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Spuren des Todes (German Edition)

Spuren des Todes (German Edition)

Titel: Spuren des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith O'Higgins , Fred Sellin
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den Händen, wie er meinte. Werner sei ziemlich sauer gewesen. Deswegen habe er Melanie und Werner erst mal allein gelassen und sich für eine Weile auf die Toilette verzogen.
    Irgendwann sei es nebenan ruhiger geworden. Als er ins Wohnzimmer zurückgekommen sei, habe Melanie auf dem Boden gelegen und sich nicht mehr gerührt. »Aber tot war sie da noch nicht«, sagte er, »sie hat geatmet, ganz laut, es hat sich komisch angehört, eben wie bei einem Besoffenen.« Erst später sei das Atmen leiser geworden, und dann sei er ja selbst eingeschlafen und erst am späten Nachmittag wieder zu sich gekommen. Er habe sich gewundert, dass Melanie immer noch so dalag. Als hätte sie sich die ganze Zeit nicht gerührt. Werner habe ihm dann gesagt, sie sei tot.
    Es war später auch der Stiefbruder, der die Ermittler zu der Stelle im Wald führte, wo sie Melanie Bricksmann zwei Tage nach ihrem Tod verscharrt hatten. »Ich musste Werner doch helfen, sie wegzuschaffen«, rechtfertigte er sich, »er ist wie ein Vater für mich.«
    Werner Manritz sagte erst lange nichts, dann schwor er, seiner Freundin bei dem Streit lediglich eine Ohrfeige verpasst zu haben, mehr nicht. Er sei wütend gewesen, aber doch nur, weil er sie geliebt habe. Keinesfalls habe er sie verletzen wollen, und schon gar nicht töten.
     
    Am frühen Morgen des Heiligabends stand ich im Sektionssaal und obduzierte die Leiche von Melanie Bricksmann. Da ich sie am Fundort mit ausgegraben hatte, war ihr Anblick keine Überraschung. Für die drei Monate, die sie in der Erde gelegen hatte, befand sie sich in einem relativ guten Zustand. Das lag sicher auch daran, dass Maden und andere Bodenorganismen im Winter weniger aktiv sind als in den wärmeren Jahreszeiten. Trotzdem war es eine Faulleiche, die ich vor mir liegen hatte, und das ist nie angenehm. Die Körperoberfläche war bunt verfärbt, von der Oberhaut hatten sich größere Stücke abgelöst, das Kopfhaar ließ sich leicht abziehen, und der Bauch war durch Fäulnisgase aufgebläht, ganz zu schweigen von dem Geruch, den die Leiche verströmte.
    Alles Zeichen für ein fortgeschrittenes Stadium der Fäulnis, die es schwierig machten, äußerliche Verletzungsspuren zu erkennen. Am Hals beispielsweise fanden sich drei kleinere Areale, die dunkelviolett verfärbt waren. Sie hätten ein Hinweis darauf sein können, dass Gewalt gegen den Hals ausgeübt wurde. Bei der inneren Besichtigung des Halses ließen sich jedoch keine Einblutungen oder Unterblutungen feststellen. In einigen Bereichen gab es sie nicht, in anderen war die Fäulnis zu weit fortgeschritten, um es zuverlässig beurteilen zu können. Zungenbein und Kehlkopfskelett waren jedenfalls unverletzt.
    Da war die Sektion des Kopfes um einiges aufschlussreicher: In der hinteren Scheitelregion der Kopfschwarte, rechts der Mittellinie, konnte ich eine kleine Unterblutung ausmachen. Außerdem fanden sich unter der harten Hirnhaut dünnschichtige Blutungen, die dunkelrot aussahen, beinahe schwarz. Und nachdem ich dem Schädel das Gehirn als Ganzes entnommen hatte, fielen an der Hirnunterseite, unter der weichen Hirnhaut, speziell im Bereich der Hirnbasis und am Hirnstamm, dickschichtige, zum Teil geronnene Blutauflagerungen auf, die eine identische Farbe hatten.
    Auf eine Sektion des Hirns selbst verzichtete ich, da es aufgrund der Fäulnis eine sehr weiche, fast schon zerfließende Konsistenz angenommen hatte. Stattdessen legte ich es in Härtungsflüssigkeit, damit es später genauer untersucht werden konnte.
    Bei der Präparation des Mittelgesichts zeigte sich, dass Unterhautfettgewebe und Muskulatur im Bereich der rechten Wangenregion bräunlich-rötlich durchtränkt waren. Das konnte eine Folge der Fäulnis sein, aber ebenso gut eine flächige Einblutung, wie sie nach einem Schlag entsteht.
    Auch am rechten Unterarm und am Gesäß waren trotz Fäulnis Unterblutungen nachzuweisen, die mit dem mutmaßlichen Geschehensablauf, wie er mir geschildert worden war, gut in Einklang zu bringen waren. Demzufolge war Melanie Bricksmann nach dem Schlag ins Gesicht zu Boden gefallen, vermutlich erst auf den Hintern und auf den Unterarm, dann auf den Kopf.
    Weniger ins Bild passte dagegen der Bruch des Brustbeins zwischen der dritten und vierten Rippe. Aber dafür sollte Werner Manritz später eine Erklärung liefern.
    Die Obduktion dauerte vier Stunden. Man weiß nie, was man herausfindet, gerade bei fäulnisveränderten Leichen ist es häufig schwierig, am Ende eine klare

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