Stadt der Sterne strava2
starrte sie mit unverhohlener Verachtung an. »Was stöberst du hier dauernd rum?«, fragte er sie beim zweiten Mal. »Ich packe für Devon«, sagte Georgia abweisend. »Was geht dich das überhaupt an?«
»Ah, natürlich«, sagte er. »Die neue Freundin. Noch so eine Pferdenärrin. Da könnt ihr euch ja gemeinsam aufgeilen, wenn ihr auf euren Pferden sitzt.«
Georgia sah ihn nur verächtlich an. Doch kurz danach hörte sie ihn nach unten gehen und rannte noch mal zum Schrank. Sie musste ein neues Exemplar suchen, dessen Gummizug noch eng war, denn Russell war viel dicker als der zarte Falco. Ihr Herz klopfte heftig, während sie die Shorts aus dem Schrank zerrte und sie danach bei den Stöcken versteckte. Was um Gottes willen würde Russell sagen, wenn er je herausfinden würde, dass sie ein Paar seiner Boxershorts hatte! Zum Glück hatte sie keine Zeit, lange darüber nachzudenken, denn ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie zu spät zu ihrer Geigenstunde kommen würde.
Eilig rannte sie mit Geigenkasten und Notentasche durch die Straßen. Als sie sich dem Haus der Mulhollands näherte, verlangsamte sie ihr Tempo. So viel war seit der letzten Woche geschehen!
Bis jetzt war ihr noch nicht der Gedanke gekommen, wie seltsam es sein würde, Luciens Mutter gegenüberzutreten. Vicky Mulholland öffnete ihr mit der üblichen freundlichen Begrüßung, doch diesmal sah Georgia sie genauer an und suchte nach Anzeichen von Trauer hinter dem Lächeln. Als die Stunde vorüber war, lud Vicky sie zu ihrer Überraschung zu einer Tasse Tee ein. »Das war meine letzte Stunde heute«, sagte sie. »Alle meine anderen Freitagsschüler fahren schon in die Ferien, sobald die Eltern Zeit haben.« Georgia blieb gerne noch ein bisschen; sicher würden sie über Lucien reden? Sie betrachtete sein Foto, als Vicky ein Tablett mit Bechern und Keksen hereinbrachte. »Du hast meinen Sohn doch ein bisschen gekannt, nicht?«, sagte Luciens Mutter.
»Ja. Aus dem Schulorchester.« Georgia nahm dankbar einen Schluck Tee und überlegte, wie viel älter Lucien inzwischen schon aussah. »Es tut mir so Leid, was passiert ist.« Es folgte eine Pause. Georgia musste daran denken, was Lucien ihr erzählt hatte: Dass er manchmal für ein paar Augenblicke in seine alte Welt zurückreisen konnte. Er sagte, seine Eltern hätten ihn dabei gesehen, und Georgia fragte sich, was Vicky bloß dachte, wenn ihr verstorbener Sohn auf unerklärliche Weise auftauchte. Bestimmt hatte sie doch zuerst gedacht, dass sie Halluzinationen hatte? War sein Anblick für die trauernde Mutter gut oder schlimm gewesen?
Doch Georgia wusste, dass sie darauf wohl nie eine Antwort bekommen würde.
So etwas würde ihre Geigenlehrerein ihr gegenüber bestimmt nicht erwähnen.
»Findest du es albern, dass ich sein Bild immer noch aufgestellt habe?«, fragte Vicky plötzlich.
»Aber nein, natürlich nicht«, sagte Georgia. »Er fände es bestimmt schön.«
Vicky sah sie etwas befremdet an. »Das glaube ich auch«, sagte sie leise. »Er fehlt mir so sehr.«
Lucien machte Fortschritte beim Reiten. Er lernte bereits von Schritt in Trab überzugehen, doch hinterher tat ihm alles weh und er war kaputt. Dondola war ein sanftes Pferd und Dethridge ein geduldiger Lehrer. Von Cesares Können war Lucien jedoch noch weit entfernt. Der junge Talianer flog auf Arcangelo ohne Sattel um die Rennbahn und Lucien war nicht der Einzige, der ihm mit einer Mischung aus Bewunderung und Neid zusah. Die Stallmeister der anderen Bezirke waren alle anwesend, schauten ihren eigenen Reitern zu und verglichen sie mit der Konkurrenz.
Lucien blieb nach seiner Reitstunde am Rennplatz und schaute den anderen so lange zu, dass er immer noch dort war, als Georgia auftauchte.
»Er ist doch einfach erstaunlich, was?«, sagte er.
»Ganz toll«, stimmte Georgia ihm zu. »Und er harmoniert so gut mit Arcangelo.
Es wird schwer sein, die beiden zu schlagen.«
Cesare stieg ab und kam auf sie zu. Er war verschwitzt und lächelte.
»Willst du es jetzt mal versuchen, Georgia?«, fragte er.
Lucien sah zu, während Georgia eine Runde auf dem großen Braunen machte.
Sie konnte gut reiten, kein Zweifel. Ohne Sattel ritt sie nicht schneller als einen flotten Trab, doch sie saß sicher und erreichte eine ganz schöne Geschwindigkeit.
Als sie zu Lucien zurückkam, glühte sie vor Stolz.
»Lass uns irgendwo miteinander reden«, sagte er.
Sie setzten sich auf eine grasbewachsene Böschung mit Blick auf die
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