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Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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unterhalten!«

Michaels aufmunternde Worte
    Mary Ann stand verunsichert auf. Michaels neue Rolle als Rat geber war ihr unbehaglich. Sie bereute es, daß sie den Gedanken an eine Rückkehr nach Cleveland überhaupt erwähnt hatte.
    »Kann ich dir etwas Crème de menthe anbieten?«
    »Warum willst du weg, Mary Ann?«
    Sie setzte sich neben ihn. »Das hat viele Gründe … ich weiß nicht … San Francisco ganz allgemein.«
    »Nur weil dich irgendein Schwachkopf sitzengelassen hat …«
    »Darum geht’s nicht … Michael, man kann sich hier auf nichts verlassen. Es ist alles so einfach zu haben. Niemand beschäftigt sich hier mal ausführlicher mit einem anderen Menschen oder mit einer Sache, weil gleich um die Ecke was anderes läuft, das vielleicht noch ein bißchen interessanter ist.«
    »Was hat er eigentlich getan?«
    »Ich komme hier einfach nicht zurecht, Michael. Ich möchte in einer Umgebung leben, in der ich mich nicht dafür entschuldigen muß, daß ich Nescafé serviere. Weißt du, was mir an Cleveland gefällt? Die Menschen in Cleveland sind nicht immer auf irgendeinem ›Trip‹!«
    »Anders ausgedrückt: Sie sind langweilig.«
    »Es ist mir egal, was du davon hältst. Mir ist das wichtig. Sehr wichtig sogar.«
    »Warum willst du deswegen nach Hause zurück? Langweilige Menschen haben wir hier auch. Warst du noch nie zum Mittagessen bei Paoli’s?«
    »Es hat überhaupt keinen Sinn …«
    Das Telefon klingelte. Michael sprang auf und hob ab. »Das langweilige Zuhause von Mary Ann Singleton.«
    »Michael!« Mary Ann riß ihm den Hörer aus der Hand. »Hallo.«
    »Mary Ann?«
    »Mom?«
    »Wir haben uns solche Sorgen gemacht.«
    »Gibt’s sonst was Neues?«
    »Sprich nicht so mit mir. Wir haben seit Wochen nichts mehr von dir gehört.«
    »Tut mir leid. Ich hatte viel um die Ohren, Mom.«
    »Wer war dieser Mann?«
    »Welcher Mann? Ach so … Michael. Das ist bloß ein Freund.«
    »Und wie heißt dieser Michael?«
    Mary Ann legte die Hand über die Sprechmuschel. »Wie heißt du mit Nachnamen, Michael?«
    »De Sade.«
    »Michael!«
    »Tolliver.«
    »Michael Tolliver, Mom. Er ist ein richtig netter Kerl. Er wohnt einen Stock unter mir.«
    »Dein Daddy und ich haben über dich gesprochen, Mary Ann … Hör also gut zu, was wir dir zu sagen haben. Wir sind uns beide einig, daß du die Gelegenheit haben solltest … in San Francisco flügge zu werden … Aber jetzt ist der Zeitpunkt gekommen … Also, wir können nicht einfach dasitzen und zusehen, wie du dein Leben wegwirfst.«
    »Wenn ich etwas wegwerfe, dann ist es immer noch mein Leben, Mom.«
    »Nicht, wenn dir offensichtlich die Reife fehlt, um …«
    »Woher wollt ihr das denn wissen?«
    »Mary Ann … Ein merkwürdiger Mann ist bei dir ans Telefon gegangen.«
    »Der Mann ist nicht merkwürdig, Mom.«
    »Wer weiß?« sagte Michael grinsend.
    »Du kanntest nicht einmal seinen Nachnamen.«
    »Wir sind hier an der Westküste nicht so förmlich.«
    »Das ist nicht zu übersehen … Wenn dein Urteilsvermögen inzwischen so weit nachgelassen hat, daß du bei dir in der Wohnung einen völlig …«
    »Mom, Michael ist homosexuell.«
    Schweigen.
    »Er steht auf Jungs, kapiert? Ich weiß, daß du schon was davon gehört hast. Sie zeigen so was jetzt im Fernsehen.«
    »Ich glaube, du hast völlig den Verstand …«
    »Nicht völlig. Aber wenn du mir noch ein oder zwei Wochen Zeit läßt …«
    »Ich kann nicht glauben, daß du mich so …«
    »Mom, ich ruf dich in ein paar Tagen wieder an, ja? Hier läuft alles prima. Na-hacht.«
    Sie legte auf.
    Michael strahlte sie vom Sofa her an.
     
    Mona war die zweite Angriffswelle.
    »Mein Gott, Mary Ann! Kein Wunder, daß es dir schlechtgeht. Du sitzt den ganzen Tag auf deinem Hintern rum und erwartest, daß dir das Leben lauter tolle Einladungen schickt. Aber da hab ich eine brandheiße Neuigkeit für dich. Dort draußen läuft nicht ein Mensch rum, der auf die Idee käme, dir ein Grußkärtchen zu schicken.«
    »Und welchen Sinn soll es dann haben, mich …?«
    »Wenn du was vom Leben willst, mußt du was tun, Mary Ann. Und wenn es dir schlechtgeht, dann kämpf dich da raus und pack das Leben am … Hol dir einen Bleistift und schreib dir mal eine Adresse …«
Krieg und Frieden
    Eine Abordnung Strandläufer patrouillierte auf dem Strand bei Point Bonita und pickte die Limodosenringe aus dem schimmernden schwarzen Sand. Das Wasser war an manchen Stellen blau, an anderen grau.
    Edgar legte den Arm um Annas Taille.

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