Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadt, Land, Kuss

Stadt, Land, Kuss

Titel: Stadt, Land, Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Woodman
Vom Netzwerk:
Knöchel.
    Während sich Gloria über die Kekse hermacht, ohne mich weiter zu beachten, mustere ich verstohlen den Teppich. Flöhe hüpfen fröhlich darauf herum, und ich werde bei lebendigem Leib aufgefressen, allerdings scheint Gloria das gar nicht zu bemerken.
    Ich weiß nicht, wo sie die Kekse hinsteckt, aber innerhalb weniger Minuten sind sie alle verschwunden. Gloria beginnt die Packung so sorgfältig zusammenzulegen, als falte sie Origami, doch dann scheint sie die Geduld zu verlieren und knüllt sie zu einer Kugel zusammen, die sie einfach neben sich auf den Boden fallen lässt. Die schwarze Katze mit den leuchtenden Augen stürzt sich darauf, nimmt sie ins Maul und trägt sie mit hoch erhobenem Schwanz davon.
    Ich habe das Gefühl, ich müsste ein Gespräch beginnen, doch ich weiß nicht, was ich sagen soll. »Nettes Haus haben Sie« kommt ja wohl kaum in Frage.
    »Das ist Tom.« Gloria nickt zu einem Foto auf dem mit Zierrat vollgestellten Kaminsims hinauf. »Das Bild wurde bei unserer Hochzeit aufgenommen. Und das«, sie zieht sich aus dem Sessel hoch und deutet auf ein paar Urnen, »sind unsere gemeinsamen Hunde.« Sie nimmt eine davon in die Hand, reibt mit dem Ärmel darüber und beäugt die Plakette auf der Vorderseite. »Ich kann es nicht lesen.« Sie hält mir die Urne vors Gesicht. »Was steht da?«
    »Julius.«
    »Der gute Julius. Er war Toms Liebling, ein hübscher Springer-Spaniel, der am liebsten auf Toms Hausschuhen herumkaute.« Sie stellt Julius zurück und nimmt eine andere Urne in die Hand, doch mein Interesse gilt eher den Lebenden als den Toten. Je mehr ich hier sehe, desto dringender will ich Ginge untersuchen.
    Ohne zu fragen, sammele ich die Tassen ein und bringe sie in die Küche. Es sieht aus wie in den schlimmsten Folgen dieser Putzteufel-Sendungen im Fernsehen, wo erfahrene Hausfrauen völlig verdreckte Wohnungen wieder auf Vordermann bringen. Überall sitzen Katzen, auf dem Kochfeld, auf der Arbeitsfläche und auf der Fensterbank. Eine leckt an dem Fett, das in einer Pfanne erstarrt ist, und eine andere inspiziert den Kühlschrank, dessen Tür von einem Teller offen gehalten wird, auf dem es von Fliegen nur so wimmelt.
    »Wie viele Katzen haben Sie insgesamt, Gloria?«
    Sie ist mir gefolgt und wirkt nicht gerade erfreut über mein Eindringen in ihre Privatsphäre.
    »Siebenundzwanzig, dazu die Jungen«, antwortet sie nach einigem Zögern. »Aber das sind nur die Hauskatzen. Draußen hinter dem Haus gibt es noch ein kleines Katzenhaus. Da habe ich noch einmal elf. Und dann sind da noch die Streuner – allerdings weiß ich nicht genau, wie viele das sind.«
    »Ich möchte das Katzenhaus sehen.«
    »Ach, damit brauchen Sie wirklich nicht Ihre Zeit zu vergeuden.« Glorias Nacken versteift sich. »Weshalb sind Sie überhaupt hier?«
    »Das habe ich Ihnen doch gesagt – ich habe Ginges Tabletten vorbeigebracht. Ich dachte, so könnte ich Ihnen den Weg in die Stadt ersparen«, erwidere ich lahm. Ich bewege mich langsam durch die Küche und schmiede Pläne, wie ich durch die Hintertür nach draußen gelangen könnte, um zu sehen, welche Schrecken sich dahinter verbergen. Es ist sehr großherzig von Gloria, dass sie all diese Tiere gerettet hat, aber mittlerweile sieht es doch eher so aus, als müssten sie vor ihr gerettet werden.
    Sie stellt sich mir in den Weg.
    »Gehen Sie zurück in Ihre Praxis, junge Frau!« Ihre Stimme klingt wie das schrille, klagende Jammern einer gequälten Katze. »Ich rufe die Polizei.«
    »Das ist keine gute Idee, Gloria. Wenn die Polizisten sehen, welche Zustände hier herrschen, rufen sie sofort den Tierschutzverein an.« Mir kommt der Gedanke, dass es genau das ist, was ich auch tun sollte, aber etwas in Glorias Blick hält mich davon ab. Es bricht einem das Herz. Sie sieht mich an wie ein Tier, das sich in einer Schlinge verfangen hat. Mir fällt auf, dass sie nicht nur ihr Gesicht und ihr Haar, sondern auch ihre Ohrringe gepudert hat. »Ich will Ihnen helfen.«
    Ich drücke mich an ihr vorbei, ignoriere ihr Flehen, sie doch endlich in Ruhe zu lassen, und öffne die Hintertür. Ein weißer Westie und ein schwarzer Scottish Terrier stürmen springend und bellend vom gegenüberliegenden Ende eines kleinen betonierten Hofes auf mich zu. Sie sind überglücklich, mich zu sehen, als wüssten sie, dass ich den Schlüssel zu ihrer Freiheit in der Hand halte.
    »Große Klappe und nichts dahinter, was, ihr zwei?« Ich gehe neben ihnen in die Hocke. »Wie heißen

Weitere Kostenlose Bücher