Stadtfeind Nr.1
schon.«
Ich berichte ihm rasch alle Ereignisse des vergangenen Tages, lausche zwischendurch auf Owens entzücktes Aufstöhnen, während Jared mich beobachtet und hingerissen zuhört und schließlich grinst, als ich den Zwischenfall mit seinem Koitus Interruptus einflechte. »Also, fassen wir noch einmal zusammen«, sagt Owen, als ich fertig bin, ohne auch nur zu versuchen, seine Belustigung zu verhehlen. »In den letzten vierundzwanzig Stunden bist du in deine Heimatstadt zurückgekehrt, wo dich im Grunde alle hassen, du hattest ein - wenn auch unbeholfenes - Wiedersehen mit deiner entfremdeten Familie, bist in eine sexuelle Liaison geplatzt, mit dem Gesetz in Konflikt geraten, bei zwei unterschiedlichen Anlässen angegriffen worden und hast einen siechenden Freund getroffen und dich mit ihm betrunken. Habe ich irgendwas vergessen?«
Ich überlege, ob ich ihm von den fliegenden Büchern erzählen soll, aber damit habe ich mich selbst noch nicht richtig befasst, also lasse ich es lieber aus. »Das ist so ziemlich alles«, sage ich.
Owen pfeift leise. »Ich frage mich, was du heute tun wirst.«
»Du klingst, als ob ich das alles geplant hätte.«
» Au contraire, mon ami . Zum ersten Mal seit weiß Gott wie lange entgleitet es auf eine wundervolle Weise deiner Kontrolle.«
»Und was zum Teufel soll das heißen?«
Aber Owen muss Schluss machen. »Hör zu, ich bin schon spät dran. Wir reden später.«
»Warte.«
»Was?«
»Hast du das Manuskript fertig gelesen?«, frage ich zögernd.
»Es ist interessant, dass du es als >das< Manuskript bezeichnest«, sagt Owen. »Die meisten Schriftsteller versehen es voller Leidenschaft immer mit dem Possessivpronomen >mein<.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Es scheint, als würdest du dich bereits von deinem Werk distanzieren.«
»Ach, leck mich doch«, sage ich. »Hast du's gelesen oder nicht?«
»Habe ich.«
»Und?«
»Ich habe da noch ein paar«, sagt er und holt einmal Luft, während er nach dem richtigen Wort sucht, »Punkte.«
»Das dachte ich mir schon«, sage ich niedergeschlagen. »Und was machen wir jetzt?«
Owen seufzt. »Naja, wir könnten ein paar Veränderungen vornehmen und es immer noch verkaufen, da bin ich mir sicher, aber ich bin nicht überzeugt, dass deinen Interessen damit am besten gedient ist.«
Ich lasse die tiefere Bedeutung dieser Worte einen Augenblick auf mich wirken. »Es ist richtig schlecht, stimmt's?«
»Du bist ein guter Schriftsteller, Joe.« »Herrgott, jetzt sag doch einfach, dass es Scheiße ist.« »Wenn ich denken würde, das es Scheiße ist, dann würde ich dir sagen, dass es Scheiße ist.« Owen holt noch einmal tief Luft. »Hör zu, wir hatten diese Diskussion doch schon. Du weißt, das zweite ist immer ein harter Brocken. Da steht einfach zu viel auf dem Spiel. Es lohnt sich allein schon, es zu schreiben, um es verdammt nochmal hinter sich zu bringen.«
»Das heißt, wir vergessen es einfach und gehen gleich weiter zu Buch Nummer drei?«
»Die Idee ist eine Überlegung wert.« »Und warum wird Buch drei nicht einfach genauso schlecht sein? Ich kann mir nicht einmal erklären, was bei diesem hier schief gelaufen ist.«
»Ah, aber ich kann es bereits«, sagt Owen großspurig. »Das ist schließlich der Grund, weshalb du mir die dicken Dollars zahlst.«
»Hättest du vielleicht die Güte, mich aufzuklären?« »Das könnte ich, aber dich da selbst durchzuwursteln ist ein entscheidendes Wegstück für dich als Schriftsteller.« »Du bist wirklich ein Stück Scheiße«, sage ich verärgert. »Das stimmt, das stimmt«, gibt er zu. »Was nützt du mir denn dann?«
»Das, mein Freund, ist ein völlig anderes Gespräch«, sagt er kichernd. »Ich rufe dich wieder an.«
Ich klappe das Telefon zu und werfe es angewidert aufs Bett. »Probleme?«, sagt Jared.
»Nur das Übliche.« Wieder fällt mir sein T-Shirt auf. Ich weiß, dass ich es bereuen werde, aber ich frage trotzdem: »Was ist denn >Bowling for Soup«
»Eine Band.«
»Nie davon gehört«, sage ich. Das scheint meinen Neffen nicht im Geringsten zu schockieren. Und da haben wir es, in aller Öffentlichkeit, für jedermann sichtbar: Ich bin offiziell ein alter Sack. »Was für eine Band ist das denn?«, frage ich, entschlossen, zu beweisen, dass ich zumindest ganz allgemein mitreden kann.
»Art Mischung aus Pop und SoCal-Punk.«
»SoCal?«
»Southern California«, erklärt er. »Nimm den Punkrock von deiner Generation, zum Beispiel die Ramones oder die Sex
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