Stadt der Sterne strava2
von Männern, die auf einen Stier einstachen. Ein kleiner Hund sprang an dem Tier hoch und leckte die marmornen Blutstropfen auf, die aus seiner Dolchwunde strömten. Falco starrte das Standbild eine Ewigkeit an.
»Mithras«, sagte Georgia. »Römisch, zweites Jahrhundert nach Christus.«
»Das Gleiche steht auch in unserem Palast in Santa Fina«, sagte Falco mit leiser Stimme. »In einem Hof – ich zeige es dir, wenn du das nächste Mal da bist. Wir nennen es natürlich remanisch.«
Schließlich erreichten sie Saal 72, Italien vor dem Römischen Reich, und sie machten sich auf die Suche nach dem geflügelten Pferd. Falco wollte sich hier jetzt selbst rollen, daher bewegten sich die beiden in verschiedene Richtungen.
Plötzlich rief Falco: »Georgia – komm und sieh dir das hier mal an!«
Sie eilte hinüber, um zu sehen, was er entdeckt hatte. Es waren vier Bronzefiguren von Knaben mit ihren Pferden, alle ungefähr zehn Zentimeter hoch. Auf dem Etikett stand: Vier Bronzestatuetten von Knaben, die von ihren Pferden absteigen; Beiwerk einer Urne aus Campanien. Etruskocampanisch, um 500-480 v.Chr.
Wahrscheinlich in Capua entstanden. Die Knaben scheinen an einem urtümlichen griechischen Rennen teilgenommen zu haben, bei dem die Reiter abstiegen und das letzte Stück laufend neben ihren Pferden zurücklegten.
Die Knaben waren alle nackt und hatten die Haare in sehr mädchenhaftem Stil zurückgebunden, aber sie waren athletisch und muskulös und ritten ohne Sattel.
Alle stiegen nach rechts ab.
»Sind sie nicht wundervoll?«, sagte Falco. »Weißt du, dass die Stellata von so einem Rennen abstammen soll? Dieses Rennen unserer Vorfahren – der Rasen-na, wie wir sie nennen – fand auf einer Geraden statt und auf dem letzten Stück sind die Reiter abgestiegen. Gewinner waren Ross und Reiter, die die Ziellinie als Erste überquert haben.«
Doch das geflügelte Pferd fanden sie dann an einem anderen Platz im gleichen Saal. Es war keine Figur, sondern ein Bild auf einer schwarzen Schale. Und unter einer Museumstafel mit den geschichtlichen Daten der Etrusker fanden sie noch eine ähnliche Zeichnung: die Darstellung von zwei geflügelten Terracotta-Pferden, die Seite an Seite nahe beieinander standen – ein Fundstück aus Tarquinia. Nachdem sie an einem Stand vor dem Museum Hotdogs und Pepsi zu sich
genommen hatten, machten sich Georgia und Falco auf den mühsamen Rückweg. Der talianische Junge war vollkommen überwältigt von den Erlebnissen des Tages und so erschöpft, dass Georgia ihn entkleiden und in sein Nachtgewand stecken musste. Stillschweigend ließ sie ihm Russells Boxershorts an. Falco hatte keine Mühe, auf Georgias Bett einzuschlafen, nachdem sie ihm den Ring gegeben hatte. Sie sah zu, wie er verschwand, wobei er zunächst verblasste und durchsichtiger wurde. Sie wagte nicht mitzukommen und hoffte nur, dass er auch alleine sicher zurückreisen würde.
Lucien wachte durch ein Geräusch vom Bett her auf, obwohl es noch Nacht war.
Falco saß kerzengerade vor ihm. Er blickte an dem Spitzenbesatz seines Nacht
hemds hinunter und fing an zu zittern. Lucien setzte sich neben ihn und legte ihm den Arm um die Schultern.
»Wie ist es gewesen?«, fragte er.
»Es war… unbeschreiblich«, sagte Falco. »Eine Welt voller Wunder.« Er drehte an dem Silberring an seinem Finger.
»Und ist es dir dort gesundheitlich besser gegangen?«, wollte Lucien wissen.
»Es war, wie du gesagt hast«, erwiderte Falco. »Mein Bein blieb unverändert.
Aber ich habe mich die meiste Zeit ziemlich kräftig gefühlt. Und ich bin sicher, dass dieser Ort die Magie besitzt, die ich brauche, damit ich gesund werde.«
»Nicht Magie – Wissenschaft«, sagte Lucien im Dunkeln und erinnerte sich, wie er einst das Gleiche zu Rodolfo gesagt hatte. Nur dass er sich jetzt nicht mehr ganz so sicher war.
Kapitel 17
Die Transfiguration
Es fiel Georgia schwer, dazusitzen und zuzusehen, wie Falco aus dem Zimmer verschwand. All ihre Instinkte riefen ihr zu ihren Talisman hervorzuholen und ihm nachzustürzen. Aber sie wusste, dass Lucien ihn in Santa Fina erwarten würde, und sie selbst wagte es nicht, schon am Nachmittag zu verschwinden. Sie konnte Maura auch schon rufen hören. Sie würde also bis zum Abend warten müssen, bevor sie herausfinden konnte, was in Santa Fina passiert war. »Ah, Georgia«, sagte Maura und steckte den Kopf zur Tür herein. »Ich dachte doch, dass ich dich gehört habe. Wie war’s denn im Britischen
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