Stadt, Land, Mord - Granger, A: Stadt, Land, Mord - Mud, Muck and Dead Things
Er läuft zu Hause am Krückstock herum und steht seiner Frau im Weg, und sie hat die Nase ziemlich voll davon. Er hat Westcott ein Attest von seinem Arzt vorgelegt.«
»Was ist mit Westcott?«, fragte Jess nachdenklich. »Haben Sie mit ihm und mit seiner Frau gesprochen, als Sie dort gewesen sind?«
»Mit beiden, ja. Seine Frau heißt Bronwen, und sie ist Waliserin – keine Überraschung bei dem Namen, schätze ich. Sie ist die Köchin. Die Kellnerinnen helfen in der Küche aus, bevor die Essenszeit beginnt und die Restaurantgäste kommen. Sie putzen und schneiden Gemüse und behalten den Ofen im Auge und dergleichen. Bronwen Westcott scheint beide Mädchen gemocht zu haben. Sie ist sehr erschüttert wegen Evas Tod.«
»Wegen Evas Tod oder weil sie ermordet wurde?«
»Beides!«, sagte Morton prompt. »Sie sagt, sie will unter allen Umständen verhindern, dass Milada etwas Ähnliches zustößt.«
»Wäre es möglich, dass sie Schuldgefühle hat? Weil Eva etwas zugestoßen ist?«
Mortons Antwort verriet unerwartete psychologische Kenntnisse. »Die Menschen fühlen sich immer schuldig, wenn jemand gestorben ist. Wenn es jemand ist, der einem nahestand, glaubt man, dass man es irgendwie hätte verhindern können. Bronwen Westcott wünscht, sie hätte sich mehr Mühe gemacht herauszufinden, was Eva in ihrer freien Zeit anstellte. Aber die beiden Mädchen waren erwachsen, und, wie sie richtig gesagt hat, sie ist ihre Arbeitgeberin, nicht ihr Schutzengel.«
»Hm. Wie steht es mit den Stammgästen? Haben Sie mit einem von ihnen geredet?«
Morton grinste. »Westcott war gar nicht begeistert von der Vorstellung. Ich war taktvoll, oder wenigstens habe ich mich bemüht, es zu sein. Ich bin nach draußen in den Schankraum, habe mir einen Tomatensaft gekauft und mich unter die Gäste gemischt. Ich wollte ganz beiläufig über die verschwundene Kellnerin plaudern, aber mein Plan wurde durchkreuzt.«
»Oh. Wie denn das?«, fragte Jess mit erhobenen Augenbrauen.
»Harper tauchte auf und fing sofort an, zu schwadronieren, dass die Polizei ihre Zeit und das Geld der Steuerzahler verschwendet. ›Wer weiß schon, was das verdammte Mädchen in seiner Freizeit angestellt hat?‹, lauteten seine Worte. Ein charmanter Bursche.«
»Ja«, sagte Jess. »Mark Harper.«
»Er fühlt sich von uns schikaniert. Wenn wir wieder bei ihm auftauchen, will er sich bei offizieller Stelle über uns beschweren. Wie dem auch sei, er hat deutlich zu erkennen gegeben, was er von unserer Unterhaltung hielt. Als er fertig war, wollte niemand mehr mit mir reden.«
»Verdammter Mistkerl!«, schimpfte Jess. »Ich lasse diesen Kerl nicht aus den Augen. Vielleicht hat er seine ›Bekanntschaft‹ in London überredet, ihm dieses Alibi zu verschaffen.«
»Seine Trinkkumpane haben jedenfalls alle ins gleiche Horn gestoßen. Ja, sie wären Stammgäste, und nein, sie hätten den Mädchen keine sonderliche Beachtung geschenkt, die im Foot to the Ground arbeiteten. Es wären ausländische Mädchen gewesen, und eine hätte ausgesehen wie die andere. Sie könnten sie nicht auseinanderhalten. Nein, ihnen wäre nicht aufgefallen, dass eins der Mädchen verschwunden war. Schön und gut, der alte Jake hätte etwas in der Richtung erwähnt, aber sie könnten sich nicht genau erinnern, was. Sie alle gaben sich schockiert, als sie erfuhren, dass Eva ermordet wurde. Nicht einmal mehr auf dem Land wäre man sicher dieser Tage … Die Polizei würde viel zu langsam reagieren … Die Behörden würden sich nicht für die Menschen auf dem Land interessieren … Sie können sich den Rest wahrscheinlich selbst ausmalen.«
»Sie verweigern ihre Mitarbeit«, sagte Jess böse. »Absichtlich. Sie wollen nichts davon wissen und nichts damit zu tun haben.«
Morton rieb sich mit verschränkten Händen das Kinn. »Was die Frage angeht, ob Westcott selbst mit seinen Kellnerinnen herumgemacht hat – ich denke, es wäre ihm schwergefallen, ohne dass seine Frau etwas bemerkt hätte. Sie arbeiten alle unter einem Dach. Die beiden Mädchen haben auf dem Dachboden gewohnt. Milada wohnt immer noch dort. Sie ist traurig, weil Evas Bett leer ist, aber sie hat keine Angst vor Gespenstern oder dergleichen. Sie gehört zu der praktischen Sorte. Die Westcotts wohnen in einem Anbau auf der anderen Seite des Gebäudes. Man könnte einwerfen, dass Westcott dadurch Gelegenheit bekam, mit einem der Mädchen etwas anzufangen. Andererseits gibt es im Haus wahrscheinlich sehr wenig Privatsphäre.
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