Stadt, Land, Mord - Granger, A: Stadt, Land, Mord - Mud, Muck and Dead Things
ihrer Nase haftete, führten sie dorthin zurück. Während sie in der Akte las, versuchte sie, sich die Szene vorzustellen, die sich an jenem schicksalhaften Tag abgespielt hatte. Sie sagte sich, dass es notwendig war zur Lösung des gegenwärtigen Falles, was zumindest ein Stück weit stimmte – immerhin hatte Eli Smith den neuen Leichnam gefunden. Doch in Wirklichkeit wusste sie, dass es morbide Faszination war, die sie antrieb.
Ah, hier kamen die Zeugenaussagen. Die erste von einer gewissen Mrs. Doreen Warble.
»Ich bin am Donnerstagnachmittag mit dem Fahrrad rüber zur Cricket Farm, um die Eier zu holen. Ich kaufe meine Eier immer bei Millie Smith. Wenn man sie auf der Farm kauft, weiß man, dass sie frisch sind. Ich kaufe nie Eier im Geschäft. Außerdem, ich kenne Millie schon seit Jahren, seit wir Kinder waren. Sie kriegt nicht … sie hatte nie viel Besuch. Cricket war nicht sehr einladend, nicht mit Albert, ihrem Ehemann. Aber ich hatte noch einen anderen Grund, um die Eier bei Millie zu kaufen. Millie hatte mich gerne bei sich, und sie hat immer einen Kuchen gemacht, wenn ich kam. Ich hab dann eine Stunde bei ihr rumgesessen und erzählt, was es an Neuigkeiten im Dorf so gab. Albert gefiel das nicht. Er hielt unsere Tasse Tee und unser Schwätzchen für typischen Weiberkram und Zeitverschwendung!
Ich muss daran denken, die richtige Zeit zu benutzen, jetzt, wo sie tot ist. Es fällt mir schwer zu glauben, dass sie nicht mehr da ist. Und Albert auch nicht. Es ist so, wie es im Gebetbuch steht. Mitten im Leben finden wir den Tod. Man weiß nie im Voraus, wann man geholt wird, nicht wahr? Ich hoffe nur, ich sterbe in meinem eigenen Bett und nicht so wie die arme Millie.
Mir fehlt unser wöchentliches Schwätzchen. Ich weiß noch gar nicht, wo ich jetzt meine Eier kaufen soll. Wer auch immer die Farm übernimmt, ob es nun Eli ist oder jemand anders, ich gehe bestimmt nie wieder nach Cricket. Ich werde sie immer sehen wie an diesem Donnerstag.
Im Hof war alles ruhig, aber das war nicht ungewöhnlich, wenn ich dort ankam. Es ging auf fünf Uhr zu. Die Hühner liefen herum und pickten im Dreck, wie sie das immer tun. Die Kühe waren noch nicht wieder im Stall zum Melken, aber es war nicht mehr lange hin, und ich wollte wieder weg sein, bevor es so weit war. Sie machen so einen Dreck auf der Straße, und ich muss mit dem Fahrrad mittendurch. Ich war ein wenig später dran, als ich eigentlich vorgehabt hatte. Ich frage mich immer und werde mich bis an mein Lebensende fragen, ob die Dinge anders gelaufen wären, wenn ich eine halbe Stunde eher gekommen wäre. Ob Millie noch am Leben oder ob ich ebenfalls tot wäre, wenn ich hineingeschneit wäre, als Nathan dieses Schrotgewehr abgefeuert hat.
Ich habe mich nicht besonders umgesehen. Ich hatte keinen Grund dafür, und ich hatte es eilig, weil ich so spät dran war. Ich stellte mein Rad an die Hauswand und ging außen rum zur Hintertür. Das hab ich immer so gemacht.
Als ich die Tür gerade erreicht hatte, kam Eli raus. Er stand vor mir, sodass ich nicht reinkam. Er sah wirklich ganz merkwürdig aus, das Gesicht kreidebleich und die Augen rot. Er hat kein Wort gesagt. Ich hab ihn gefragt, was denn los ist, ob ihm was fehlt? Ich musste zweimal fragen, und beim zweiten Mal hab ich ihn fast angebrüllt, bis er mich gesehen hat. Vorher dachte ich, er guckt geradewegs durch mich durch.
Jedenfalls, irgendwie ist er dann zu sich gekommen und hat mich angestarrt. ›Mum und Dad sind tot‹, hat er gesagt. Ich hab gedacht, ich hör nicht richtig. Mir ist das Blut in den Adern gefroren, und zur gleichen Zeit hab ich ihm nicht glauben wollen. Wie sollte ich auch? Alle beide? Gut und schön, wenn einer von ihnen plötzlich gestorben wäre, durch einen Herzanfall oder einen Unfall, das hätte ich ja noch verstehen können, aber beide? Nein, bestimmt nicht, auch wenn auf Farmen immer wieder Unfälle passieren, das ist normal. Also hab ich ihm sofort gesagt: ›Red keinen Unsinn, Eli!‹
›Geh rein, und sieh selbst nach, wenn du willst‹, antwortete er. ›Aber es ist kein schöner Anblick.‹
Ich fing an zu denken, dass wirklich etwas ganz Furchtbares passiert sein musste, und ich bekam es mit der Angst. Ich fragte ihn, wo Nathan wäre, und er sagte zu mir, im Haus, und nickte mit dem Kopf in Richtung Tür. Ich fragte ihn, ob mit Nathan alles in Ordnung wäre, und er meinte, wie man’s nimmt, abgesehen davon, dass er den Verstand verloren hätte.
Ich kann Ihnen sagen,
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