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St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau

St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau

Titel: St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
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letzte Nacht gesehen, wie Ihr aus dem Haus geschlichen wärt und Euer Ross aus dem Stall geführt hättet« »O Mist!«
    »Das kann man wohl sagen«, meinte die Magd mitfühlend.
    Kate musste sich sehr zurückhalten, um nicht eine Schimpfkanonade loszulassen, bei welcher Nan hören und sehen vergangen wäre.
    Weil doch alle an Halloween um die Feuer herumtanzten, hatte die junge Frau gehofft, ihr Verschwinden würde unbemerkt bleiben. Vor allem von Effie, die dazu neigte, sich bereits bei nichtigsten Kleinigkeiten in hysterische Anfälle hineinzusteigern. Aus diesem Grund hatte das ältliche Fräulein es auch schon vor längerem aufgegeben, Kate in irgendeiner Weise Einschränkungen aufzuerlegen. Meist stellte sie sich taub und blind, wenn es um ihre Adoptivtochter ging. Aber was zu viel war, war selbst für Effie zu viel.
    Verdammte Alice Bell. Kate hätte ihr liebend gern den Hals umgedreht. Wenn die Schneiderin die Nadel genauso fleißig und geschickt zu bedienen verstünde wie ihre Zunge, hätte Torrecombe längst Paris als Hauptstadt der Modewelt abgelöst.
    Aber dieses böse Weib schien Vergnügen dabei zu empfinden, der armen Effie mit Neuigkeiten über Kates Treiben den Tag zu vergällen.
    So müde, wie die junge Frau sich jetzt fühlte, und nachdem letzte Nacht alles schief gegangen war, konnte sie das jetzt nicht ertragen. Ihr Blick fiel auf das Fenster, und sie verspürte den starken Wunsch, die Eiche hinunterzuklettern und sich zu verdrücken. Wie sie das früher getan hatte, wenn Effie sie wieder einmal in den Wahnsinn trieb.
    Die Adoptivmutter hatte sie mit Puppen, Haarbändern und Accessoires überschüttet. Oft betrachtete sie Kate mit großen Augen und brach sofort in Tränen aus, wenn das Mädchen ihr erklärte, sie wolle keine neue verdammte Puppe oder ein neues Kleidchen. Kate hatte nämlich immer nur eines gewollt: in Ruhe gelassen zu werden, damit sie Zeit hatte, zu Val zu laufen. Die junge Frau verdrehte bei der Erinnerung die Augen.
    Effie konnte sich schon recht eigenartig aufführen. Aber sie hatte sich ihrer Adoptivtochter gegenüber stets als freundlich und großzügig erwiesen. Kate befürchtete, sie habe der guten Frau im Lauf der Jahre mehr als genug Anlass zum Kummer gegeben. Sie warf einen letzten bedauernden Blick auf die Eiche und wandte sich dann an die Magd.
    »Teile Miss Effie mit, dass ich sofort nach unten komme«, seufzte die junge Frau.
    Fünfzehn Minuten später betrat Kate die Diele im Erdgeschoss. Sie trug ein einfaches graues Kleid, das zu ihrer gegenwärtigen Stimmung passte. Niemand hätte in ihr den Wildfang vermutet, der letzte Nacht um ein eigenes Feuer herumgesprungen war und Zaubersprüche gesungen hatte.
    Kate hatte sich das schwarze Haar züchtig hochgesteckt. Damit sah sie vermutlich aus wie eine alte Jungfer. Aber wozu sich darüber aufregen - das würde ja wohl doch ihr Schicksal sein.
    Sie schritt auf die Salontür zu und sammelte sich. Wenn Effie sie anbrüllen und ausschimpfen, wenn sie ihr ein paar Backpfeifen verabreichen würde. Das alles könnte die junge Frau ertragen, nicht aber die Tränen und Klagen.
    Also biss sie die Zähne zusammen, drückte die Klinke nach unten und betrat das Heiligtum ihrer Adoptivmutter. Sofort drang ihr ein Hitzeschwall entgegen, da ein gewaltiges Feuer im offenen Kamin toste. In dem Raum hätte man Maronen braten können, ohne dem Kamin zu nahe kommen zu müssen.
    Aber dazu hätte man ein wenig Platz gebraucht, und den fand man in diesem voll gestopften Raum nirgends. Chinesisches, ägyptisches und Hepplewhite-Mobiliar rangen mit französischem Empire um Beachtung. Gar nicht zu reden von Effies Uhrensammlung. Dutzende standen in Regalen an der Wand, auf dem Kaminsims oder in der Etagere.
    Als Kate hier eingezogen war, hatte sie befürchtet, das schreckliche Ticken - keine zwei Uhren gingen gleich - würde sie noch um den Verstand bringen, mittlerweile hatte sie sich daran gewöhnt. Nur nicht daran, dass sie zur vollen Stunde nacheinander die Zeit schlugen. Einige der Uhren waren ein Geschenk von dankbaren St. Legers, denen sie eine Braut gefunden hatte. So wenig es Effie auch verstand, Ordnung in ihr Leben zu bringen, so sehr verwunderte einen ihre besondere Gabe, den St. Legers deren einzige und wahre Braut zu suchen.
    Doch zurzeit lag die Brautsucherin hingestreckt auf der Chaiselongue und trug nicht mehr als ihr Nachthemd und ihre Nachtmütze. Auf einem Beistelltischchen lagen ihr Riechsalz und ein kleiner Hügel voll

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