St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau
küssen!
Die junge Frau kam rechtzeitig zur Besinnung, und es gelang ihr im letzten Moment, ihre Arme zwischen sich und ihn zu bringen. »Victor! Hört sofort auf damit!« Aber in seinem Liebeswahn versuchte er, ihr noch näher zu kommen. »Mein Engel, meine Angebetete, meine Allerliebste! Sagt mir, dass Ihr die Meine werden wollt!« »Nein! Habt Ihr denn völlig den Verstand verloren?« Sie hatte erhebliche Mühe damit, ihn abzuwehren. Kate hätte nie erwartet, dass er so stark sein könnte. »Was soll denn aus Eurer auserwählten Braut werden?« Sie musste ihn unbedingt zur Besinnung bringen: »Wenn Ihr Mollie nicht heiratet, wird der Familienfluch über Euch hereinbrechen!«
»Solch Wagnis würde ich eingehen - für einen einzigen Kuss von Euch.« Er senkte den Kopf, bis sein Mund nur noch eine Winzigkeit von ihrem entfernt war. Kate drehte rasch den Kopf zur Seite, und so trafen seine gespitzten Lippen ihre Wange.
Wie konnte sie sich nur von ihm befreien? Jetzt, da er sie fast an die Haustür gedrückt hatte. »Victor, wenn Ihr mich nicht sofort freigebt, wird Euch das noch furchtbar Leid tun!«
»Kate«, stöhnte er nur und drückte feuchte Küsse auf ihre Schläfen, »Ihr brecht mir noch das Herz!« »Nein, aber den Kopf!« Sie bekam eine Hand frei und versetzte ihm damit einen Kinnhaken. Kein wirklich harter Schlag, aber einer, der ausreichte, ihr etwas Luft zu verschaffen.
Dann schlug sie ihm noch mit beiden Fäusten an die Brust, sodass er ein Stück zurücktaumelte. Im selben Moment wirbelte sie herum und stürzte ins Cottage. Sie warf die Tür hinter sich ins Schloss und lehnte sich dagegen. Doch zu ihrem Verdruss fing Victor an, gegen die Tür zu hämmern und um Einlass zu betteln.
»Kate, Kate, verzeiht mir. Ich wollte wirklich nicht derart über Euch herfallen. Dafür verehre ich Euch viel zu sehr. Nun lasst mich doch ein, auf dass ich Eure Vergebung erlangen kann!«
Kate verdrehte die Augen. »Ich vergebe Euch, Victor. Aber nur, wenn Ihr Euch auf der Stelle verzieht.« »Wie könnte ich diesen Ort verlassen, ohne Euch vorher davon überzeugt zu haben, wie sehr ich Euch liebe und wie ich Euch zeitlebens verwöhnen will?« Als sie darauf keine Antwort gab, hämmerte er noch lauter an die Tür. »Kate, bitte, lasst mich doch ein!« Die junge Frau verzog das Gesicht und sah sich in der Diele um. Wenn Victor nicht mit seinem Gelärme aufhörte, würden die Diener herbeigelaufen kommen. Womöglich sogar Effie. Und wenn ihr Vormund erfuhr, worum es ging, würde sie auf der Stelle tot umfallen. Kate schrie durch die Tür: »Geht endlich, Victor! Sonst muss ich Onkel Anatole rufen! Glaubt mir, das werde ich tun!«
Eine leere Drohung. Der gefürchtete Herr von Castle Leger hatte heute Morgen Torrecombe verlassen, um Dr. Marius zu besuchen.
Aber Victor hatte offenbar noch nichts davon gehört. Er stellte das Klopfen ein, und Kate hielt den Atem an. Nachdem sich eine ganze Weile nichts mehr getan hatte, schlich die junge Frau in den Salon und stellte sich hinter den Vorhang.
Ihr Verehrer trottete gerade zu seiner Kutsche zurück. Bitte bitte bitte, flehte Kate, lass Victor jetzt lachen, seinen Diener in die Seite stoßen und ihm erzählen, welch famosen Streich er gerade Miss Fitzleger gespielt habe. Aber der junge Mann zeigte keinerlei Anzeichen von Erheiterung. Er tänzelte auch nicht mehr beim Gehen, sondern schlich dahin. Sie hatte diesen arroganten jungen Burschen noch nie so niedergeschlagen erlebt. Als die Kutsche anfuhr, warf er einen wehmütig sehnsuchtsvollen Blick auf das Cottage. Ob sie ihm wirklich das Herz gebrochen hatte? Grundgütiger! Was hatte sie nur angerichtet? Nichts! Nichts!, beruhigte sie sich grimmig. Was Victor befallen hatte, hatte sich bestimmt nicht so abgespielt, wie Kate befürchtete. Sein Gerede von einem Blitz, der ihn getroffen habe, war nur eine Redensart oder bloßer Zufall.
Sie hatte ihren Zauber auf Val gerichtet und nicht auf Victor. Seine Initialen hatte sie in das Stück Kohle geritzt: VS für Valentine St. Leger. Oder für Victor St. Leger.
Nein, nein und nochmals nein! Das konnte einfach nicht sein. Außerdem hatte sie bei ihrem Ritual die ganze Zeit nur an Val gedacht. Und ein Liebeszauber konnte doch nicht zwei Männer treffen, oder?
Eigentlich war so etwas ausgeschlossen, aber zur Sicherheit wollte sie das noch mal im Zauberbuch nachlesen. Sie stürmte die Treppe hinauf und stieß beinahe mit Nan zusammen.
»Oh, Miss Kate! War da nicht gerade jemand an
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