St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau
Kate, das ist doch der helle Wahnsinn!« »Nein, Val, es ist wunderbar«, widersprach sie und versuchte, sich an ihm festzuhalten. »Ich habe dich immer geliebt, und jetzt liebst du mich auch. Was sollte daran falsch sein?«
»Nichts, nichts - alles, einfach alles.« Er packte ihre beiden Hände, und auf seiner Miene lagen Erschrecken und Verlangen. »Das alles ist mir viel zu schnell gekommen. So viele Veränderungen ... Ich muss erst über alles nachdenken.«
Als sie widersprechen wollte, legte er ihr eine Hand auf den Mund. Und wenig später zog er mit der Fingerspitze die Linien ihre Lippen nach. Kate seufzte, als er die Hand zurückzog.
»Ich komme bald zu dir, mein Engel«, sagte Val leise. »Das verspreche ich dir.«
Bevor die junge Frau wusste, wie ihr geschah, hatte er ihr schon den Umhang um die Schultern gelegt und sie
durch die Diele nach draußen geschoben. Das Nächste, was Kate mitbekam, war, wie ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen wurde. Noch halb benommen, stand sie da, als auch der Schlüssel im Schloss umgedreht wurde. Grundgütiger! Glaubte Val etwa, er müsse sie aussperren? Vielleicht war es ja wirklich so, dachte sie traurig. Ihre Haut prickelte immer noch an den Stellen, an denen er sie berührt hatte. Trotz all ihrer Träume hatte sie nie geglaubt, dass Val sie wirklich einmal leidenschaftlich küssen würde.
Dieser Mann war einfach unglaublich, und sie hätte nichts lieber getan, als sich ihm noch einmal in die Arme zu werfen, damit er und sie dort weitermachen konnten, wo sie eben aufgehört hatten.
Eigentlich hatte sie ja noch großes Glück gehabt, dass Val selbst unter dem Einfluss ihres Liebeszaubers genug Verstand besaß, es nicht zu einem Skandal kommen zu lassen. Ja, jetzt verstand sie, warum er vorhin so merkwürdig reagiert hatte. Warum er sich in einer Minute so und in der Nächsten völlig anders benahm. Ganz klar, der Zauber hatte ihn im Griff, aber sein vornehmer Charakter wehrte sich noch dagegen, hielt sich an seinen Skrupeln und seinen falsch verstandenen Vorstellungen über ihre Unschuld fest.
Aber am Ende würde der edle Teil Vals unterliegen müssen!
Das zeigte sich allein daran, dass er sie »Engel« nannte. Dabei war doch überhaupt nichts Himmlisches an ihr. Im Gegenteil, im Moment kam sie sich eher wie des Teufels Tochter vor.
Ich habe dich immer geliebt, und von nun an soll nichts
mehr zwischen uns stehen, das verspreche ich ...
Das waren seine Worte gewesen. Was für ein leidenschaftlicher Schwur. Aber war der wirklich aus seinem Herzen gekommen, oder hatte nur der Zauber ihn so sprechen lassen?
O Gott! Wie hatte sie so etwas nur tun können? Schwarze Magie gegen ihren besten Freund einzusetzen und ihm seinen Willen zu rauben ... ihn in eine Falle zu locken?
Nein, nein, nein, redete sie sich mit der Kraft der Verzweiflung ein, ich habe ihn doch nicht in eine Falle gelockt!
Vielmehr hatte sie ihn von seinem verkrüppelten Bein befreit. Und von den unmenschlichen Einschränkungen der Familientradition.
Alles würde gut werden, wenn Val sich endlich dem Zauber ergab. Vielleicht brauchte er ja wirklich nur noch etwas Zeit, um sich an alles zu gewöhnen. Immerhin hatte er ihr ja noch etwas versprochen: Ich werde zu dir kommen, mein Engel... »Lass mich nicht zu lange warten, mein liebster Freund«, flüsterte Kate, legte eine Hand auf ihre Lippen und presste die Finger als Abschiedskuss an seine Tür.
Als sie das Dorf erreichte, hatte sie alle Zweifel und Sorgen in sich unterdrückt und malte sich ihre Zukunft mit Val in den rosigsten Farben aus.
Die St. Legers würden natürlich zuerst Einwände vorbringen, die aber rasch verstummten, wenn sie feststellten, wie glücklich die beiden miteinander waren. Dann würden auch sie einsehen, dass alte Familiensagen mitunter irren konnten.
Selbst Effie würde vor Stolz strahlen, wenn Kate mit Val in der St.-Gothian-Kirche vor dem Altar stand. Zusätzlich zu den Hochzeitsvorbereitungen wollte die junge Frau noch ein wenig mehr tun, nämlich dafür sorgen, dass der Vikar und ihre Adoptivmutter mehr Zeit miteinander verbrachten. Dann wäre Effie nicht so allein, nachdem Kate ins Schieferhaus gezogen war.
Danach malte die junge Frau sich aus, was sie alles in und an diesem düsteren Cottage ändern würde. Die Fensterläden aufstoßen, die Spinnweben der Vergangenheit hinausfegen und alle Räume neu streichen und tapezieren - alles in hellen, freundlichen Farben.
Außerdem wollte sie Val in seiner Arztpraxis
Weitere Kostenlose Bücher