Stadt der Blumen strava3
erfunden.«
Sandro war seltsam erfreut. »Erzählt mir von den Schatten«, bat er. »Ihr habt gesagt, dass Ihr auch einer von diesen Reisenden seid, aber Ihr habt doch einen Schatten. Ich habe ihn gesehen.«
»Wir haben einen Schatten in der Welt, aus der wir stammen, denn hier leben ja unsere echten Körper. Nur in der Welt, in die wir reisen, werfen wir keinen Schatten.«
»Und wohin reist Ihr?«
»In Tinos Welt«, sagte Sulien. »Und dort habe ich dann keinen Schatten. Ich bin nur ein Besucher.«
»Könnte ich auch reisen?«, wollte Sandro wissen.
»Wer weiß? Vielleicht eines Tages. Aber du könntest Fratello nicht mitnehmen –
Hunde können keine Stravaganti sein. Und übrigens, was ich dir erzählt habe, ist ein Geheimnis. Es wäre sehr gefährlich für uns, wenn jemand davon erfährt – vor allem die Chimici.«
»Sogar Prinz Gaetano?«, fragte Sandro.
»Nein«, sagte Sulien. »Gaetano weiß über uns Bescheid. Aber du darfst es kei
nem sagen. Ich habe dir von unserem großen Geheimnis erzählt, weil ich glaube, dass ich dir trauen kann. Du hast dich in den letzten paar Monaten verändert und ich glaube, du bist nicht mehr der gleiche Anhänger der Chimici wie früher. Du würdest doch nichts tun, was Bruder Tino oder mich in Gefahr bringen könnte?
Aber du musst dich vor dem Mann drüben im Palast in Acht nehmen, vor dem, der für den Herzog arbeitet.«
»Er weiß schon von den Schatten.« Sandro wollte sich des Vertrauens, das Sulien in ihn setzte, unbedingt würdig erweisen. »Wir haben Euch alle heute aus einem Palazzo in der Stadt kommen sehen. Tino und dieser Benvenuto sind als Erste herausgekommen und Enrico hat entdeckt, dass sie keine Schatten hatten.«
»Dann sind wir schon in Gefahr«, sagte Sulien. »Ich muss es den anderen mittei
len.«
Nicholas drängte darauf, dass die vier das Haus verließen und zu Skys Wohnung gingen. Georgia machte sich wirklich Sorgen um ihn. Es war immer ein Risiko gewesen, ihn nach Talia zurückkehren zu lassen, aber sie hätte nie erwartet, dass es ihn so hart treffen würde. Die Sorgen um ihn und die Probleme mit Alice
verdarben ihr die Freude daran, dass sie selbst in Talia gewesen war. Sie sehnte sich nach vergangenen Tagen zurück, als niemand außer ihr über die Stravaganza Bescheid gewusst hatte.
Sky schloss auf und hörte, dass seine Mutter mit jemandem redete. Die letzte Person, die er am Küchentisch seiner Mutter erwartete hatte, war allerdings Giuditta Miele. Ihm wurde ganz flau; worüber hatten sich die beiden um Himmels willen unterhalten?
»Ach, hallo, Liebling«, sagte Rosalind. »Sieh mal, wer da ist. Wir haben schon auf dich gewartet. Hallo, ihr anderen. Macht’s euch bequem – ich besorge noch einen Stuhl.« Und sie ging ins Schlafzimmer, um einen zu holen. »Alice«, sagte Sky, »das ist Giuditta Miele. Ich hab dir ja von ihr erzählt.«
»Richtig, Alice wollte ich auch sehen«, sagte Giuditta. »Ich habe nämlich etwas für sie.«
Sie zog ein Stück Papier hervor, das kleiner war als A4-Format. Es war eine rote Kreidezeichnung darauf. »Ah, das ist doch Georgia, nicht wahr?«, sagte Rosalind, die mit einem Stuhl zurückgekommen war. »Ist sehr gut geworden.«
»Danke«, sagte Giuditta.
Alice nahm die Zeichnung, auf der tatsächlich Georgia zu sehen war, die sich vor den Blicken der Welt hinter einem langen Vorhang gestreifter Haare verbarg.
»Sie haben sie gezeichnet, als ob sie aus der Renaissance stammt«, bemerkte Rosalind, »trotz ihrer Haare. Wie haben Sie das hingekriegt?«
»Ich habe gezeichnet, was ich gesehen habe«, erwiderte Giuditta nur.
»Tja, ich muss euch jetzt leider euch selbst überlassen«, sagte Rosalind. »Ich muss eine Kundin besuchen. Sky kümmert sich um euch.«
»Ist das mein Talisman?«, fragte Alice, nachdem Rosalind gegangen war. »Diese Zeichnung von Georgia?«
»Ja«, sagte Giuditta. »Sie bringt dich in meine Werkstatt in Giglia.«
»Und ich soll heute Nacht reisen?« Alice war perplex. Sie bezweifelte nun nicht mehr, dass ihre Freunde die Wahrheit gesagt hatten, und sie wusste plötzlich nicht mehr so recht, ob sie überhaupt nach Talia reisen wollte. Doch die anderen sahen sie alle so erwartungsvoll an, als ob etwas Wunderbares passiert sei, daher sagte sie einfach: »Danke.«
Wo Beatrice auch hinging, immer war der Spion ihres Vaters ihr auf den Fersen; allmählich glaubte sie, dass der Herzog dem Mann befohlen hatte ihr besonders behilflich zu sein und sie wünschte sich dringend,
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