Stadt, Land, Mord - Granger, A: Stadt, Land, Mord - Mud, Muck and Dead Things
zog einen Windsorsessel für sie heran.
»Ich wusste, dass Milada zur Polizei gehen würde«, sagte er. »Es tut mir wirklich ausgesprochen leid, dass sie Sie belästigt hat. Ich habe versucht, es ihr auszureden.«
»Haben Sie? Aber warum denn?«, fragte Jess.
»Selbstverständlich habe ich. Weil alles Unsinn ist! Milada bildet sich das alles nur ein. Verstehen Sie, diese tote Frau, die man auf einer der Farmen hier in der Umgebung gefunden hat – das ist nicht Eva. Es kann nicht sein.« Westcott quetschte sich in eine Ecke auf einen wackligen Barhocker, der wahrscheinlich deswegen hierher gebracht worden war, damit kein Gast herunterfallen konnte.
Jess glaubte, sich denken zu können, warum Westcott so entschieden bestritt, dass die Tote seine verschwundene Kellnerin war. Schlechte Publicity. Er wollte nicht, dass die Polizei in sein Lokal kam und die Gäste ausfragte. Denn genau das würde passieren, sollte sich herausstellen, dass die Tote doch Eva war.
»Ich verstehe Ihre Situation«, begann sie vorsichtig. Sie wollte den Mann nicht verärgern. Noch nicht, heißt das. Sie wollte ihm jede Chance geben, sich kooperativ zu zeigen. »Ich verstehe sehr gut, dass es ein besorgniserregender Gedanke für Sie ist. Doch Eva ist verschwunden, und sie hat ihren Pass zurückgelassen und all ihre Sachen, wie Milada sagt.«
»Oh, sie wird jemanden herschicken, um alles abzuholen, sobald ihr danach ist. Sie hat wahrscheinlich einen neuen Job, das ist alles.«
»Hat sie gerne hier gearbeitet?«
»Sie wurde gut bezahlt, und die Arbeit ist nicht besonders anstrengend!«, sagte Westcott hastig. »Aber das Lokal liegt ein wenig abseits, und sie hatte kein eigenes Transportmittel. Sie hat sich oft darüber beschwert. Zehn zu eins, dass sie jetzt in Cheltenham arbeitet. In ein oder zwei Wochen spaziert sie hier herein, tut, als wäre nichts gewesen, und holt ihre Sachen. Sie wissen ja selbst, wie diese jungen Leute heutzutage sind.«
»Wenn ich recht informiert bin«, sagte Jess, »dann wurde Eva regelmäßig unten am Ende der Straße von jemandem abgeholt, der möglicherweise einen silbernen Mercedes fährt?«
»Die Mädchen hauen jeden um eine Mitfahrgelegenheit an. Ich habe sie selbst oft nach Cheltenham gebracht.«
»Einige Ihrer Gäste vielleicht auch, gelegentlich?«
Vorsicht spiegelte sich auf seiner Miene. »Äh, nun ja, woher soll ich das wissen? Offen gestanden, Inspector, ich bin nicht erfreut, wenn Sie meine Gäste befragen. Sie wollen keine persönlichen Fragen beantworten, die klingen, als würde man ihnen etwas unterstellen, wenn Sie verstehen. Meine Frau und ich haben hart gearbeitet für den guten Ruf unseres Restaurants. Das Geschäft geht gut, und ich bitte um Verzeihung, aber die Polizei, die während der Essenszeiten von Tisch zu Tisch geht und von jedem wissen will, wann er wo gewesen ist, ist wirklich das Letzte, was wir gebrauchen können.«
»Falls es sich um Mord handelt, muss ich leider jedem diese Fragen stellen, Mr. Westcott. Und glauben Sie mir, wir tun unser Bestes, taktvoll zu sein.«
»Ich sage Ihnen, es ist kein Mord!«, beharrte der Restaurantbesitzer. »Das ist nichts weiter als ein Hirngespinst von Milada! Sie ist so verdammt störrisch, unsere Milada. Man kann einfach nicht mit ihr reden!«
»Haben Sie es versucht?« Jess stellte sich vor, wie es abgelaufen war.
»Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass ich es versucht habe! Sie wollte sich nicht beruhigen lassen. Sie wollte zur Polizei, stur wie ein Panzer. Reine Zeitverschwendung – ist das eigentlich kein Vergehen? Wie dem auch sei, Eva ist nicht tot. Sie hat sich aus dem Staub gemacht, und sie hatte sicherlich ihre eigenen guten Gründe dafür.«
»Welche Gründe?«, hakte Jess augenblicklich nach.
Westcott zog die Augenbrauen zusammen. »Woher soll ich das wissen? Sobald Sie – die Polizei – anfangen, Fragen zu stellen, werden selbst die einfachsten Antworten verdreht und klingen so, als würde man irgendetwas verbergen wollen. Aber das tue ich nicht! Niemand hier tut das. Woher soll ich wissen, was im Kopf eines neunzehn Jahre alten Mädchens vorgeht, das in meinem Lokal kellnert?«
»Wie war ihr Englisch? Hat sie die Sprache beherrscht? Milada spricht ausgezeichnet Englisch.«
»Es war gut. Gut genug jedenfalls. Sie alle sprechen gut genug Englisch für diese Arbeit hier. Sie war nicht dumm. Ich meine, mich zu erinnern, wie sie erzählt hat, dass ihr Vater daheim Lehrer gewesen ist oder Professor oder irgendetwas in
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