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Stadt der blauen Paläste

Stadt der blauen Paläste

Titel: Stadt der blauen Paläste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bayer
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weißt du das.«
    »Und ich würde gern wissen, wie du in mein Haus gekommen bist«, forderte Crestina. »Doch ganz gewiss nicht mit einem Schlüssel? Oder gar wieder mit einem Dietrich, wie schon einmal?«
    »Wie sollte ich hereingekommen sein?«, fragte Bartolomeo verblüfft, »natürlich durch die Tür, wie jeder Besucher. Ich ließ den Löwenkopf auf die Platte fallen und kam herein. Ohne jedwede Schwierigkeiten.«
    »Und wer hat dir geöffnet?«
    »Nun wer wohl? Die beiden Sklavinnen.«
    »Nur gut, dass ich das weiß«, sagte Crestina verärgert, »sie lassen einen wildfremden Mann einfach in mein Haus herein.«
    »Ich bin kein wildfremder Mann für sie. Ich habe sie damals aus Afrika mitgebracht, und ich bin auch hier immer noch ihr Herr, auch wenn sie verkauft sind. Ganz gleich, wo sie sich befinden, die Türen sind mir offen. So auch hier.«
    Er machte eine Pause und sah Crestina abwartend an.
    Sie ließ sich auf die Bank nieder und schüttelte den Kopf.
    »Ich suchte Ludovico«, sagte sie dann müde.
    »Und das ausgerechnet bei mir?«, wunderte er sich.
    »Ich war auf dem Weg zu Clemens, dabei fiel ich über deine Ketten. Und die interessierten mich dann.«
    Bartolomeo zuckte mit den Schultern.
    »Was soll dabei schon interessant sein? Ketten sind Ketten.«
    »Aber diese hatten Ringe, für Arme und Beine.«
    »Womit sonst soll man Sklaven festhalten? Meinst du, sie bleiben freiwillig stehen, wenn man sie eingefangen hat?«
    »Ich sah auch die Brenneisen. Die Mundtrichter. Und ihre Blechnäpfe. Es waren so viele, dass du eine ganze Armee damit ausrüsten könntest.«
    »Das musst du auch können, woher soll sonst denn der Profit kommen? Doppelt so viele Sklaven wie Platz und Essen für sie vorhanden ist, das ist es. Der Kapitän würde sich schön beklagen, wenn neben dem normalen Lohn nicht auch noch ein extra Bonus für ihn herausspringen würde.«
    Crestina schaute ihn an, nahm sein – vermutlich vom Wein – gerötetes Gesicht wahr, die schlaffen Wangen, die entzündeten Augen, sein wabbelndes Doppelkinn. Sie erinnerte sich an früher, an seine Gier, die er zu allen Zeiten beim Essen gezeigt hatte: Er konnte einen halben Zickleinkopf essen, zusammen mit Gallerte, Rübensalat, Schweinezunge, gekochten Drosseln, dazu vier Unzen Brot und indisches Huhn. Und zum Nachtisch getrocknete Feigen und Eierkuchen. Aber die Zickleinköpfe aß er mit Vorliebe, besonders dann, wenn er merkte, dass die übrigen Tischgäste sich dabei schüttelten. Und das Rezept für die gekochten Drosseln gehörte ebenfalls mit zu den Tischgesprächen, die er der Runde ungefragt anbot und aufdrängte.
    »Kannst du eigentlich noch in den Spiegel sehen, bei all dem, was du mir da erzählst?«
    Bartolomeo schüttelte verwundert den Kopf.
    »Ich hatte schon immer Schwierigkeiten mit dir und deinem absonderlichen Kopf«, sagte er dann, »aber ich hielt das früher immer für eine Sache, die mit deiner Jugend zu tun hatte und deiner unvorstellbaren Naivität. Aber wie ich sehe, wirst du vermutlich auch noch mit hundert so verquer denken wie jetzt.«
    Sie legte die halb geschlossene Passiflora in die Schale zurück und lächelte ihn dann an.
    »Ich denke, dass du dir kaum Gedanken um meinen verqueren Kopf machen musst. Er kommt schon allein zurecht. Falls du allerdings versuchen solltest, deine Ideen auch in den Kopf meines Sohnes Ludovico einzupflanzen, würde ich dir empfehlen, vorsichtig zu sein.«
    Bartolomeo lachte auf und wandte sich zur Tür.
    »Dein Sohn ist erwachsen. Und ich bin ganz sicher, dass er sich sehr genau überlegen wird, was er eines Tages tun will.«
    Crestina blieb sitzen auf ihrer Bank neben dem Seerosenbecken, aber sie wusste später nicht mehr, wie lange sie hier mit halbgeschlossenen Augen gesessen und auf diese welke Passiflora gestarrt hatte. Und vor allem, wozu. Sie ertappte sich nur irgendwann dabei, dass sie die Hände gefaltet hatte und betete. Am helllichten Tag und in keiner Kirche. Und sie war ganz sicher, dass sie nicht für jemanden gebetet hatte, sondern gegen jemanden. Und sie hoffte, diesen Jemand nie wieder zu sehen.
    Aber Wünsche schienen nicht immer in Erfüllung zu gehen, auch wenn es Wünsche waren, die ob ihrer Inbrünstigkeit eigentlich hätten erfüllt werden müssen.

16. Ende der Messiasträume
    Crestina hatte Moises Satz, dieses ›dass die Welt untergeht‹, für übertrieben gehalten. Sie hatte sich nicht vorstellen können, dass innerhalb dieser jüdischen Gemeinde Gräben aufgerissen

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