Stadt, Land, Mord - Granger, A: Stadt, Land, Mord - Mud, Muck and Dead Things
andere, rosafarben, war knochentrocken. Evas Zahnbürste.
In ihrer Magengrube bildete sich ein Eisklumpen. Irgendwie wusste sie, dass die Tote von der Cricket Farm die verschwundene Kellnerin aus dem Foot to the Ground war. Sie hätte Befriedigung verspüren müssen, dass es so schnell gelungen war, die Tote zu identifizieren, doch sie verspürte nichts außer Niedergeschlagenheit.
Sie kramte in ihrem kleinen Rucksack, nahm einen Asservatenbeutel hervor und schob das Glas mitsamt Zahnbürste hinein. Das sollte reichen für einen verwendbaren Fingerabdruck und vielleicht eine DNa -Analyse von der Zahnbürste. Allerdings würde das eine Weile dauern – die Auswertung des Fingerabdrucks war viel schneller. Sie ging zu den Gaubenfenstern, die hinaus auf den Hof hinter dem Lokal zeigten. Tische und Bänke bildeten einen kleinen Biergarten; vor dem Rauchverbot war er wahrscheinlich nur in den warmen Sommermonaten genutzt worden. Heutzutage wurde er das ganze Jahr hindurch von unverbesserlichen Rauchern benutzt. Vielleicht war aus diesem Grund der Heizstrahler installiert worden, bereit für die kalte Jahreszeit.
Im Augenblick war niemand draußen außer einem jungen Mann in der gleichen »Uniform« wie Milada, was ihn als Angestellten des Lokals auswies. Als habe er gespürt, dass er von oben beobachtet wurde, hob er den Blick und entdeckte Jess. Einen Moment lang starrten sie einander in die Augen, dann wandte er den Kopf zur Seite und ging irgendeiner Arbeit nach.
Jess war fertig. Sie stieg die Treppe hinunter und kehrte in die Bar zurück. Das Lokal hatte sich zwischenzeitlich gefüllt, und sie fragte sich, ob es daran lag, dass die Nachricht von den jüngsten Ereignissen inzwischen die Runde gemacht hatte. Für eine so dünn besiedelte Gegend herrschte überraschend starker Betrieb. Wo hatten die Leute alle gesteckt, als sie im Wagen hierhergefahren war? Sie spürte, wie sie von neugierigen Blicken verfolgt wurde, als sie das Lokal durchquerte und nach draußen ging.
Der junge Mann fegte mit großem Elan und Fleiß den Hof. Jess gewann seine Aufmerksamkeit, indem sie sich vor ihm aufbaute und ihn auf diese Weise zum Innehalten zwang. Er blickte auf, öffnete den Mund, als wolle er sie bitten, zur Seite zu treten, dann schloss er ihn wieder und stand lautlos gaffend da.
Jess zeigte ihren Dienstausweis. Seine Augen zuckten, doch er schwieg weiter.
»Jetzt, da Sie meinen Namen kennen …«, sagte Jess freundlich, »… dürfte ich Ihren auch erfahren?«
»Dave – David Jones«, antwortete er sehr leise.
»Wie lange arbeiten Sie schon hier, Mr. Jones?«
»Fast ein Jahr.«
»Gefällt Ihnen die Arbeit hier?« Sie lächelte ihn an.
Er reagierte nicht. »Es ist ganz okay.«
»Wenn Sie schon so lange hier arbeiten, müssen Sie die Kellnerin gekannt haben, die vor kurzem so unvermutet verschwunden ist.«
Er biss sich auf die Unterlippe. Dann wandte er sich plötzlich ab und lehnte seinen Besen gegen den nächsten Tisch. Er wandte sich wieder Jess zu. »Sie meinen Eva? Natürlich kannte ich sie.« Er besaß eine angenehme, gebildete Stimme, doch er klang nervös.
»Waren Sie befreundet?«
Jetzt hatte er sich wieder unter Kontrolle, und als er antwortete, war seine Nervosität weit weniger offensichtlich. »Wir waren Kollegen, wenn es das ist, was Sie wissen wollen. Wir arbeiten alle hier. Wir kommen gut miteinander aus.«
»War sie eine freundliche Person? Gutmütig? Hilfsbereit? Heiter?«
»Oh ja! Sie war eine freundliche Person, wie Sie es nennen!«, schnappte er unerwartet.
Verblüfft stellte Jess fest, dass sie offensichtlich einen Nerv getroffen hatte. »Hat sie mit Ihnen über ihr Privatleben gesprochen? Hat Eva irgendetwas erwähnt, aus dem man schließen könnte, dass sie unglücklich war im Foot to the Ground ?«
»Nein!«, entgegnete Jones beinahe verzweifelt. »Sie ist zuverlässig, fleißig und anständig! Sie ist hier, weil sie ihre Englischkenntnisse verbessern möchte, und sie ist äußerst zufrieden, dass sie ein Zimmer direkt bei ihrer Arbeitsstelle hat. Jake Westcott redet völligen Blödsinn, wenn er sagt, dass sie ohne ein Wort abgehauen ist! So etwas würde Eva niemals tun! Sie war glücklich hier! Mir wäre aufgefallen, wenn es anders gewesen wäre.«
Er schien zu bemerken, dass Jess seine heftige Reaktion nicht verborgen geblieben war, und er fragte weniger vehement, wenngleich immer noch emotionsgeladen: »Glauben Sie, dass ihr etwas zugestoßen ist? Milada denkt das nämlich.«
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