St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau
aufhelfen, aber er schob sie nur ärgerlich fort.
Der Jüngling sprang auf die Beine, denn er war jetzt mindestens genauso wütend wie Valentine. »Verdammt, wenn Ihr nicht mein Vetter wärt, würde ich Euch jetzt fordern!« »Tut Euch keinen Zwang an.«
»Gut. Dann nennt Eure Sekundanten, und wählt die Waffen. Pistolen oder Degen?«
»Mir egal. Entscheidet Ihr, auf welche Weise Ihr sterben wollt.«
»Aufhören! Alle beide!«, schrie Kate und warf sich mit klopfendem Herzen zwischen die beiden. Ihr Zauber lief mehr und mehr aus der Bahn und drohte ihr Leben in einen Albtraum zu verwandeln.
»Geht nach Hause!«, befahl sie Victor und zeigte auf das Gartentor. »Sofort!«
Der Jüngling starrte sie ungläubig an. »Ihr wollt, dass ich mich zurückziehe? Aber er hat doch angefangen.« »Das spielt jetzt keine Rolle. Ich möchte, dass Ihr geht.« »Dann entscheidet Ihr Euch für ihn und gegen mich?« »Ja, selbstverständlich.«
Victor erbleichte und wirkte noch verletzter als nach dem Fausthieb. Man sah ihm förmlich an, wie alle seine Träume vor seinen Augen zerbrachen. Kate hatte nicht so hart zu ihm sein wollen, aber sie musste ihn unbedingt loswerden, bevor sich noch Schlimmeres ereignete. Sie reichte ihm seinen Hut und fügte freundlicher hinzu: »Bitte, geht nach Hause und legt Euch rohes Fleisch auf das Auge. Ich verspreche Euch, dass Ihr morgen alles vergessen haben werdet.«
Er betrachtete sie mit einem langen, leidenden Blick. »Wenn ich Euch nicht haben kann, schert mich kein Morgen mehr.«
Victor setzte sich den Hut auf und verließ grußlos den Garten. Er hielt sich kerzengerade, um wenigstens etwas von seiner Würde zu bewahren. Aber damit erschien er nur noch jugendlicher und verletzter. Kate versetzte es einen Stich, ihn so zu sehen, aber nur kurz, denn dann sagte sie sich, dass Victor darüber hinwegkommen würde.
Sie musste nur eine Möglichkeit finden, den Zauber wieder aufzuheben. Im Moment interessierte sie auch viel mehr der Mann hinter ihr im Sommerhaus. Gestern war Val ihr schon eigenartig erschienen, aber heute war es kaum zum Aushalten mit ihm. Er lief auf und ab und schloss und ballte die Fäuste. Erst jetzt wurde der jungen Frau bewusst, wie sehr sie sich stets auf seine ruhige Stärke gestützt hatte. Normalerweise war sie es, die die Beherrschung verlor und irgendetwas Schlimmes anstellte.
Wenn sie ihn nun so sah, bekam sie es mit der Angst zu tun und fühlte sich verloren. Sie hielt sich am Eingang des Pavillons fest, bis Val stehen blieb und sie mit einem finsteren Blick bedachte.
»Starr mich nicht so an, als sei mir ein zweiter Kopf gewachsen!«
»Tut mir Leid. Nur ... nur habe ich dich noch nie so gesehen. So... so...«
»So wütend, meinst du? Aber natürlich, der Himmel möge verhüten, dass der heilige St. Valentine jemals die Beherrschung verliert. Nicht einmal dann, wenn er seine Liebste dabei entdeckt, wie sie mit Victor liebäugelt.« »Du verstehst nicht. Ich habe wirklich nicht -« »Verrate es mir, Kate: Bist du gleich aus meinen Armen in die seinen gelaufen? Habe ich dich deswegen seit gestern nicht mehr zu sehen bekommen?« »Nein!«, schrie die junge Frau verletzt und wütend über die Ungerechtigkeit seiner Anschuldigung. »Hast du das denn schon vergessen? Du hast mir gesagt, ich solle gehen und warten, bis du zu mir kämst!« »Seit wann tust du denn, was ich dir sage?«, gab er ebenso laut zurück und packte sie grob an den Armen. »Ich warne dich, Mädchen, wenn ich dich jemals wieder in der Nähe dieses jungen Narren vorfinden sollte, schieße ich ihm ein Loch zwischen die Augen!«
»Das glaubst du ja wohl selbst nicht! Erstens verabscheust du Pistolen, und zweitens darf ein St. Leger nicht das Blut eines Familienmitglieds vergießen. Sogar ich weiß das!«
Der Arzt lachte rau. »Indem ich dich liebe, lade ich bereits einen Familienfluch auf mich. Was bedeutet mir da schon ein zweiter?«
Er zog sie hart an sich und drückte seine Lippen auf die ihren.
Kate hatte sich danach gesehnt, wieder von seinen starken Armen gehalten und von ihm geküsst zu werden. Aber nicht so. Sein Kuss drückte mehr Besitzansprüche als Liebe aus. Ohne Rücksicht drang seine Zunge zwischen ihre Lippen und mit der ganzen Hitze seiner Leidenschaft in sie ein.
Wenn ein anderer Mann das bei ihr getan hätte, hätte sie ihm eine Ohrfeige verpasst und ihn gegen das Schienbein getreten.
Aber von Val hätte sie so etwas niemals erwartet und war deshalb viel zu schockiert, um
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