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Spurlos

Spurlos

Titel: Spurlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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einmal greifbar, dann sprühte Gischt während die Kufen sanft übers Wasser schlitterten. Die Propeller stoppten.

2
    Shane schnallte sich ab. Der Copilot öffnete die Luke. Schon steuerte ein Motorboot auf ihn zu.
    Gegen das klare Licht des Morgens zeichnete sich die Silhouette des Mannes ab, der das Boot steuerte. Er hob den Arm und Shane grüßte auf diese Weise zurück. Das offene Aluminiumboot legte mit der Breitseite an und Shane stieg ein.
    „ Fraser Bowman “, stellte sich der Mann vor und streckte ihm die Hand hin. Er lächelte höflich. Shane musterte ihn und fragte sich, ob ihm dieser Mann die hämische Botschaft geschickt hatte.
    Der Copilot schloss die Ausstiegsluke und kaum hatten sie sich etwa fünfzig Meter weit wegbewegt, startete der Pilot bereits wieder die Propeller.
    Fraser Bowman trug eine grüne Baseballkappe, ein weißes Poloshirt und braunen Shorts. Sein Gesicht war offen und freundlich. Unter der Kappe kam sein kurz geschnittenes blond gelocktes Haar zum Vorschein. Ein gut aussehender, aufrichtiger, sympathischer Mann, ging es Shane durch den Kopf. Zu ihm würden Frauen ins Auto steigen, ihm würden sie vertrauen … In seiner Laufbahn waren ihm einige Mörder begegnet, die genau dasselbe ausgestrahlt hatten. Nein, man konnte sich nicht auf den ersten Eindruck verlassen. Dann dachte er an McNulty – er hatte den typischen Mörder abgegeben, wie man ihn sich gern vorstellte. Jetzt musste er einsehen, dass auch er sich von dieser Vorstellung hatte beeinflussen lassen.
    „Die Bucht und das Land hier ringsum gehört einer Aborigine Community“, erklärte Fraser, während er am Steuer stand und das Boot auf das große, weiße Schiff zulenkte, auf dessen Rumpf Shane den Namen Mary-Anne lesen konnte. „Verginadis Pearls hat es gepachtet.“ Fraser redete überraschend leise, als wolle er die Stille der Natur nicht stören. Shane sah zurück und konnte das Flugzeug über dem bewaldeten Hügel der Bucht verschwinden sehen. Fraser hatte seinen Blick bemerkt.
    „Der fliegt noch zwei weitere Buchten an und nimmt Leute an Bord. Die meisten arbeiten in Vierzehn-Tage-Schichten. Manchmal kommen auch Ingenieure oder Techniker für ein paar Stunden.“
    Shane überraschte Frasers Auskunftsfreude. Fraser fuhr an die Leiter an der Bordwand heran, warf ein Seil nach oben, wo es ein Mann auffing und befestigte.
    „Hi!“, begrüßte ihn der japanisch aussehende junge Mann. Er war sicher nicht älter als fünfundzwanzig, trug T-Shirt, Shorts und keine Schuhe.
    „Das ist Braly, mein Vertreter.“ Fraser stand nun auch an Bord. Strahlendes, sauberes Weiß wohin Shane blickte – und er dachte an Valerie Tates Wohnung, die genauso makellos war.
    „Und das da ist Marcel, unser Koch. “ Fraser wies auf die andere Seite, wo ein schmächtiger Mann an der Reling lehnte und etwas aus einer Schüssel ins Wasser warf. Fraser ging mit Shane zu ihm hinüber.
    „Marcel, du weißt, dass wir sie nicht füttern sollen.“
    Shane sah im türkisblauen Wasser drei etwa zwei Meter lange Haie geschmeidig und ruhig durch den Schwarm kleiner gelbblauer Fische ziehen.
    „Ich mag sie“, erwiderte Marcel schulterzuckend und ging Richtung Kajüten davon.
    „ Fraser“, begann Shane, „was machen Sie hier so?“ Er musste mit diesem Mann ins Gespräch kommen, etwas über ihn erfahren.
    Fraser musterte ihn argwöhnisch. Schließlich streckte er den Arm aus und wies auf die Bucht. Shane entdeckte mehrere kleine Boote, die sich in regelmäßigen Abständen an Bojen entlang bewegten.
    „Das da sind unsere Arbeitsboote, mit je drei Leuten besetzt. Die holen die Muscheln hoch, die in Netzen unter den Bojen hängen. Sie reinigen die Außenschalen, schrubben sie ab und lassen sie wieder runter ins Wasser.“
    Shane nickte. „ Und in diesen Muscheln wachsen die Perlen.“
    „Ja. In die Muscheln werden Porzellan-Kugeln eingepflanzt, um die herum sich dann in zwei Jahren die Perlen bilden. Die große Südseemuschel, die Pinctada maxima , kann bis zu sechsmal eine Perle produzieren, danach wird sie ausgesondert, Perlmutt und Muschelfleisch werden verkauft.“
    „Und die Leute arbeiten zwei Wochen am Stück?“
    „Ja. Sie fahren um sieben raus, kommen nach der Schicht um fünf zurück aufs Schiff, essen, schlafen und am nächsten Tag geht’s wieder los. Nach zwei Wochen haben sie dann eine Woche frei.“
    „Ist nicht gerade `ne leichte Arbeit, was?“
    Fraser schüttelte den Kopf. „Nein. Aber eine besondere Erfahrung. Wir haben

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