auf keinen Fall sterben.
     
    Rettungstaucher Sven Bennsen wird gewusst haben, dass der Einsatz vor dem Hafenbecken an der Nordsee nicht ungefährlich war. Und das nicht nur wegen der Dunkelheit und des aufgewühlten Wassers, das im Licht der Feuerwehrscheinwerfer schlammbraun schimmerte und keine gute Sicht vermuten ließ. Immerhin wurde mit Berthold Grundoff kein Lebensmüder und auch kein leichtsinniger Schwimmer vermisst – was um diese Jahreszeit ohnehin ausgeschlossen war –, sondern jemand, der von Berufs wegen tauchte, der solche Sperrwerksanlagen wie seine Westentasche kannte und die Erfahrung von Hunderten von Tauchgängen ähnlicher Art vorzuweisen hatte.
    Der Wasserstand war inzwischen weiter angestiegen, so dass auch der Druck gegen das Sperrwerk stärker geworden sein dürfte – und entsprechend der Sog, der durch das leicht geöffnete Schott entstand. Von einer besonders starken Strömung oder einem gefährlichen Sog war von oben allerdings nichts zu sehen. Dafür war es zu stürmisch, das Wasser zu unruhig.
    Nachdem die bei solchen Einsätzen üblichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden waren, stieg Sven Bennsen auf der Seeseite des Sperrwerks über eine Eisenleiter ins Wasser. Er schwamm zu dem Seil, durch das Berthold Grundoff mit seinen Kollegen verbunden gewesen war, und griff danach. Wenn er dem Seil folgte, so sein Plan, müsste er irgendwann auf den vermissten Taucher stoßen.
    Die anderen Rettungskräfte beobachteten ihn von der Kaimauer aus. Dort stand auch der zweite Rettungstaucher, einsatzbereit in voller Montur. Es dauerte nicht länger als drei Minuten, dann sahen sie, wie der Fünfunddreißigjährige abtauchte, die Kappe des Taucheranzugs, die er über seinen Kopf gezogen hatte, verschwand als Letztes unter Wasser.
    Das Nächste, was sie von ihm wahrnahmen, war ein Notruf über Tauchertelefon, nur einen Augenblick später. »Sog! Sog! Sog!«, rief er, dann war plötzlich Stille, der Funkverkehr brach ab. Sofort versuchte der Feuerwehrmann, der das Sicherheitsseil gehalten hatte, ihn zurückzuziehen. Er schaffte es nicht, auch nicht mit der Unterstützung seiner Kameraden. Man muss sich die

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