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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Henz
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außergewöhnlichen Preis. Was hast du denn erwartet?“, erkundigte sich Kaldak spöttisch. „Dass du mir ein paar Rentierfelle dafür aufschwatzen kannst?“
    Ja, was hatte er erwartet? Auf keinen Fall die lässige Aufforderung, jemanden aus seiner Familie abzuschlachten. Er wandte sich ab. „Ich werde darüber nachdenken“, antwortete er ablenkend und ging zur Tür. Dann blieb er unvermittelt stehen. „Sind viele Männer bereit, deinen Preis zu bezahlen?“
    „Mehr als du glauben würdest.“ Nach einer Pause fügte er hinzu: „Wie ich dir schon zweimal gesagt habe – du bist kein Krieger, du verstehst es nicht.“
    Ohne sich noch einmal umzudrehen, verließ Nick die Schmiede. Er zweifelte nicht an Kaldaks Worten. Aber ihm verursachte schon der bloße Gedanke daran, wozu Krieger fähig waren, Übelkeit.
     
    Meldis summte den restlichen Tag vor sich hin, war geradezu penetrant freundlich und hörte nicht damit auf, Kaldaks Vorzüge zu preisen. In wechselnder Reihenfolge waren das sein seidiges dunkles Haar, seine seidige dunkle Haut, seine glänzenden dunklen Augen, sein stattlicher Wuchs und seine weißen Zähne. Tessa hörte sich die Lobpreisungen schweigend an. Sie hatte kapituliert und die Unmöglichkeit eingesehen, Meldis von ihrer rosaroten Brille zu befreien. Damit war sie schon beim ersten Mal gescheitert. Jetzt ging es nur mehr darum, das Schlimmste zu verhindern. Und das lag nicht mehr in ihren Händen, sondern bei Nick.
    Das Abendessen verlief in angenehmer Stimmung. Meldis und Kaldak himmelten sich an, vergaßen dabei fast zu essen und als Meldis den Mann ein Stück des Weges begleiten wollte, beharrte Tessa nicht darauf, sich den beiden anzuschließen. Stattdessen brachte sie den Raum in Ordnung, wusch das Geschirr ab und verstaute die Reste des Abendessens.
    Dann setzte sie sich auf ihre Bettstatt und blickte ins Feuer. Ob Nick die Sache mit dem Schwert in Angriff genommen hatte? Sie hatte Kaldak nicht offen danach fragen wollen, so lange Meldis dabei war. Wie lange mochte es dauern, ein Schwert anzufertigen?
    Als Meldis endlich zurückkam, war sie blendender Laune. „Es ist so wunderbar. Genauso habe ich es mir immer vorgestellt. Und jetzt ist es passiert!“
    Tessa stützte sich auf dem Ellbogen auf. „Was ist passiert?“
    „Ich habe ihn gefunden. Den Mann, mit dem ich mein Leben verbringen will. Ach, Alva, wenn du wüsstest …“ sie brach ab, als hätten sie Erinnerungen übermannt. „Er nimmt mich mit, wenn er von hier weggeht. Er …“
    „Was wird aus Serre? Was werden deine Eltern dazu sagen?“, fragte Tessa müde.
    „Serre will mich doch freigeben. Und meine Eltern, ach, das überlass nur mir. Kaldak ist wohlhabend, er besitzt Haus und Grund, es wird mir an nichts mangeln.“
    „So weit seid ihr schon gekommen?“, erkundigte sich Tessa erstaunt.
    „Ja natürlich. Alles ist auf einmal ganz klar. Als hätte über meinen Augen ein Schleier gelegen, der sich jetzt gehoben hat. Ich bin Kaldak bestimmt. Darum wollte ich Serre nicht. Jetzt sehe ich das alles ganz deutlich.“
    Tessa seufzte. „Ich nehme an, es gibt nichts, das deine Meinung ändern kann.“
    Meldis umarmte Tessa stürmisch und drückte sie fest an sich. „Warum soll ich meine Meinung ändern? Ich bin glücklich, und du wirst auch glücklich sein. Du wirst mich begleiten und du wirst selbst sehen, was für ein schönes Leben Kaldak uns bietet. Du wirst nie wieder schwere Arbeit verrichten müssen, Kaldak hat Diener im Überfluss. Wir werden den ganzen Tag für uns haben, wir können tun, was immer wir wollen.“

sechsundzwanzig
     
    Die Flammen der beiden Herdstellen flackerten synchron. Nick kniff die Augen zusammen und kurzfristig verschmolzen die Feuerstellen zu einer einzigen, aber der Effekt hielt nicht lange an.
    Er war betrunken. Sternhagelvoll. Blau wie eine Haubitze. Was an sich schon eine Leistung darstellte, weil das Bier keinen nennenswerten Alkoholgehalt besaß. Aber er hatte es trotzdem geschafft, wie er mit einem Anflug von Stolz feststellte. Also konnte er doch etwas richtig machen, wenn er schon als Krieger ein Totalausfall war.
    Er lehnte den Kopf an die Wand. Der leere Krug fiel ihm aus der Hand und rollte unter die Bank. Müdigkeit übermannte ihn, er kippte langsam auf die Seite und lag schließlich verkrümmt auf der Bank.
    Er träumte einen wunderbaren Traum, in dem er mit einer Frau über eine Blumenwiese lief. Die Sonne schien hell auf ihn herunter und das Lachen der Frau wärmte sein

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