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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Henz
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Tessa vor.
    Berit drehte sich um und machte eine ausholende Handbewegung. „Aber wir stehen mitten auf dem Schiff und was wir hier sehen … keine Schlitten, keine Wagen, keine Truhen, keine Toten … nichts. Nicht einmal Ruder. Dieses Schiff ist leer. Ein riesiges leeres Schiff, das in einem Gletscher steckt. Was um Himmels willen soll das?“, fragte sie verärgert.
    Tessa seufzte. Wäre ja zu schön gewesen. Das Schiff alleine stellte zwar durchaus eine Sensation dar, aber wenn es mit Schätzen und einer gut erhaltenen Mumie bestückt gewesen wäre, dann wären sie tatsächlich mit einem Schlag berühmt gewesen. Nicht nur in Fachkreisen, wie es jetzt sein würde, sondern auch in der Welt des Mannes von der Straße.
    „Vielleicht findet sich noch eine Erklärung, wenn das Schiff zur Gänze geborgen ist.“ Aber sie hörte selbst, dass ihre Stimme nicht überzeugend klang. Sie ließ die Plane fallen und wollte zur Reling gehen. Dabei stolperte sie und wäre beinahe gefallen. Unwillig blickte sie auf die schmutzigen Planken. Schlammbrocken und Geröll. Sie stieß mit der Schuhspitze wütend dagegen und ein metallisches Geräusch ertönte.
    Überrascht bückte sie sich. Kettenglieder. Sie griff danach und zog daran. Eine massive, zentimeterdicke Kette glitt durch ihre Finger. Am Ende waren Schellen angebracht. Sie zog erneut, aber das andere Ende schien auf den Planken befestigt zu sein.
    „Hast du etwas gefunden?“ Berit kam näher.
    „Sieht so aus.“ Tessa bückte sich und rieb mit dem Arbeitshandschuh über die Verankerung der Kette. Dabei merkte sie, dass noch eine zweite Kette in dem Beschlag befestigt war. Auch diese endete mit einer Handschelle. Tessa schüttelte beide, um sie vom gröbsten Schmutz zu reinigen.
    „Hier ist noch eine.“ Berit stand ihr gegenüber und hielt die Ketten an den Schellen hoch. Sie reichten ihr knapp bis zur Hüfte.
    Tessa blickte sie nachdenklich an. „Leg sie nieder und breite sie waagrecht aus.“ Sie selbst tat das Gleiche. Berit hatte bereits das Metermaß gezückt und verankerte es im Mittelpunkt der Beschläge. Dann ging sie damit zu Tessa. „Zwei Meter. Da könnte schon jemand auf den Boden gefesselt worden sein. Mit gespreizten Armen und Beinen. Die Ketten für die Arme sind über dem Kopf festgemacht.“
    Tessa rieb an einer der Schellen. „Sie sind nicht rostig. Eigenartig. Gib mir mal dein Messer.“
    Mit der Klinge schabte sie den verkrusteten Schmutz ab und legte das Metall frei. Ungläubig rieb sie mit dem Handschuh drüber. „Das ist Silber.“ Sie kratze weiter. „Und da sind Runen drauf.“
    Berit nahm ihr die Schelle aus der Hand und kniff die Augen zusammen. „Tatsächlich.“
    Sie blickte auf das Maßband, das die beiden Ketten verband. „Das Einzige, was fehlt, ist das Skelett, das jetzt in diesen Ketten hängen sollte.“

vier
     
    Tessa setzte sich mit ihrem Lunchpaket neben Berit unter einen Baum und betrachtete die Männer, die damit fortfuhren, das Schiff einzurüsten. Später wollten sie gemeinsam mit ihnen das Deck reinigen. Vielleicht fanden sie doch noch etwas Brauchbares, wenn es schon keine großen archäologischen Sensationen gab. Sie nahm ein Sandwich und stellte die Tüten neben sich.
     „Alles sehr seltsam, aber im Grund haben wir uns mehr erwartet. Matte Sache. Dabei hat es so vielversprechend angefangen.“ Berit langte unauffällig nach der Lunch-Tüte, aber Tessa zog sie ihr vor der Nase weg.
    „Meins.“
    „Ist ja gut. Also, was denkst du?“
    „Es ist in der Tat seltsam. Ich bin sicher, dass mehr dahinter steckt, als wir auf den ersten Blick sehen.“ Sie biss genussvoll in ein dickes Sandwich und kaute bedächtig.
    Berit folgte den Bewegungen ihres Kiefers mit hungrigen Augen. „Vielleicht wollten sie jemanden in Ketten schlagen und in dem Schiff begraben. Als Strafe.“
    „Lebendig. Meinst du?“
    Berit nickte.
    „Und was passierte dann? Ein plötzlicher Erdrutsch? Ein Schneesturm?“ Tessa nahm das nächste Sandwich aus der Tüte und wickelte übertrieben langsam das Zellophan ab. Neben ihr ertönte ein Geräusch, das an ein Wimmern erinnerte. Kopfschüttelnd hielt sie das Sandwich Berit hin, die es ihr aus der Hand riss und ihre Zähne hineinschlug, als hätte sie drei Tage gefastet. „Du kannst doch nicht schon wieder Hunger haben?“
    „Kann ich“, brachte Berit zwischen zwei Bissen heraus. „Oh Gott, ist das himmlisch. Besser als Sex.“
    „Was ist besser als Sex?“ Hendrik hatte sein Stichwort exakt

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