Stachel der Erinnerung
habe.«
Ein leises
Grollen stieg in Matthews Brust auf. Er holte aus und traf den kräftigen Mann
blitzschnell am Kinn. Der mächtige Schlag warf Theo zu Boden. Doch der Mann
brummte nur, schüttelte seinen Kopf und kam wieder auf die Füße. Er versetzte
Matt zwei linke Haken, die jeden anderen Mann ins Land der Träume geschickt
hätten. Matt wich geschickt aus, doch der letzte Haken traf ihn voll an der
Schulter.
Er steckte
noch einen Schlag in den Magen ein, doch dann er wischte er mit der Rechten
Theos Kinn und setzte mit der anderen Faust sofort nach. Aus Theos Nase und
Mund floß das Blut. Die ganze Zeit über schlich Jessie um die beiden herum.
Ihre Knie zitterten, und ihr Herz raste, während sie nervös Ausschau hielt
nach ihrem Bruder und Connie Dibble und gleichzeitig nach einem Weg suchte,
dem Grafen zu helfen.
Lieber
Gott, sie konnte nicht weglaufen und Hilfe holen. Wenn sie einen Polizisten
holte, würde der den Kampf beenden, aber es würden auch eine Menge Fragen
gestellt werden. Fragen über sie, die zu weiteren Fragen führen würden und die
Matthew und Papa Reggie nur Schwierigkeiten bringen würden. Sie durfte die
beiden nicht in Verlegenheit bringen.
Plötzlich
sah sie ein Stück Holz, das beim Aufbau einer der Buden übriggeblieben war.
Rasch umklammerte sie es, sprang hinter den kräftigen Mann, der blind verbissen
mit Matt kämpfte, und krachte ihm, so fest sie konnte, das Holz auf den Kopf.
Einen
Augenblick lang schwankte er, seine Augen sahen sie mit ungläubigem Staunen an.
Dann sank er mit einem Aufstöhnen in die Knie, rollte mit den Augen und fiel
nach vorn. Jessie stand seitlich hinter ihm. Sie bebte am ganzen Körper, noch
immer umkrallte sie das Stück Holz und merkte gar nicht, daß Splitter davon in
ihre Haut gedrungen waren. Ein Stück weiter stand Matthew mit geballten
Fäusten, sein Gesicht war blutig und die Fingerknöchel aufgeschürft. Er atmete
stoßweise.
Matthew?
Er hob den
Kopf und sah sie an. Ihr war nicht bewußt, daß das Mieder ihres Kleides
offenstand und ihre nackten Brüste zeigte. Erst als sie den brennenden Blick
des Grafen Strickland registrierte, wurde ihr das klar.
»Bedeckt
Euch«, befahl er heiser. Aus jeder Faser seines Körpers sprühte sein Zorn. »Es
sei denn, Ihr wollt das beenden, was dieser Hurensohn begonnen hat.«
Jessie
starrte in seine unerträglich kalten blauen Augen, fühlte die bittere
Verachtung, und ein Schluchzen entrang sich ihrer Kehle. Sie ließ das Stück
Holz fallen und wandte sich ab. Mit
zitternden Händen hielt sie ihr zerrissenes Mieder zusammen. Ihre Frisur hatte
sich gelöst, und ihr Haar hing zerzaust über ihren Schultern.
Sie hörte
die Schritte des Kapitäns hinter sich, schloß die Augen und biß fest die Zähne
zusammen.
»Ich habe
Euch doch gesagt, Ihr solltet auf mich warten.« Er legte ihr hart die Hand auf
die Schulter und drehte sie zu sich herum. »Ich habe Euch gesagt, Ihr solltet
Euch nicht von der Stelle bewegen.«
Jessie
schüttelte den Kopf und kämpfte mit den Tränen. Den Schmerz in ihrem Arm spürte
sie kaum. »Ich ... ich habe nur ein paar Schritte gemacht, und dann tauchte
Danny auf. Er ... er muß uns beobachtet haben. Er dachte, ich wäre Eure ... Eure
...« Sie hielt inne und sah durch einen Tränenschleier zu ihm auf. Die Tränen
flossen unkontrolliert, sie konnte sie nicht zurückhalten. Er hatte die Lippen
fest aufeinandergepreßt und den Mund grimmig verzogen.
Jessie
zwang sich, seinem anklagenden Blick standzuhalten. »Wo ... wo ist mein Bruder?
Habt Ihr ihn umgebracht?«
Ein
grausames Lächeln umspielte seinen Mund. »Das hätte ich besser getan. Denn das
hat er mit mir versucht.«
Sie nickte
schwach und fühlte sich ganz elend. Als sie wankte, packte Matthew ihren Arm
fester und zwang sie, ihn anzusehen.
»Wenn ich
Euch beim nächsten Mal sage, was Ihr tun sollt, dann werdet Ihr es tun. Habt
Ihr mich verstanden? Ihr tut es nicht etwa nur halb, oder Ihr gebt nur den
Anschein, daß Ihr meinem Befehl folgt. Ihr tut es.«
Als sie
nicht gleich antwortete, schüttelte er sie. »Habt Ihr mich verstanden?«
»Ja«,
flüsterte sie und war verzweifelter als an dem Tag, an dem sie beinahe
verhungert wäre, nachdem sie das Black Boar Inn verlassen hatte.
Matthew
starrte sie noch einen Augenblick lang an, dann zog er sie an sich und legte
die Arme um sie. Voll ungläubigen Staunens bemerkte sie, daß er zitterte.
»Habt Ihr
überhaupt eine Ahnung, was ich gefühlt habe, als ich diesen
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