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Stadt des Schweigens

Stadt des Schweigens

Titel: Stadt des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margret Krätzig Erica Spindler
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Ort zum Leben?
    Darin unterschieden er und seine Generäle sich von der alten Gruppe. Er hatte seine Leute sorgfältig ausgewählt. Ihre Hingabe an die Sache, ihre Entschlossenheit und ihr Eifer standen seiner Haltung in nichts nach.
    Er war bereit, für die Sache zu sterben und zu töten.
    „Hat die Fremde auch einen Namen?“ fragte der Vollstrecker.
    Niemand antwortete. Ein General namens Flügel erklärte, sie sei soeben ins Gästehaus eingezogen.
    Der Vollstrecker nickte. Ihr Name war leicht herauszufinden. Ein Anruf, und er hatte ihn. „Behalten wir sie im Auge“, entschied er. „Sie darf keinen Schritt machen, von dem wir nichts wissen. Wenn sie ein größeres Risiko wird, ergreifen wir Maßnahmen.“
    Er sprach leise mit Falke, seinem vertrauenswürdigsten General. Der Mann neigte kaum sichtbar den Kopf. Der Vollstrecker lächelte. Falke verstand und stimmte zu. Notfalls würden sie sich dieser Gefahr so entledigen wie der letzten.
    Voller Entschlossenheit vertagte er die Sitzung.

8. KAPITEL
    Im Azalea Cafe gab es die besten Buttermilchpfannkuchen der Welt. Fett, luftig und auch ohne Sirup leicht süß. Avery gierte auch nach zwölf Jahren Abwesenheit noch danach. Und nachdem sie das ganze Wochenende damit verbracht hatte, ihr Elternhaus für den Verkauf herzurichten, war ein Abstecher ins Azalea nicht nur eine Belohnung, sondern eine Notwendigkeit.
    „Morgen, Peg!“ rief sie beim Eintreten der grauhaarigen Frau hinter dem Tresen zu. Peg Becnal führte das Cafe in der dritten Generation. Ihre Großmutter hatte das Lokal eröffnet, weil sie ihre fünf Kinder ernähren musste, nachdem ihr Mann im Zweiten Weltkrieg gefallen war.
    „Avery, Liebes!“ Peg kam um den Tresen herum und umarmte sie stürmisch. Sie roch nach Sirup und Schinkenspeck. „Die Sache mit deinem Dad tut mir furchtbar Leid. Wenn ich etwas für dich tun kann, lass es mich wissen.“
    Avery erwiderte die Umarmung. „Danke, Peg. Das bedeutet mir viel.“
    Als Peg sie losließ, bemerkte Avery, dass ihre Augen tränenfeucht waren. „Jede Wette, du bist wegen meiner weltbekannten Pfannkuchen hier.“
    Avery lächelte. „Bin ich so leicht zu durchschauen?“
    „Du hast deinen ersten kleinen Stapel verputzt, als du zwei warst. Ich weiß noch, dass dein Daddy und deine Mama fast umgefallen sind vor Schreck, weil du alles aufgegessen hast.“ Sie strich über ihre Schürze. „Setz dich irgendwohin. Ich schicke Marcie mit dem Kaffee.”
    Die berufstätigen Mittagsgäste waren schon fort, sodass Avery die freie Tischwahl hatte. Sie schlüpfte in eine Nische am Fenster mit Blick auf den Stadtplatz, wo mit den Vorbereitungen für das Frühlingsfest begonnen wurde. Arbeiter der Stadt befestigten Lichterketten in den Bäumen und an der Laube. Freitagnacht würde alles erstrahlen wie im Märchenland.
    Ein Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. Louisiana feierte gern, und man nutzte in allen Städten jede Gelegenheit dazu. Das Frühlingsfest war Cypress Springs’ Beitrag zu dieser Tradition, ein typisches Wochenendfest mit Essensbuden, Kunsthandwerk, Musik und Karnevalsumzügen für die Kinder. Aus dem ganzen Staat würden die Besucher kommen und auch das letzte Gästebett belegen. Sie war jedes Jahr zu dem Fest gegangen, solange sie hier gelebt hatte.
    „Kaffee?“
    Avery drehte den Kopf. „Ja, danke.“
    Das Mädchen füllte ihre Tasse und stellte ein Sahnekännchen dazu. Avery gab Sahne und Zucker in ihren Kaffee und ließ den Blick wieder zum Stadtplatz wandern.
    Das Wochenende war für sie ein Wechselbad der Gefühle gewesen. Verzweiflung und Dankbarkeit, Tränen und Gelächter hatten nah beieinander gelegen. Freunde und Nachbarn waren gekommen, um nach ihr zu sehen, und hatten Speisen und Blumen mitgebracht. Den meisten war sie zuletzt bei der Beerdigung ihrer Mutter begegnet. Sie blieben eine Weile, um mit ihr nette, lustige und wertvolle Erinnerungen an ihren Vater zu teilen. Etliche drückten ihr Bedauern aus, nicht auf sein bizarres Verhalten reagiert zu haben. Die Anteilnahme und Zuneigung erleichterten ihr, was sie hier zu tun hatte.
    Vor allem gab man ihr das Gefühl, nicht allein zu sein.
    Avery hatte fast vergessen, wie es war, unter Freunden zu leben, nicht nur ein Name oder eine Postfachnummer zu sein, sondern eine echte Person, die schon allein deshalb wichtig war, weil sie zur Gemeinschaft gehörte.
    Versonnen nippte sie an ihrem Kaffee, in Gedanken bei der Beerdigung ihres Vaters. Danny Gallagher hatte ihr eine Totenwache für

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