Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Tonfall, mit dem griechische Götter sich ihren sterblichen Kindern vorgestellt haben mussten. »Die Herrin der Toten. Die Lieblingskonkubine von Roland, dem Vater des Volkes.«
Na dann Prost.
»Könntest du das noch mal wiederholen?«, sagte Curran. Seine Stimme war ein tiefes Knurren, seine Aussprache dabei aber klar und deutlich. »Ich hab wohl die Stelle überhört, an der ich hätte beeindruckt sein sollen.«
Olathe sah auf ihn herab. Das war nicht ganz einfach, wenn man bedachte, dass er fast drei Köpfe größer war als sie. Sie mochte ja vielleicht Rolands Konkubine gewesen sein, aber sie hatte dafür einen hohen Preis bezahlt: früher wahrscheinlich einmal schön, sah sie nun abgenutzt aus, wie eine alte Gliederpuppe, der allmählich der Lack abblätterte. Sie hatte ihre ganze Lebendigkeit eingebüßt und ihren ganzen Humor. Einzig die Augen waren in diesem seelenlosen Gesicht noch am Leben: groß, stolz und getrieben.
Etwas regte sich hinter ihr an der dunklen Wand. Eine schiefe Silhouette, dann noch eine und noch eine. Ich tastete mit meiner Magie danach, spürte ihre kalten Wehre und zog mich wieder zurück. Es war nicht gut, sie zu provozieren, ehe Curran so weit war.
»Das interessiert mich: Wie lange hat er dich gefickt?« Nun schlenderte Curran auf sie zu, mit einer Riesentatze nach der anderen. Die Gestaltwandler folgten ihm. »Wie lange hat er’s mit dir ausgehalten? Ein Jahr? Oder nur ein halbes?«
»Dreizehn Jahre«, erwiderte sie.
Curran ging weiter. Je länger er redete, desto näher kam er ihr. »Dreizehn Jahre. Und dann hatte er dich endlich satt, was? Hat sich eine Jüngere, Hübschere, Frischere gesucht. Und jetzt bist du hier und versteckst dich in einem erbärmlichen Loch, fortgeworfen und vergessen wie ein benutzter Präser. Und hast für all die Jahre nichts vorzuweisen.«
Sie wich schwankend zurück. »Ich hatte ihn in mir. Ich habe sein Fleisch gekostet, und er hat mich mit Macht gesegnet.«
Das stimmte wahrscheinlich. Wenn sie Körperflüssigkeiten ausgetauscht hatten, hatte sie auch etwas von seiner Macht abbekommen.
»Mit Macht gesegnet«, sagte Curran und lachte, und sein Lachen hallte im Saal wider. »Und wie wäre es mit einem Kind?«
Sie antwortete nicht.
»Ach nein.« Curran hielt inne. »Ich vergaß. Der Vater des Volkes ist ja zu ängstlich, um ein eigenes Kind zu zeugen. Oder hattest du ihm dafür nicht genug Macht?«
Nun lachte sie. Und der hohle Klang hallte von den Wänden wider und schien dadurch von überall her zu kommen. »Oh, nein, Mischling. Macht ist etwas, an dem es mir nicht mangelt.«
Sie ließ die Wehre sinken. Ich spürte die Schatten hinter ihr, die wütenden, heißhungrigen Vampire, jünger als der, den ich enthauptet hatte, aber nicht weniger Furcht einflößend. Böse Magie umhüllte sie wie ein Mantel, speiste ihren Wahn.
Sie sprach nur ein einziges, schroff klingendes Wort, daraufhin traten die Phantome hinter ihr aus der Dunkelheit hervor, nach Untod stinkend und gierig nach Blut.
Die Gestaltwandler fielen in eine lose Kampfformation und ließen mich mitten zwischen ihnen ganz alleine stehen. Curran hatte uns mit seinem Gerede etwa acht Meter weit vorangebracht, und der Angriff der Vampire erfolgte mit erstaunlicher Schnelligkeit. Ich warf mich zu Boden. Der erste Vampir flog über mich hinweg.
Ich rollte mich auf den Rücken. Ein weiterer Vampir setzte über mich hinweg. Meine Klinge schlitzte ihm den Bauch auf. Ein schwarzer Blutschwall klatschte direkt neben meinem Kopf zu Boden. Der Vampir steuerte auf Curran los, seine Wunde nicht bemerkend. Der Herr der Bestien brüllte.
Ich sprang wieder auf die Füße und stürzte mich auf Olathe. Sie wirbelte herum, eine kleine, sichelförmige Klinge in der Hand. Sie schlitzte sich damit den Unterarm auf. Die Macht ihres Bluts traf mich, und ich wich benommen zurück. Sie wirbelte herum, mit fliegenden Haaren und vorquellenden, wild blickenden Augen. Das Blut aus der Schnittwunde sprühte rings um sie her, fiel in einem großen Kreis zu Boden. Die roten Tropfen fingen Feuer, eine rote Flammenwand schoss empor und umschloss sie in einem schützenden magischen Kreis. Ein Blutwehr. Das ließ sich jetzt nur noch mit dem Blut eines Verwandten oder mit übermächtiger Magie durchdringen. Mist .
Ein Vampir rammte mich von der Seite. Er klammerte sich an mich und schnappte nach mir, und wir schlitterten über den Boden. Schmerz schoss mir durch den Bauch. Nicht schon wieder ! Die Magie in mir
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