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Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Bewegungen diebischer Finger nach.
    Weil er Dinge wie diese sagte, mochte ich ihn.
    »Es gibt immer Hickhack, Avice«, fuhr er fort und neigte sich dem Bildschirm zu. »Bei Jobs wie meinem. Ich habe nie viel Aufhebens darum gemacht, nicht wahr?«, fragte er plötzlich, beinahe traurig. »Aber dies … Avice, es gibt Grenzen. JoaQuin und MayBel und diese Gruppe, sie müssen daran erinnert werden, was ich repräsentiere.«
    Bremen war eine Macht und lag ständig im Krieg mit anderen Ländern auf Dagostin und in anderen Welten. Was, wenn Feinde Kampfschiffe in unsere Richtung sandten? Bremen in den Kolonien einen Tritt versetzten? Würden wir unsere Gewehre erheben, unsere bio-fabrizierten Kanonen, und sie gen Himmel richten? Jede Erwiderung auf einen kleinen Genozid dieser Art, den Bremens Feinde ganz beiläufig begehen könnten, würde von Bremen selbst kommen müssen, wenn es zu dem Schluss kam, dass es den Aufwand wert sei. Nahkämpfe im Vakuum des Gelegentlich-Raums oder schreckliche, seltsame Feuergefechte im Immer. Diese Drohung mit Bremens Vergeltung und Ariekas isolierte Lage im rauen Immer – und, obschon dies unausgesprochen blieb, unsere fehlende Bedeutsamkeit – waren die Abschreckungsmittel gegen Angriffe auf dieser Ebene. Doch es gab andere Faktoren in Bremens kriegerischen Überlegungen.
    Die Ariekei waren keine Pazifisten. Manchmal führten sie obskure interne Morde und Fehden durch, wie man mir gesagt hatte; und was auch immer Wyatt erzählt hatte, was auch immer die Gründe gewesen waren, es hatte zwischen unseren Spezies gewaltsame Konfrontationen und Tote gegeben in den Anfangsjahren des Kontakts. Die Benimmregeln zwischen uns und den Gastgebern waren sehr streng, und seit Generationen hatte es keine Probleme in den Beziehungen mehr gegeben. Daher fühlte es sich absurd an, sich vorzustellen, dass die Ariekei, die Gastgeberstadt, sich jemals gegen Botschaftsstadt wenden würde. Aber wir waren einige Tausend und sie viele, viele Male mehr – und sie besaßen Waffen.
    Wyatt war mehr als ein Bürokrat. Er repräsentierte Bremen – offiziell unser Beschützer –, und als solcher musste er bewaffnet sein. Sein Personal war verdächtig athletisch für Büromenschen. Es war wohlbekannt, dass es geheime Waffenlager in Botschaftsstadt gab, auf die Wyatt allein Zugriff besaß. Die verborgenen Silos sollten Gerüchten zufolge Feuerkraft von einer ganz anderen Größenordnung als die unserer eigenen armseligen Gewehre enthalten. Diese Waffen waren dort zu unserem Nutzen, wie natürlich behauptet wurde. Bremen-Offizielle kamen hier an mit den Schlüsseln, die tief in ihren Augmens kodiert waren. Es war undiplomatisch und ein bisschen beängstigend von Wyatt, so unverhohlen zu behaupten – selbst mir gegenüber, einer Art Außenseiterin und einer Art Freundin von ihm –, dass seine Mitarbeiter Soldaten mit einem Zugriff auf Waffen waren und er ihr kommandierender Offizier.
    Es stimmte, dass er geduldig war. Er sah über die geringfügigen bis mittelschweren Unterschlagungen von Botschaftsstadt hinweg, wenn die Flapos kamen und wenn alle paar Jahre die Steuern für Bremen eingesammelt wurden. Er ermutigte seine Beamten, mit dem Botschaftspersonal und den einfachen Bürgern zu verkehren, und genehmigte sogar die gelegentlichen Mischehen. Wie alle Posten in Kolonien war sein Job schwierig. Da er nur gelegentlich mit seinen Bossen kommunizieren konnte, waren Entschlusskraft und Flexibilität unabdingbar. Wir hatten zuvor übereifrige Frauen und Männer in seiner Position gehabt, und das hatte zu einer schlimmen Politik geführt. Wyatt hatte das Gefühl, dass man ihm im Gegenzug für seine taktvolle Haltung etwas schuldete. Dass die Botschafter sich unfair verhielten.
    Ich mochte Wyatt, doch er war blauäugig. Er war Bremens Mann, wenn die Lichter ausgingen. Ich verstand dies – und was es bedeutete, selbst wenn er das nicht tat.

Einstmals, 5
    Gastgeber hüpften manchmal in Sicht, alleine oder in kleinen Gruppen und mit Zellen bei ihren Füßen. Sie spazierten mit ihren verlangsamten Hoppelschritten durch unsere Gassen. Wer kann sagen, welchen Besorgungen sie nachgingen? Vielleicht waren sie auf einer Besichtigungstour oder nahmen Routen, die entsprechend merkwürdiger Topografien Abkürzungen durch unser Viertel waren. Einige drangen tief in den Äoli-Hauch ein, direkt in die Bezirke von Botschaftsstadt, und ein paar von ihnen sahen nach den Similes. Diese Ariekei waren Fans.
    Alle paar Tage trafen ein oder

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