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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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Gott – hilf mir.« Sie
lief durch die Halle zur Rückseite des Hauses, der Rauch war so beißend, daß
sie kaum atmen konnte. Im Eßsaal blieb sie stehen und griff sich eine Leinenserviette.
Aus dem silbernen Krug goß sie Wasser darüber und band sich das nasse Tuch über
Nase und Mund.
    Die
Dienstbotentreppe glimmte nur, an einigen Stellen leckten kleine Flammen, doch
Jessica schaffte es, an ihnen vorbei die "Treppe hinaufzukommen. Im
zweiten Stock blieb sie stehen und rief. Niemand antwortete. Ihr Atem ging
rasselnd, als sie endlich im dritten Stock ankam. Sie brauchte einen
Augenblick, um Luft zu schnappen. Dann rannte sie den Flur hinunter und
versuchte sich zu erinnern, welches Matthews Schlafzimmer war.
    Auf dem
halben Weg den Flur hinunter begann sie, die Türen der Zimmer
aufzureißen. Die ganze Zeit über rief sie laut seinen Namen. Ihre Augen
brannten, und Tränen um Matthew liefen ihr über die Wangen. Am Ende des Flures
prasselte eine Feuerwand, und noch immer hatte sie ihn nicht gefunden.
    »Matthew!«
schrie sie und ging den Weg rückwärts, den sie gerade gekommen war. »Matthew,
wo bist du?«
    Und dann
hörte sie seine Stimme, sie kam von irgendwo unter ihr. Als sie sich umwandte,
entdeckte sie, daß auch die Dienstbotentreppe in Flammen stand.
    »Matthew!«
    »Jessie!«
Er kam die brennende Treppe hinaufgelaufen, sein Gesicht zur Hälfte in ein mit
Wasser getränktes Tuch gehüllt. Er stürzte sich durch die Flammen und erschien
dann wie ein Wunder auf ihrer Seite. Ein Zipfel des Tuches hatte Feuer
gefangen. Er zerrte es vom Gesicht, schleuderte es beiseite und kam auf sie
zugelaufen.
    »Jessie!«
    Und dann
lag sie in seinen Armen. Sie klammerte sich an ihn und wiederholte wieder und
wieder seinen Namen. Sie schluchzte vor Erleichterung, daß ihm nichts geschehen
war. »Wir müssen machen, daß wir hier herauskommen.« Matthew zog sie in eines
der Zimmer, das noch nicht brannte.
    »Ich kann
es nicht glauben, daß du wirklich hier heraufgekommen bist«, stöhnte er.
    Flammen
fraßen sich jetzt von beiden Seiten des Flures auf sie zu. »Die beiden
Treppenhäuser brennen. Lieber Gott, Matthew – wie wollen wir hier herauskommen?
«
    »Das Dach!
Es ist der einzige Ausweg.«
    Jessies
Magen zog sich zusammen. »Wir können doch unmöglich drei Stockwerke tief
herunterspringen.«
    Doch er
schloß schnell die Tür hinter ihnen und zerrte sie zum Fenster. Dort blieb er
stehen. »Sieh mal. Ein niedrigerer Flügel des Hauses reicht fast bis an das
Zimmer nebenan. Wir werden dort hinunterspringen. Dann können wir bis zum hinteren
Teil des Hauses gelangen und von dort einen Weg nach unten suchen.«
    Jessie
widersprach nicht, als er sie wieder in den qualmenden Flur hinausschob und von
dort in das nächste Zimmer. Der Ostflügel war ein Inferno aus orangefarbenen
und gelben Flammen, die die Wände hochschlugen. Sie liefen zum Fenster, und
Matthew riß es auf. Jessie steckte den Kopf hinaus und sah das Dach der
nächsten Etage unter sich.
    »Kannst du
es schaffen?« fragte er.
    »Ich werde
es schaffen.«
    »Ich muß
zuerst hinunter. Versuche, auf dem First zu laufen oder dich dort festzuhalten,
damit ich dich packen kann.«
    Jessie
nickte nur. Matt drückte noch einmal ihre Hand, dann schwang er die Beine über
den Rand der Fensterbank und sprang. Jessie zwang sich, die Augen nicht zu
schließen, als er auf dem Dachfirst landete und sich zappelnd bemühte, nicht
herunterzufallen.
    Erleichterung
erfüllte sie, als sie sah, daß er in Sicherheit war.
    Sobald er
einen festen Halt gefunden hatte, streckte er ihr die Arme entgegen. »Spring!«
rief er. »Ich werde dich auffangen.«
    Sie zögerte
nicht. Dazu war keine Zeit – im Zimmer hinter ihr waberte dichter Qualm, jeden
Augenblick konnte das Dach nachgeben. Sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel,
zog sich ihre Sandalen aus und sprang. Sie fühlte einen stechenden Schmerz, als
ihre Füße auf das Dach krachten, dann hatte Matthew schon seine starken Arme um
sie geschlungen und zog sie in Sicherheit.
    »Ich habe
dich«, flüsterte er und lehnte seinen Kopf gegen ihren. Sie fühlte, wie er
zitterte, und wußte, daß ihr eigener Körper genausosehr bebte.
    Er strich
mit den Fingerspitzen über ihre Wangen und hob ihren Kopf ein wenig. »Wir
können hier nicht bleiben. Wir müssen hier weg, ehe das Dach unter uns
zusammenbricht. Bist du bereit?«
    Jessie
gelang ein zittriges Nicken.
    Matt griff
nach ihrer Hand, und sie suchten sich einen Weg am Dachfirst entlang.

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