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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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hinteren Teil der Kirche
ergatterten.
    Jessie saß
Papa Reggie gegenüber in der Kutsche von Belmore, die mit blauen und silbernen
Girlanden geschmückt war und von vier grauen Pferden gezogen wurde. Lady Bainbridge
war bereits in der Kirche, sie hatte sich um die letzten Vorbereitungen
gekümmert. Auch Viola war schon vorausgefahren. Sie hatte einen Platz in den
Reihen, die für die engsten persönlichen Diener der Familie reserviert worden
waren.
    Jessie
starrte aus dem Fenster, ihre Nerven waren zum Zerreißen
gespannt. Sie hockte auf der Kante des Sitzes, und Papa Reggie streckte die
Hand aus, legte sie auf ihre und drückte sie leicht.
    »Du bist
die bezauberndste Braut, die ich je gesehen habe. Ich bin stolz auf dich.«
    Jessie
wandte sich ihm zu, und Tränen glänzten in ihren Augen. Sie brannten hinter
ihren Lidern, wollten die Wangen hinabtropfen, aber sie bemühte sich, sie
zurückzuhalten. Sie hatte sich geschworen, daß die Tränen, die sie in der
letzten Nacht vergossen hatte, die letzten waren, die sie weinen würde.
    »Danke,
Papa Reggie.« Sie lächelte ihn liebevoll an. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie
sehr ich all das zu schätzen weiß, was du für mich getan hast. Du warst für
mich der Vater, den ich nie hatte, und ich möchte, daß du weißt, wie sehr ich
dich liebe.«
    Der Marquis
räusperte sich, und auch seine Augen wurden feucht. »Aber das weiß ich doch,
meine Liebe. Du hast Freude in meine leeren Tage gebracht, du hast der Seele
eines alten Mannes frisches Leben eingehaucht. Das werde ich dir nie vergessen,
meine liebe, liebe Jessica.« Er beugte sich vor und gab ihr einen Kuß auf die
Wange. Sie bemerkte, daß seine Hände zitterten. »Der Herzog von Milton darf
sich als glücklichsten Mann ganz Englands betrachten.«
    Jessie
schluckte, das Herz tat ihr weh. Sie dachte daran, wie sehr ihr Leben sich
verändert hatte, seit sie Papa Reggie begegnet war. Sie dachte an die
glücklichen Zeiten in Belmore, an die Geburtstage, an Weihnachten, an die
kostbaren Erbstücke und üppigen Gewänder ... und wie sie sich gefühlt hatte,
als sie sie für Matthew getragen hatte. Sofort erstand sein Bild vor ihrem
inneren Auge, sein ernstes, geliebtes Gesicht und die unglaublichen
dunkelblauen Augen.
    Jessie war
gar nicht aufgefallen, daß die Kutsche stand.
    »Es ist
Zeit, wir müssen in die Kirche gehen«, ermahnte der Marquis sie leise. »Bist du
bereit?«
    Jessie
blickte aus dem Fenster hinter dem Rücksitz der Kutsche. Sie hielt Ausschau
nach Matthew. »Er kommt wirklich nicht, nicht wahr, Papa Reggie?« Er hatte ihr
erst an diesem Morgen erzählt, daß Matthew nicht an der Hochzeit teilnehmen
wollte.
    »Nein,
meine Liebe. Er wird nicht kommen. Vielleicht ist es besser so.«
    Ein Teil
ihres Herzens stimmte ihm zu. Der letzte Mensch, den sie an ihrem Hochzeitstag
sehen wollte, war der Graf von Strickland. Der andere Teil war abgrundtief
traurig, weil er nicht da war und sie unterstützte. Warum? fragte sie sich
immer wieder. War er wütend? Enttäuscht? Voller Bedauern? Vielleicht fühlte er
ja doch etwas für sie?
    Sie holte
tief Luft. »Gwen und die anderen werden sicher schon ungeduldig. Wie du gesagt
hast, es ist höchste Zeit. Wir können sie nicht länger warten lassen.« Lady
Bainbridge und die Brautmädchen, Gwen Lockhart und zwei von Jeremys Cousinen,
Mädchen in ihrem Alter, die sie erst vor kurzem kennengelernt hatte, sollten
sie zum Altar begleiten.
    Er nickte.
»Sollen wir gehen?«
    Sie nahm
seinen Arm und ließ sich von ihm aus der Kutsche helfen. Draußen richtete sie
sich entschlossen auf, rückte ihre lange silberne Schleppe gerade und
vergewisserte sich, daß jede der blauen seidenen Rosen an ihrem Platz auf dem
durchsichtigen weißen Tüll war. Eine Krone aus weißen Seidenrosen saß auf
ihrem Kopf, ein Tüllschleier war daran befestigt, der über die Schleppe bis
fast auf den Boden floß.
    Sie
schritten auf die hohe Eingangspforte der Kirche zu, vorbei an einer Reihe
Lakaien in Livree, über einen dicken roten Teppich.
    Zwei blonde
Lakaien, die einander so ähnlich waren wie Zwillinge, öffneten ihnen die großen
Türen zum Vorraum der Kirche, wo Gwen und die anderen Brautmädchen zusammen mit
Lady Bainbridge schon aufgeregt auf sie warteten.
    »Oh, Jess,
du siehst umwerfend aus!« Gwen beugte sich vor und nahm sie in den Arm. »Der
Herzog wird brennen vor Lust, dich endlich in sein Bett zu bekommen.«
    Jessie
fühlte, wie eine heiße Röte in ihre Wangen stieg. Sie zwang

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