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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Henz
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trösten konnte. „Dann werden wir einen Weg finden, zurückzukehren. Und auf Bjørendahl versuchen wir es dann … miteinander.“
    Er bewegte sich nicht, gab nicht einmal zu erkennen, ob er sie gehört hatte. Sein Schweigen ließ ihre Handflächen feucht werden.
    „Der siegreiche Ritter erringt das Wohlwollen der holden Dame. Gab es da nicht einen Film?“, spottete er mit klirrender Kälte und drehte sich zu ihr um. In seinen Augen gewitterte es. „Danke, Mylady, aber ich nehme keine Brosamen von der Tafel der feinen Herrschaft.“
    Sie schwieg. Seine Antwort verletzte sie. Mehr als sie gedacht hatte. Dann zuckte sie mit den Schultern und straffte sich. „Gut. Was immer du willst. Wie immer du willst. Ich habe dir alles gesagt, was ich weiß. Wir sind übereingekommen, dass es nur eine Lösung gibt. Belassen wir es vorläufig dabei.“ Sie ging zur Tür. „Du brauchst mich nicht zu begleiten, ich kenne den Weg.“
     
    Als Tessa am nächsten Morgen aufwachte, musste sie feststellen, dass sie alleine war. Sie sprang in ihre Kleider und hastete nach draußen. Von Meldis weit und breit keine Spur.
    Tessa rannte durch die Straßen, mehr oder weniger planlos. Dann zuckte ein Gedanke durch ihren Kopf. Meldis konnte nur an einer Stelle sein, wenn Nick mit seiner Behauptung richtig lag, dass sich das Schicksal der beiden mit aller Gewalt erfüllen wollte.
    Völlig außer Atem kam sie bei der Schmiede an. Und was sie dort sah, war ihr fleischgewordener Albtraum. Vor der Hütte auf der Bank saß Meldis. Ihr gegenüber stand Kaldak. Meldis klimperte mit den Wimpern, lächelte und senkte immer wieder verschämt die Lider.
    Tessa verlangsamte ihre Schritte. Mit in die Hüften gestemmten Armen blieb sie neben Kaldak stehen und blickte Meldis finster an. „Ich habe dich gesucht, warum bist du denn so einfach verschwunden. Es …“
    „Ich wollte dich nicht wecken, du hast so fest geschlafen und ich wollte mir nur ein bisschen die Beine vertreten“, unterbrach Meldis sie mit einem unschuldigen Augenaufschlag. „Dabei habe ich Kaldak getroffen, er ist erst gestern angekommen und hat mir von seinen Reisen erzählt. Es war so aufregend, dass ich glatt die Zeit vergessen habe. Kaldak, das ist Alva, meine Sklavin.“
    Tessa starrte sie fassungslos an. Als Nick dasselbe getan hatte, hatte Meldis ihn – Serre – als langweilig bezeichnet. Sie konnte es nicht glauben. Wie konnte das Mädchen nur so vernagelt sein?
    Sie versuchte, sich zu beruhigen. „Gut. Dann gehen wir zurück.“
    Mit sichtlichem Widerstreben erhob sich Meldis. „Leistest du uns beim Abendessen Gesellschaft, Kaldak?“, fragte sie kokett. „Wir wohnen in dem Haus gleich neben dem Nordtor.“
    Kaldak blickte auf sie hinunter. Ein Lächeln kräuselte seine Lippen. „Mit Vergnügen, Meldis.“
    Tessa biss die Zähne zusammen, um nicht laut aufzuschreien. Das. Durfte. Alles. Nicht. Wahr. Sein. Mit aller Kraft unterdrückte sie den Impuls, Meldis an den geflochtenen Zöpfen zu packen und hinter sich her zu schleifen. Stattdessen lächelte sie Kaldak an – zumindest hoffte sie, dass das Zähnefletschen wie ein Lächeln aussah – und nahm Meldis an der Hand. „Bis heute Abend.“
    Kaum, dass sie außer Hörweite waren, begann Meldis damit, ein Loblied auf Kaldak zu singen. „Er sieht unglaublich aus. Hast du schon einmal so schwarzes, seidiges Haar gesehen? So dunkle Augen? Und seine Haut glänzt wie Bronze!“
    Tessa ließ sie plappern. Nick hatte recht gehabt. Das Schicksal hatte sich nicht beirren lassen. Kaldak und Meldis waren aufeinandergetroffen und sie hatten sich Knall auf Fall ineinander verliebt. Trotzdem würde sie sich nicht damit abfinden, dass Meldis bereits ihr Todesurteil unterzeichnet hatte. Nick musste etwas unternehmen. Er hatte es versprochen.
    Gerade als sie an ihn dachte, kam er ihnen entgegen und begrüßte sie mit einem Kopfnicken. „Ich werde versuchen, heute Mittag vorbeizukommen und dich zu einem Ausritt abzuholen, Meldis“, sagte er so leidenschaftlich, als spräche er zu einem Ziegenbock.
    „Ach, ich fühle mich gar nicht wohl“, erwiderte Meldis mit leidender Miene. „Verschieben wir den Ausritt doch auf morgen.“
    „Gut, wie du willst“, antwortete Nick gleichgültig. Sein Blick streifte Tessa, aber er ging ohne ein Wort an ihr vorbei. Sie sah ihm nach und versuchte, den leichten Stich in ihrem Herzen zu ignorieren.
     
    Nick schob den Widerwillen beiseite, den er empfand, als die Schmiede vor ihm auftauchte. Es gab

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