Stadt, Land, Kuss

auch nicht mehr wichtig. Haben Sie nicht den Chronicle von letzter Woche gelesen?«
    Ich nicke und erinnere mich an die Schlagzeile der hastig erstellten Spätausgabe: »Es bleibt immer etwas hängen.« Die Reporterin hatte den Mann interviewt, der für das Versprühen der Gülle verantwortlich war. Er arbeitet für die Fox-Giffords und behauptete steif und fest, es habe an einem technischen Problem gelegen. Außerdem wurde PC Phillips mit der Aussage zitiert, bei der Vermutung, der Vorfall sei auf einen Kleinkrieg zwischen den rivalisierenden Tierarztpraxen in Talyton zurückzuführen, handele es sich um reine Spekulation. Meiner Meinung nach stimmte nicht ein Wort in dieser ganzen Ausgabe.
    Seit heute Morgen stehen Warnschilder und »Sicherheits«-Kegel vor der Praxis, die die Fußgänger vom Bürgersteig in den fließenden Verkehr auf der Straße leiten, und Nigel kümmert sich darum, dass das Haus in der kommenden Woche eingerüstet wird. Der starke Regen der letzten Nacht hat noch mehr Putz abfallen lassen, und die Feuchtigkeit ist bis ins Wohnzimmer der Wohnung im oberen Stock durchgedrungen. Ich weiß nicht, wie viel es kosten wird, das alles zu reparieren, und ob Emmas Wohngebäudeversicherung die Schäden abdeckt. Aber ganz gleich, ob Unfall oder nicht, es erscheint mir nicht fair, dass die Fox-Giffords einfach so davonkommen sollen.
    »Wo muss ich hin?«, frage ich. »Ich bin Jurorin beim Haustierwettbewerb.«
    »Wenn Sie keinen Anstecker haben, müssen Sie auf dem Zuschauerparkplatz parken.« PC Phillips deutet nach rechts auf eine Fläche aus rostfarbenem Matsch.
    Na großartig! Ich schalte in den ersten Gang und krieche vorwärts, wobei ich versuche, immer so viele Räder wie möglich auf dem spärlich vorhandenen Gras zu halten, aber nach einigen Metern finden sie keinen Halt mehr. Ich trete das Gaspedal etwas fester, die Räder drehen durch, und ich stecke endgültig fest. Als ich aussteige, versinken meine hübschen limonengrünen Pumps im Schlamm, doch während ich mich gerade frage, ob ich hier warten muss, bis dieses gottverdammte Feld wieder getrocknet ist, naht Hilfe in Gestalt eines Ritters in glänzendem Traktor.
    Am Seitenfenster steckt ein Schild mit dem Spruch »Jungbauern tun’s in Gummistiefeln«, aber dann ist es doch ein ziemlich alter Bauer, der aus der Kabine auf mich herabschaut.
    »Morgen. Dickie Pommel, Ex-MFH, zu Ihren Diensten. « Er zieht seine Mütze und springt, erstaunlich behände für einen Mann über siebzig, zu mir auf den Boden.
    »Aha … und was ist ein MFH?«, erkundige ich mich.
    »Master of Foxhounds. Ich war viele Jahre Master der Talytoner Fuchsjagd.« Sein wettergegerbtes Gesicht verzieht sich zu einem faltigen Grinsen, als er meinen Wagen anschaut, mich prüfend mustert, wie wenn ich ein exotisches Tier wäre, das irgendwo aus dem Zoo entwichen ist, und dann mit den Schultern zuckt. »Wie ich sehe, hatten Sie keinen Platz für Ihre Gummistiefel, Liebes.«
    Er hakt das Seil los, das er um die Taille seines ausgebleichten roten Reitrocks geschlungen hat, zu dem er eine wasserabweisende Hose trägt, bindet damit mein armes Auto an seinen Traktor und springt anschließend zurück in die Kabine. Ein paar Minuten später hat er meinen Wagen, dessen Chassis protestierend ächzt, ans Ende einer Reihe Geländewagen geschleppt.
    Ich danke ihm, denke mit Schrecken daran, dass ich nachher wieder aus diesem Feld herausmuss, und stapfe quer durch den Schlamm auf die Bude zu, an der die Eintrittskarten verkauft werden. Nachdem ich der Frau in dem Verschlag erklärt habe, wer ich bin, gibt sie mir einen Anstecker, auf dem JURY steht, einen Gutschein für ein kostenloses Mittagessen im Aktivenzelt und ein Programmheft.
    »Ist das nicht vom letzten Jahr?«, frage ich, nachdem ich einen Blick auf das Deckblatt geworfen habe.
    »Nein, nein, das ist ein Druckfehler«, erklärt sie und linst durch ihre Halbmondbrille auf den Stapel mit Programmheften hinunter, »nicht, dass es etwas ausmachen würde. Das Programm bleibt eigentlich jedes Jahr gleich: Dexy’s Tanzende Bagger, die Kaltblüterschau und das Frettchenrennen. Bei unserer Landwirtschaftsschau ist für jeden etwas dabei. Außerdem haben wir ein großes kulinarisches Angebot: die Austernbar, ein ganzes Zelt mit verschiedenen Käsesorten und Mr Rocks Fish-and-Chips-Wagen. Und shoppen kann man hier auch ganz wunderbar.«
    Shoppen? Die Vision eines riesigen Kaufhauses voller aktueller Mode und Designerschuhe erscheint vor meinem