Stadt der Sterne strava2
Lucien hatten versucht ihm vom Leben im einundzwanzigsten Jahrhun
dert zu erzählen, hatten es dann aber schnell wieder aufgegeben. Falco konnte sich einfach keine Vorstellung von Wagen machen, die ohne Pferde fuhren.
»Wenn sie nicht vorgespannt werden, schieben sie dann den Wagen von hin
ten?«, fragte er ungläubig. Schließlich erschien es ihnen einfach besser, ihn erst bei seiner Probereise mit Autos zu konfrontieren.
Georgia aß wenig und alle drei waren bemüht, die bevorstehende Reise voranzu
treiben. Nachdem es in Talia dunkel wurde, hatten sie nur wenige Stunden. Falco entließ die Diener und Georgia und Lucien kamen mit ihm in sein Zimmer. Dort löste Georgia den Ring aus ihrer Augenbraue. Sie reichte ihn dem Jungen, der ihn verwundert von allen Seiten betrachtete, ehe er ihn an den kleinen Finger steckte.
Hinter einer Trennwand zog er sich um. Er tauchte wieder auf und sah in seinem weißen Nachtgewand lächerlich jung und zart aus. Er setzte sich ans Fußende seines riesigen Bettes.
»Was soll ich jetzt machen?«, fragte er.
Georgia setzte sich neben ihn. »Es ist ganz einfach und doch schwierig. Du musst versuchen einzuschlafen und dabei an meine Heimat in England zu denken, wo der Ring herstammt. Ich erzähle dir davon, damit du es dir vorstellen kannst.
Komm, leg dich ins Bett. Ich lege mich neben dich.«
Mit einiger Mühe kletterte der Junge in das hohe Bett und Georgia legte sich ne
ben ihn auf die Brokatdecke.
»Das ist jetzt wie eine Gutenachtgeschichte«, sagte sie. »Ich beschreibe dir mein Haus und mein Zimmer. Und denke bitte daran, was ich dir über das Aufwachen in meiner Welt gesagt habe. Wenn alles richtig klappt, bin ich auch da. Wenn ich noch schlafe, weckst du mich einfach.«
Sie holte ihren eigenen Talisman hervor.
»Luciano«, sagte Falco, »verlass uns nicht.«
»Nein«, beruhigte ihn Lucien und ließ sich in einem Stuhl am Bett nieder. »Ich bleibe.« Er wusste, dass es eine lange Nacht werden würde.
Die Sonne strömte in Georgias Zimmer und fiel auf ihr Gesicht. Sie lag auf ihrem Bett, in T-Shirt und Hose, und schmiegte sich an den knochigen Rücken des jungen Chimici. »Falco«, flüsterte sie, »geht es dir gut?« Er drehte sich zu ihr um und der Blick seiner großen Augen huschte durchs Zimmer.
»Wir haben es geschafft!«, sagte er. Vorsichtig streifte er den Ring vom Finger und Georgia befestigte ihn wieder in der Augenbraue.
Dann sprang sie vom Bett, weil sie ihn möglichst rasch in seine englischen Kleider stecken wollte. Sie zeigte ihm alles, einschließlich der Unterwäsche, die ihn ziemlich verwirrte. Dann gab sie ihm die Stöcke.
»Ich ziehe mich im Badezimmer an«, sagte sie. »Und während ich weg bin, ziehst du diese Sachen hier an und versteckst dein Nachthemd in meinem Bett.
Ich schließe hinter mir ab.«
Falco nickte nur und sie raffte ihre Kleider zusammen und ging.
Es war frühmorgens am Samstag und die anderen waren noch nicht auf. Eilig duschte sie, kleidete sich an und kehrte in ihr Zimmer zurück. Sie konnte es nicht riskieren, vorher anzuklopfen, deshalb schloss sie einfach auf und trat ein, wobei sie hoffte, dass Falco schon bekleidet war. Zu ihrer Verwunderung sah sie einen ganz normalen Jungen auf ihrem Bett sitzen. Gewiss, er sah verwirrt aus und hatte das T-Shirt falsch herum angezogen. Aber eigentlich war er ungewöhnlich hübsch. Und sah nicht unbedingt aus, als käme er aus einer anderen Dimension. »Du siehst toll aus, Falco«, flüsterte sie. Er bemühte sich zu lächeln. »Es tut mir Leid«, sagte er, »aber ich muss mich mal erleichtern.«
»Aber sicher«, erwiderte Georgia. »Das Badezimmer ist die erste Tür rechts. Aber du musst ganz leise sein.«
Der Gedanke, dass Russell auf dem Flur mit Falco zusammentreffen könnte, war nicht zu ertragen. Sie reichte Falco die Stöcke und er stand auf, zögerte aber.
»Ich brauche aber kein Bad«, sagte er. Georgia verfluchte sich, dass sie ihm am Abend zuvor so etwas Entscheidendes nicht erklärt hatte. Ausführlich und gleichzeitig behutsam, um ihn nicht verlegen zu machen, erklärte sie ihm, wie moderne Sanitäreinrichtungen funktionierten. Er bekam große Augen.
Sie begleitete ihn zur Tür und passte auf, während er ins Badezimmer hinkte. Sie hatte ihm zwar das Türschloss beschrieben, aber solange er sich im Bad aufhielt, war ihr Körper starr vor Angst. Das ganze Unterfangen schien ihr auf einmal unmöglich – und das hier war ja nur der Probedurchlauf. Dann hörte sie
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