Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
Vom Netzwerk:
Crest.
    »Oder ein Schaltfehler.« Der liebe Onkel Doktor eignete sich bereits die magischen Fachbegriffe an. Ich fragte mich, woher er das mit den Wirkungen der remanenten Magie wohl wusste.
    »Ja, das könnte auch sein.« Crest hielt an der Seite eines großen Gebäudes. »Da wären wir.«
    Ein Parkwächter hielt mir die Tür auf. Ich trat hinaus auf den Gehsteig. Crests Wagen befand sich in bester Gesellschaft. Rings um uns her entstiegen Volvos, Cadillacs und Lincolns gut gekleidete Leute: strahlend lächelnde Frauen und Männer, die vor Selbstgefälligkeit schier zu platzen drohten. Die Pärchen gingen zu dem großen Gebäude hinüber.
    Der Parkwächter setzte sich ans Steuer, fuhr davon und ließ uns dort stehen, wo alle uns sehen konnten. Die Leute sahen mich an. Sie sahen auch Crest an.
    »Erinnerst du dich noch an das Fox-Theater?«, fragte Crest und bot mir seinen Arm an. Türen aufgehalten bekommen war eine Sache. Aber am Arm gehen war etwas gänzlich anderes. Ich ignorierte seine Geste und ging mit lose herabhängenden Händen weiter.
    »Ja. Es ist zerstört worden.«
    »Man hat die Steine des alten Theaters dazu verwendet, das hier zu bauen. Großartig, nicht wahr?«
    »Statt also ein neues, frisches, keimfreies Gebäude zu errichten, haben sie all die Qualen und Leiden, von denen die Steine des alten Gebäudes durchdrungen waren, in ein neues geschleppt. Super.«
    Crest sah mich mit zweifelndem Blick an. »Wovon redest du?«
    »Künstler haben eine starke Ausstrahlung. Und sie zermartern sich ständig den Kopf über ihr Aussehen, über ihr Alter, über die Konkurrenten. Ein winziges Detail kann verheerende Auswirkungen haben. Und das Gebäude, in dem sie auftreten, saugt ihre Fehlschläge, ihre Eifersüchteleien, ihre Enttäuschungen auf wie ein Schwamm und speichert diese ganze Pein. Das ist der Grund dafür, dass Empathen solche Gebäude und Säle nicht ertragen können. Die Atmosphäre wäre zu viel für sie. Es war eine Riesendummheit, die Last so vieler Jahre an einen neuen Ort zu verpflanzen.«
    »Manchmal verstehe ich dich nicht«, sagte er. »Wie kannst du bloß so verdammt pragmatisch sein?«
    Da hatte ich bei ihm offenbar einen Nerv getroffen. Mister Aalglatt war mit einem Mal auf Krawall gebürstet.
    »Da gab es schließlich auch andere Emotionen«, entgegnete er in gereiztem Ton. »Triumph, Begeisterung angesichts der großartigen Darbietungen, Freude.«
    »Stimmt.«
    Wir betraten das Foyer, das von Fackeln erleuchtet wurde. Die Leute um uns her strömten zu den Flügeltüren am anderen Ende. Wir schlossen uns diesem Strom an, passierten die Türen und betraten den großen Konzertsaal, der mit Dutzenden Reihen roter Plüschsitze bestuhlt war.
    Die Leute sahen uns an. Crest schien hocherfreut. Wir standen im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit, der große, elegante Crest und seine exotische Begleiterin mit der Narbe quer über der Schulter. Er bemerkte nicht, wie sehr mir die Menschenmenge auf die Nerven ging, und er bemerkte nicht, dass ich zu humpeln anfing. Wenn ich es ihm gesagt hätte, hätte es alles nur noch schlimmer gemacht. Ich ging lächelnd weiter und konzentrierte mich darauf, nicht zu stolpern.
    Wir hatten Plätze mitten im Saal, und ich atmete erleichtert auf, als wir sie erreicht hatten. Zu sitzen war viel einfacher als zu stehen.
    »Weswegen sind wir hier?«, fragte ich.
    »Aivisha«, sagte Crest feierlich.
    Ich hatte keine Ahnung, wer Aivisha war.
    »Es ist ihr letzter Auftritt in dieser Saison«, fuhr er fort. »Es wird allmählich zu warm. Ich hätte nicht gedacht, dass sie jetzt noch auftritt, aber das Management hat mir versichert, dass sie keine Schwierigkeiten haben wird. Sie kann die remanente Magie für sich nutzen.«
    Ich lehnte mich auf meinem Sitz zurück und wartete schweigend ab. Rings um uns her nahmen die Leute Platz. Eine ältere Frau in einer prachtvollen weißen Abendrobe, die von einem vornehm wirkenden älteren Herrn begleitet wurde, blieb bei uns stehen. Crest sprang auf. Oh, Gott, jetzt musste ich auch aufstehen. Ich erhob mich und lächelte und wartete höflich, bis wir einander vorgestellt worden waren. Die Frau und Crest plauderten ein paar Minuten, und ihr Begleiter und ich litten schweigend. Schließlich gingen die beiden weiter.
    »Madam Emerson«, sagte Crest und tätschelte mir die Hand. »Wahrscheinlich die letzte bedeutende Gesellschaftsdame des Südens. Du hast dich ausgezeichnet geschlagen. Ich glaube, sie mag dich.«
    Ich öffnete

Weitere Kostenlose Bücher