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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Henz
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Braillezeile las. Als sie geendet hatte, legte sie die Ketten zurück.
    „Hast du irgendetwas verstanden, was du gerade gelesen hast?“, fragte Tessa aufgeregt. Das wäre nicht nur ein Beweis für Darias Fähigkeiten, sondern auch eine große Hilfe bei der Entschlüsselung der Runen.
    Sie schüttelte den Kopf. „Nein, nicht ein einziges Wort. Ich bin nur das Werkzeug, durch das sich die Kräfte materialisieren – auch in diesem Fall. Aber ihr müsst mir doch jetzt endlich glauben.“ Mit beinahe flehendem Ausdruck sah sie in die Runde.
    „Wir glauben dir – soweit es mir möglich ist, an die Existenz eines Mediums, samt aller zugehöriger Zwischenwelten und deren Bewohner zu glauben. Aber nach wie vor bin ich mir nicht sicher, was ich mit deiner Mitteilung das Böse betreffend anfangen soll“, sagte Berit trocken.
    „Vergessen.“ Hendrik war unbemerkt an den Tisch getreten. „Das ganze Gewäsch einfach vergessen. Habt ihr wegen des Abendessens etwas unternommen? Mir knurrt schon der Magen.“
    „Wir haben um 19 Uhr einen Tisch. Hier“, antwortete Tessa. „Eigentlich können wir schon rübergehen.“
    „Bevor die Kjøttboller kalt werden.“ Hendrik lachte. „Du musst wirklich hungrig sein.“
    „Bin ich auch. Und es gibt Fiskeboller.“ Sie stand auf und streckte sich. „Kommt, wir haben lange genug vor uns hin gebrütet, für heute ist damit Schluss. Beginnen wir den angenehmen Teil des Abends.“
    „Zuerst müssen die Fiskeboller beseitigt werden“, warf Berit ein und erhob sich ebenfalls. „Aber mit vereinten Kräften schaffen wir das.“
    Sie gingen hinüber in den Frühstücksraum, der zehn vor sieben in friedlichem Dunkel lag. Berit knipste die Deckenbeleuchtung an und sah sich um. „Dann wollen wir mal die Tische zusammenschieben. Ich hab`s satt zu warten, bis Mister Wunderbar sich bequemt einen Finger zu rühren.“ Da die Männer von Hendriks Team mittlerweile auch eingetroffen waren, suchte Tessa in den Laden der Anrichte nach Besteck und Tischtüchern. Dann ging sie in die ebenfalls dunkle Küche. Berit hatte recht. Untätig herumzusitzen schürte höchstens die schlechte Laune und den Appetit.
    Sie nahm die Erbsen aus dem Tiefkühlschrank, stöberte in den Kästen nach den Fiskeboller-Dosen, den Reispackungen und den entsprechend großen Töpfen. Bei ihrer Suche fand sie auch eine Menge ungeöffneter Gewürzbriefchen. Sie reihte sie vor sich auf der Arbeitsfläche auf und beschloss, zu improvisieren.
    Wenig später zog der aromatische Duft von in Butter angeschwitztem Safran durch die Küche. Gerade als sie den Reis dazuschüttete, schlenderte Hendrik in die Küche. „Jetzt sag bloß, du kannst kochen“, rief er aus und guckte in den Topf.
    „Ich kann kochen“, sagte Tessa wie gewünscht und fügte bescheiden hinzu: „Nicht nur auftauen und aufwärmen, sondern wirklich kochen. Gegen mich sieht Jamie Oliver alt aus.“
    Er grinste und legte ihr den Arm um die Taille. „Eine gute Partie also.“
    „Eine sehr gute Partie“, korrigierte Tessa und ließ es zu, dass er sie an sich zog und sie auf den Hals küsste, während sie den Reis mit Wasser aufgoss. „Vor allem für einen Macho wie dich.“
    „Warum tut mir nur alle Welt unrecht“, rief er entrüstet. „Ich habe keinen blassen Schimmer, wie ich zu diesem Ruf komme. Ich, ein Kavalier alter Schule.“
    „Kavaliere alter Schule sind Machos“, stellte Tessa unbarmherzig fest und legte einen Deckel auf den Topf. Dann drehte sie sich zu ihm um. „Außerdem hab ich mit keinem Wort gesagt, dass ich Machos nicht mag. Aber nur in kleinen Dosen.“
    Er zog sie an sich. „Da hab ich noch mal Glück gehabt.“ Er küsste sie überraschend sanft, und ihr Herzschlag begann bedenklich zu flattern. Oh ja, daran könnte man sich wirklich gewöhnen.
    „Später“, murmelte sie und versuchte sich von ihm zu lösen. „Versprochen.“
    Widerstrebend ließ er sie los. „Na dann … will ich dich nicht aufhalten, denn je früher du fertig bist, desto eher …“ Das Versprechen in seinem Blick brachte jeden Nerv in ihr zum Vibrieren und sie fühlte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg.
    „Exakt“, bestätigte sie und war froh, dass ihre Stimme nicht zitterte. „Und dort drüben warten noch sechs Dosen Fiskeboller darauf, geschlachtet zu werden.“
    Als sie den Dosenöffner nach der Reihe in die Konservendeckel schlug, beruhigte sie sich langsam. Es ging doch nichts über eine sinnvolle Beschäftigung, um fleischliche Begierden in

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