Stadt der Sterne strava2
solchen Aggressionen fähig war. Sie wollte eine heile Familie und konnte es nicht ertragen, dass sich ihre Tochter und ihr Stiefsohn hassten.
»Du wirkst im Moment so unglücklich, Georgia«, sagte sie jetzt. »Würdest du gerne eine Weile verreisen?« Georgia sah ihre Mutter erstaunt an. Dr. Kennedy hatte sie für gesund genug erklärt morgen wieder zur Schule zu gehen. »Bist nur ein bisschen kaputt; das kommt gegen Ende des Schuljahrs vor. Zu viele Hausaufgaben«, war seine Diagnose gewesen. »Und die Schule?«
»Nein, die paar Tage kannst du noch gehen«, sagte Maura. »Ihr bekommt ja keine Hausaufgaben mehr auf. Aber Alices Mutter hat mich gefragt, ob du Alice gern begleiten würdest, wenn sie am Sonntag zu ihrem Vater nach Devon fährt. Alice hat gefragt, ob du mitdarfst. Und sie hat da unten sogar ein Pferd.«
»Das weiß ich«, erwiderte Georgia automatisch, während ihre Gedanken kreisten. Es würde herrlich sein, der Atmosphäre hier im Haus zu entkommen. Und die Aussicht, mehr Zeit mit Alice zu verbringen, war verlockend. Vor allem gefiel ihr die Vorstellung, dass Alice sie eingeladen hatte. Sie waren doch immerhin erst ganz kurz befreundet. Aber würde sie in der Lage sein, von Devon aus nach Remora zu reisen? Obwohl – sie wusste ja nicht mal, ob sie mit dem zerbrochenen
Talisman überhaupt reisen konnte.
»Wann hast du denn die Mutter von Alice gesehen?«, fragte sie, um Zeit zu gewinnen.
»Sie hat mich bei der Arbeit angerufen«, sagte Maura. »Alice hat sich Sorgen gemacht, als du heute nicht in die Schule gekommen bist. Sie wollte dich selbst einladen, aber sie hat Angst gehabt, dass du vor den Ferien vielleicht gar nicht mehr kommen würdest.«
»Ich würde sehr gerne fahren«, sagte Georgia. Maura seufzte vor Erleichterung.
Damit war mal ein hormongeplagter Teenager für eine Weile aus dem Haus. Und vielleicht konnte sie Ralph überreden mit Russell zu sprechen, während Georgia fort war. Und außerdem würde Georgia diesen seltsamen Mann, von dem Russell erzählt hatte, nicht mehr besuchen. Zumindest nicht, bevor Maura ihn sich mal gründlich angesehen hatte.
Falco humpelte das große Treppenhaus der Sommerresidenz hinunter. Den ganzen Morgen hatte er auf einen Besuch von Lucien und, wie er hoffte, Georgia gewartet. Aber keiner war gekommen. Der Palast war verlassen und still und Falco verlor allmählich den Mut. Hilflos sah er die Treppe hinunter und betrachtete die vielen Stufen, die er noch vor sich hatte, dann blickte er zurück, um zu sehen, wie viele er schon geschafft hatte. Aus dem Augenwinkel sah er einen blauen Umhang, der hinter einer Säule verschwand. Er hatte ihn schon ein paar Mal bemerkt; außer ihm und der Dienerschaft war also noch jemand im Hause.
Doch dann fing die Glocke an der großen Tür zu läuten an und der Lakai ließ Lucien herein. Der junge Stravagante nahm zwei Stufen auf einmal und stand im Nu vor dem Jungen.
»Es tut mir Leid, dass ich nicht eher gekommen bin«, sagte er. »Aber ich war den ganzen Tag in der Stadt und musste etwas erledigen. Wo können wir ungestört reden?«
Am Donnerstag nahm Georgia das geflügelte Pferd vorsichtig von der Fensterbank und betrachtete es. Es war gut getrocknet. Behutsam hüllte sie es ein und steckte es in die Tasche. Sie würde es heute mit in die Schule nehmen und am Abend wollte sie probieren, ob es sie nach Remora bringen würde. Alice wartete im Schulzimmer schon auf sie und sie freute sich offensichtlich, als sie sah, dass Georgia gesund wirkte. Und Georgia fühlte sich wirklich viel besser. Sie hatte erwartet, dass sie vor lauter Sorgen nicht schlafen würde, aber überraschenderweise hatte sie tief und fest geschlafen und war jetzt fitter als seit langem.
»Du kommst doch mit nach Devon?«, flüsterte Alice, während der Lehrer die Anwesenheit überprüfte. »Meine Mutter hat gestern Abend mit deiner gesprochen.«
Georgia nickte. »Ja. Vielen Dank. Das wird toll. Darf ich mal auf deinem Pferd reiten?«
»Na klar«, sagte Alice. »Wir können uns doch abwechseln.«
»Alice?«, flüsterte Georgia. »Kannst du eigentlich ohne Sattel reiten?«
Alice konnte gerade noch nicken, ehe sie von Ms Yates ermahnt wurden nicht zu schwatzen.
Lucien sah sich in dem langen Ballsaal erstaunt um. Am hinteren Ende standen Musikinstrumente, die in Stoffbahnen gehüllt waren, und hunderte von Spiegel reflektierten ihre beiden Gestalten, wie sie dort in der Mitte standen.
»Gibt es keinen etwas… kleineren Raum?«, fragte
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