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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Küchenfenster. Es war ein leises Geräusch, so als würde ein Zweig die Glasscheibe berühren.
    Ich war hier im zweiten Obergeschoss. Und in der direkten Umgebung dieses Gebäudes standen keine Bäume.
    Tapp .
    Lautlos wich ich in den Flur zurück und ergriff Slayer, hielt dabei das Telefon zwischen Schulter und Wange geklemmt.
    Maxine meldete sich wieder, und ich wäre beinahe zusammengezuckt. »Über Jennifer Ying gibt es keine Akte«, sagte Maxine.
    »Aha.« Ich schaltete das Licht aus und hüllte die Küche damit in Dunkelheit.
    Tapp. Tapp .
    Ich ging in Richtung Fenster.
    »Sie haben aber Akten zu den anderen drei Frauen.«
    Ich ergriff den Vorhang und riss ihn beiseite. Zwei bernsteinfarbene Augen funkelten mich an, voller Gelüsten und Gier. Ein Gesicht, das eine Mischung aus Mensch und Wolf war, lehnte am Fenster. Die unförmigen Kiefer passten nicht recht aufeinander, und von den gebogenen gelblichen Zähnen hingen Sabberfäden herab.
    Die Haut um die Wolfsnase bewegte sich. Das albtraumhafte Wesen schnupperte am Fenster, stieß durch seine schwarzen Nüstern Luft aus und ließ damit die Scheibe beschlagen. Dann hob es eine deformierte Hand und klopfte mit einer zwei Zentimeter langen Kralle ans Glas.
    Tapp. Tapp. Tapp.
    »In allen drei Fällen wurden diverse Suchzauber durchgeführt. Sie führten aber zu keinen Ergebnissen. Kate?«
    »Vielen, vielen Dank, Maxine«, sagte ich, unfähig, den Blick von dem Monster an meinem Fenster abzuwenden. »Ich muss jetzt los.«
    »Ich bin jederzeit gern für Sie da. Spielen Sie schön mit dem Wolf.«
    Behutsam legte ich das Telefon beiseite. Slayer in der Hand, murmelte ich den Zauberspruch, der das Wehr um die Glasscheibe herum auflöste, und entriegelte dann das Fenster.
    Die Klauen ergriffen den Fensterrahmen und schoben ihn mühelos empor. Der Wolfsmensch kam betont langsam herein, mit einem pelzigen, sehnigen Bein nach dem anderen, und stand dann übermannsgroß in meiner Küche. Dichtes graues Fell überzog seinen Kopf, seine Schultern, seinen Rücken, seine Gliedmaßen und ließ nur sein abstoßend hässliches Gesicht und seine muskulöse Brust frei. Dunkle Flecken zogen sich über die Haut, die über den Brustmuskeln straff gespannt war.
    »Also gut, mein Hübscher. Was hast du für mich?«
    Er streckte mir eine Hand entgegen, die einen großen Briefumschlag hielt. Verschlossen war er mit einem roten Wachssiegel.
    »Aufmachen«, befahl ich.
    Der Wolfsmensch löste umständlich das Siegel, zog ein Blatt Papier aus dem Umschlag und hielt es mir mit seinen Krallen hin. Ich nahm es. Seine Krallen hatten kleine Risse im Papier hinterlassen.
    In vier Zeilen Schönschrift stand dort:
    Seine Majestät Curran,
    der auserwählte Herr der Freien Bestien,
    bittet um Ihr Kommen zu einem Treffen seines Rudels,
    am heutigen Abend um 22.00 Uhr.
    Das Blatt war mit einem Schnörkel unterschrieben.
    »Das ist wohl meine eigene Schuld, hm?«, sagte ich zu dem Wolfsmensch. »Ich habe ihm gesagt, dass ich offiziell eingeladen werden will.«
    Der Wolf starrte mich an. Sein Sabber bildete kleine klebrige Pfützen auf dem Küchenboden. Ich dachte daran, wie es sein würde, mich mit zweihundert Monstern zu treffen, die genauso waren wie er, alle schneller und stärker als ich, alle bereit, mich auf einen Wink ihres Anführers hin in Stücke zu reißen, und mir wurde sehr mulmig zumute. Ich wollte nicht dorthin.
    »Sollst du mich begleiten?«
    Das Albtraumwesen öffnete den Mund und stieß einen tiefen Kehllaut aus, das frustrierte Knurren eines Geistes, dem zwar die Fähigkeit zu sprechen gegeben war, der aber in einem Körper feststeckte, der die Worte nicht hervorzubringen vermochte. Nur die fähigsten Gestaltwandler konnten auch in einer Zwischenform sprechen.
    »Nicke, wenn du ja sagen willst«, sagte ich.
    Der Wolf nickte.
    »Also gut. Aber ich muss mir erst noch was anderes anziehen. Du bleibst hier und rührst dich nicht von der Stelle. Das hier ist ein gefährlicher Ort für einen Wolf. Nicke, wenn du mich verstanden hast.«
    Er nickte.
    Ich ging in den Flur, berührte die Wand und aktivierte damit das Wehr. Im Türrahmen bildete sich eine durchsichtige rötliche Trennwand, welche die Küche und das Monster darin vom Rest der Wohnung schied. Ich ging mich schick machen.
    Ich wählte eine weite, dunkelgraue Schlaghose. Sie würde bei den Tritten meine Füße verbergen. Die Aussicht auf so viele Klauen ließ mich eine leichte Rüstung in Erwägung ziehen, doch mein Schutzanzug

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