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Stadtfeind Nr.1

Stadtfeind Nr.1

Titel: Stadtfeind Nr.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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es peinlich, sogar unangenehm sein, aufzutauchen. Aber nicht aufzutauchen, wenn sie mich erwarten, würde eine weitere Bestätigung meiner launischen Neigungen sein, was die Familie betrifft, genau die Wahrnehmung, die ich zu ändern versuche. Und überhaupt, was Cindys Abschussliste betrifft, so stehe ich da sowieso schon an erster Stelle, ich kann also im Grunde keinen großen Schaden mehr anrichten. Und außerdem wird Jared da sein.
    Scheiß drauf. Ich werde hingehen.
    Brad und Cindy leben in einem holländischen Kolonialhaus etwa eine halbe Meile vom Haus meines Vaters entfernt. Emily und Jenny machen die Haustür auf, als ich klopfe. Sie sind gleich angezogen, in übergroßen Backstreet-Boys-T-Shirts und schwarzen Leggings, und auf einem ihrer Handgelenke hockt ein erschreckend großer
    weißer Vogel mit einer handförmigen Feder, die oben aus seinem Kopf ragt. »Hi, Onkel Joe«, sagen die Zwillinge einstimmig, mit nur einem Halbton Unterschied, was eine unheimliche, befremdliche Wirkung auf mich hat, die durch den Vogel noch verstärkt wird. Der Zwilling, der den Vogel hält - nennen wir sie Emily -, dreht sich vorsichtig zur Seite, um mich ins Haus zu führen, während Jenny den Vogel mit kleinen Keksen füttert, die er mit ruckartigen Bewegungen zwischen ihren Fingern wegpickt.
    »Hallo, Mädchen«, sage ich etwas förmlich und trete ins Haus. Irgendetwas an der Begrüßung der beiden macht mich verlegen, als würde ich von einem Komitee gemustert werden. Ich habe keine Erfahrung mit heranwachsenden Mädchen, und vor allem diese beiden wirken seltsam abgestumpft, als könnten sie glatt durch mich hindurchsehen. Die Tatsache, dass sie mir zahlenmäßig überlegen sind, neutralisiert irgendwie die Jahre, die ich ihnen voraushabe, und das scheinen sie zu wissen. »Wer ist das denn?«, sage ich und deute auf den Vogel.
    »Shnookums«, sagt Emily.
    »Sie ist ein Kakadu«, sagt Jenny.
    »Sie kann sprechen.«
    »Sie kann >Wie geht es dir< sagen.«
    »Und >Hoppla, das war ich schon wieder<.«
    »Wow«, sage ich. »Gebt mir mal eine Kostprobe.«
    Die Zwillinge schütteln den Kopf und grinsen sich an. »Sie wird nicht für dich reden.«
    »Sie redet nur für uns.«
    »Weil wir sie dressiert haben.«
    »Und manchmal für Jared.«
    »Stimmt. Er hat ihr beigebracht, >Hey, Blödmann< zu sagen.« Sie lachen zusammen, und es macht nur ein Geräusch.
    Das Erste, was ich sehe, als ich den Mädchen ins Haus folge, ist eines dieser museumsartigen Wohnzimmer, die einzig und allein zu Ausstellungszwecken existieren. Weiße Plüschteppiche, die noch nie ein Schuh betreten hat, viktorianische Sofas, bei deren Design der menschliche Arsch ganz offensichtlich nicht berücksichtigt wurde, und ein Steinway-Stutzflügel, der so stark poliert ist, dass man tatsächlich sein eigenes Spiegelbild darin erkennen kann. Das Klavier ist vermutlich nie gespielt worden, sondern dient lediglich als Plattform für eine Reihe von Familienporträts, allesamt in grellen, galvanisierten Gold- und Silberrahmen und sorgfältig so ausgerichtet, dass man sie betrachten kann, ohne das Zimmer betreten zu müssen. Dieses Zimmer ist typisch Cindy, in hohem Maße feminin und absolut ungemütlich. Es liegt etwas Tragisches in der Art, wie sich Cindy mit einer grimmigen Besessenheit der makellosen Vollkommenheit dieses Zimmers gewidmet hat, während ihr Leben und ihre Ehe hoffnungslos ihrer Kontrolle entglitten sind.
    Auf der anderen Seite der weitläufigen Diele ist ein Familienzimmer mit abgelaufenen beigen Teppichböden, einer sonnenverblichenen Ledersitzgruppe, einem Kamin, einem La-Z-Boy und einem großen Flachbildfernseher, auf dem J. Lo angestrengt durch einen bunkerähnlichen Nightclub wirbelt. Jenny und Emily hocken sich auf die Couchlehne und singen zu dem Video mit, während sie ihren Vogel streicheln und hätscheln. »Wo ist Jared?«, frage ich. »In seinem Zimmer.« »Redet mit seiner Freundin.«
    »Küsst sie durchs Telefon.« Sie imitieren Kussgeräusche und kichern.
    »Und Mom und Dad?«
    »Dad ist noch nicht zu Hause, und Mom ist im Keller.«
    »Bleibt einfach bei eurer Musik.«
    Mein Instinkt rät mir, nach oben zu gehen und Jared aufzusuchen, etwa so, wie man bei der Ankunft in einem fremden Land die Botschaft kontaktieren würde, aber heute Abend geht es schließlich darum, eine Brücke zu Brad und Cindy zu schlagen, und so suche ich die Kellertür, die gleich neben der Küche ist, und gehe nach unten. Ich stoße auf Cindy, wie sie in einem

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