Stachel der Erinnerung
– du
hat mich und meine Familie zum letzten Mal belästigt. Mein Mann hat dich
gewarnt, noch einmal zurückzukommen. Aber du willst nicht hören. Jetzt warne
ich dich. Wenn du noch einmal in meine Nähe kommst, wenn du mich oder meine
Familie bedrohst oder versuchst, in Sarahs Nähe zu kommen, dann werde ich dich
umbringen. Ich werde nicht zögern. Und es wird mir auch nicht leid tun. Ich
werde dir ganz einfach diese Waffe vor dein Gesicht halten und abdrücken.«
Sie trat
einen Schritt vor und drückte den Lauf gegen seine Wange. Sie sah, wie alle
Farbe aus seinem Gesicht wich. »Glaubst du mir?«
Danny
versuchte zu lächeln, doch es gelang ihm nur, das Gesicht zu verziehen. »Du
würdest doch sicher nicht dein eigen Fleisch und Blut erschießen.«
»Du bist
nicht mein Fleisch und Blut – nicht mehr.« Jessie senkte die Pistole und preßte
sie gegen seine Brust. »Ich habe gesagt, ich würde dich umbringen.« Sie war
selbst erstaunt, wie ruhig ihre Hand war. »Glaubst du mir, oder brauchst du
einen Beweis?«
»Herrjeh,
Gott – du willst doch nicht wirklich auf mich schießen! Ich glaube dir,
Mädchen.« Er las in ihren Augen, wie entschlossen sie war. »Du bist noch härter
geworden als deine Ma.« Hätte Jessie es nicht besser gewußt, sie hätte
geschworen, daß eine gewisse Bewunderung in Dannys Stimme lag, die erste
Anerkennung, die sie je von Danny Fox bekommen hatte.
Sie reichte
ihm den Beutel, der schwer war von Geld und Juwelen. »Ich möchte, daß du hier
verschwindest, Danny. Ich will, daß du für immer und ewig aus meinem Leben
verschwindest. Ich habe jedes Wort, das ich gesagt habe, ernst gemeint. Wenn du
je ein Wort gegen mich oder einen anderen Menschen meiner Familie sagst, dann
bist du tot.«
Die Pistole
hielt sie unbeirrt auf ihn gerichtet, doch in ihrem Inneren zitterte Jessie.
Jedes ihrer Worte war die pure Wahrheit. Sie würde ihre Familie beschützen,
ganz gleich, was ihr persönlich dabei
geschah. Sie hoffte nur, daß sie ihn davon überzeugt hatte.
»Auf
Nimmerwiedersehen, Danny .« Er sagte kein Wort, er starrte ihr nur nach, als
sie davonging. Im Stall hinter der Taverne stieg sie auf ihr Pferd und ritt
zurück nach Belmore. Sie betete, daß sie von jetzt an vor Danny Fox in
Sicherheit war.
Matthew sah schweigend zu, als seine Frau
an ihm vorüberritt, doch seine Finger, die die Zügel hielten, waren zur Faust
geballt. Es war reiner Zufall, daß er gesehen hatte, wie sie aus Belmore
weggeritten war. Beinahe wäre er bei dem Rittergutsbesitzer Montrose geblieben
und wäre erst am Morgen nach Hause zurückgekehrt, wie er es geplant hatte. Doch
der Gedanke, in seinem eigenen Bett zu schlafen, seine Frau zu lieben und sie
im Bett neben sich zu wissen, war zu verlockend gewesen und hatte ihn dazu
getrieben, das warme Haus des freundlichen Landedelmannes zu verlassen.
Er hatte
Belmore schon fast erreicht, als er den einzelnen Reiter entdeckte, der ein
Pferd aus dem Stall führte. Er konnte nicht deutlich erkennen, wer dieser
Reiter war, er sah nur, wie er das Pferd zu einem im Schatten liegenden
Baumstamm führte und sich dann in den Sattel schwang. Ein Damensattel, stellte
er fest, was bedeutete, daß der Reiter eine Frau war. Ein erster Anflug von
Besorgnis beschlich ihn.
Er hatte
die Frau beobachtet, als sie wegritt, mittlerweile war er sicher, daß es sich
um Jessie handelte, und er war zornig, daß sie die Sicherheit von Belmore
verließ. Er war entschlossen herauszufinden, was in Gottes Namen seine Frau
jetzt schon wieder vorhatte. Er war ihr in einiger Entfernung gefolgt und
hatte gehofft, daß sie ihn nicht entdecken würde, doch sie schien gar nichts um
sich herum wahrzunehmen. Wie es schien, hatte sie es eilig, ihr Ziel zu
erreichen. Und dieses Ziel war die Wayfarer Taverne.
Den ganzen
Weg über verspürte Matthew ein Brennen in der Kehle. In Gedanken stellte er
sich etwa ein Dutzend verschiedener Möglichkeiten vor. Da er Jessie kannte,
konnte sie hundert verschiedene Gründe haben, die Taverne zu besuchen. Doch ein
Verdacht wurde in ihm immer stärker.
Sir Thomas
Perry war nicht bei den Leuten gewesen, die sich zu der sehr wichtigen
Besprechung zusammengefunden hatten. Man hatte über seine Abwesenheit
gesprochen, es wurde gesagt, er sei unerwartet krank geworden. Jetzt begann
Matthew sich allerdings Gedanken zu machen ...
Perry hatte
Jessie mehrere Male in Belmore besucht, vor Matthews Ankunft. Er war jung und
sah gut aus, und offensichtlich fand er seine Frau recht
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