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Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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einbildest, daß ich es nicht verkrafte.«
    »Ich wollte dir damit nicht …«
    »Ich bin nicht so schrecklich empfindlich, D’or. Meinst du nicht, daß du ein bißchen mitteilsamer sein könntest?«
    »Von mir aus.« D’or wirkte verstimmt.
    »Außerdem brauche ich nicht dauernd zu hören, daß du mich liebst. Ich weiß, daß du mich liebst, D’or. Es ist nur so … daß du deine … deine Gedanken kaum mit mir teilst. Manchmal habe ich das Gefühl, als würde ich mit einer Fremden zusammenleben.«
    Schweigen.
    »Tut mir leid. Aber du hast gefragt, was ich auf dem Herzen habe.«
    »Willst du etwa ausziehen?«
    »Nein! Ich habe mir keine Wunder erwartet, D’or … nie. Ich hatte bloß …«
    »Ist es der Sex? Du weißt doch, daß es für mich keine Rolle spielt, ob …«
    »D’or … ich mag dich wirklich.«
    »Aua.«
    »Verflucht noch mal … das ist schon eine ganze Menge, oder etwa nicht? Ich meine, mir ist noch nicht mal klar, ob ich überhaupt jemand fürs Bett haben möchte. Ob nun Mann oder Frau. Manchmal denke ich, daß es fünf wirklich gute Freunde oder Freundinnen auch tun würden.«
     
    Sie gingen einige Zeit schweigend nebeneinander her, bis D’orothea sagte: »Und was machen wir nun?«
    »Ich möchte bei dir bleiben, D’or.«
    »Aber ich muß mich ändern, oder wie?«
    »Davon habe ich nichts gesagt.«
    »Aber, Mona … irgendwas paßt dir doch nicht.«
    Mona funkelte sie wütend an. »Glaubst du denn allen Ernstes, daß ich meinen Lebenszweck darin sehe, mir den Arsch breitzusitzen, während du dir bei demselben Dreckskerl, der mich rausgeschmissen hat, mal so eben hunderttausend Dollar abholst?«
    »Mona … ich könnte mit Edgar Halcyon reden …«
    »Wenn du das tust, packe ich noch am selben Tag meine Sachen.«
    »Was soll ich dann tun? Was verlangst du denn von mir?«
    »Ich weiß es einfach nicht … Irgendwie komme ich mir ausgegrenzt vor. Ich kann diese alten Weiber mit ihren lila gefärbten Haaren nicht ausstehen, die in der Handtasche chemische Keulen spazieren tragen und in einem fort mit ihren Pudeln …«
    »Daran kann ich ja wohl nichts ändern …«
    »Aber du könntest mich an deinem Leben teilnehmen lassen, D’or. Stell mich deinen Bekannten vor … und deiner Familie. Herrgott noch mal, deine Eltern wohnen in Oakland, und ich hab sie noch nie zu Gesicht bekommen!«
     
    D’orotheas Stimme war eisig, als sie sagte: »Laß bloß meine Eltern aus dem Spiel.«
    »Da haben wir’s!«
    »Was soll das nun wieder heißen?«
    »Das soll heißen, daß du dir vor Angst fast in die Hosen machst, weil Mommy und Daddy rausfinden könnten, daß du eine Lesbe bist!«
    »Das stimmt nicht.«
    »Was ist es dann?«
    »Ich … habe keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern. Ich habe noch kein einziges Mal mit ihnen gesprochen, seit ich aus New York zurück bin. Kein einziges Mal.«
    »Ach, erzähl mir doch nichts!« 
    »Hast du je erlebt, daß ich mit ihnen telefoniert hätte? Wann soll ich denn mit ihnen geredet haben?«
    »Aber, weshalb sprichst du denn nicht mit ihnen?«
    »Wann hast du das letzte Mal mit deiner Mutter gesprochen?«
    »Das ist ganz was anderes. Meine Mutter wohnt in Minneapolis. Aber für dich wäre es überhaupt kein Umstand, mit deinen …«
    »Du hast doch keine Ahnung, was für ein Umstand es für mich wäre, Mona.«
    Mona blieb stehen und stellte sich vor D’orothea hin, »Jetzt hör mir mal zu. Mir ist schon klar, daß du um einiges …« Sie unterbrach sich.
    »Daß ich um einiges was?«
    »Was weiß ich. Daß du … mehr Lebenserfahrung hast?«
    D’orothea lachte wehmütig. »Das trifft’s noch nicht mal ansatzweise, mein Schatz!«
    »Na, wenn schon? Hältst du mich etwa für snobistisch? Ich hab mich schon oft für Leute aus der Dritten Welt eingesetzt, das kann ich dir sagen!«
    »Mein Vater arbeitet als Bäcker in der Twinkie-Keksfabrik, Mona!«
    Mona unterdrückte ein Grinsen. »Das hast du dir ausgedacht.«
    »Laß mich jetzt in Ruhe damit, ja?«
    »Nein. Du meinst, daß ich mit älteren Schwarzen nicht umgehen kann, stimmt’s? Daß ich trotz allem gar nicht anders kann, als rassistisch und altenfeindlich zu sein!«
    Schweigen.
    »Das ist doch der springende Punkt, oder?«
    »Ich glaube, daß du sehr gut mit Menschen umgehen kannst. Aber hören wir jetzt auf damit. Einverstanden?«
    Also hielt Mona den Mund.
    Ihr liberales Bewußtsein würde ihr allerdings nicht erlauben, das Thema fallenzulassen.
    Sie würde der Angelegenheit auf eigene Faust nachgehen.
    Es

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