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Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Titel: Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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beide.«
    »Was?«
    »Sie hat euch beide eingeladen.«
    »Na und?«
    »Und Brian wollte mich an deiner Stelle mitnehmen, aber du warst dagegen.«
    »Das stimmt nicht«, sagte sie.
    Er zuckte mit den Schultern. »Hat er aber gesagt.«
    »Na ja …« Sie hätte Brian erwürgen können. »Also gut … ich bin eine verzweifelte Frau, du quetschst es aus mir raus, also gestehe ich: Ich mache vor nichts halt, bis ich dich in meinen Klauen hab. Komm, Simon … was willst du eigentlich von mir hören?«
    »Du sollste zugeben, daß du es so arrangiert hast.«
    Sie warf die Hände hoch. »Na schön, kein Problem. Ich hab es arrangiert.«
    »Du hast es schon vor mindestens zwei Wochen ausgeheckt, weil du gewußt hast, daß es der letzte Abend vor meiner Abreise ist.«
    »Verdammt, Simon, worauf willst du hinaus?«
    »Ich denke, das weißt du.«
    »Ich hab nicht die leiseste Ahnung, was …«
    »Du und Brian, ihr wollt ein Kind. Das weiß ich bereits.«
    Einen Augenblick verschlug es ihr die Sprache. »Von Brian, wie?«
    »Ja.«
    »Na … und wenn schon?« Das war nicht viel, aber zu mehr reichte es bei ihr nicht.
    »Dann heißt das … daß du die Pille abgesetzt hast.«
    Sie spürte, wie ihr das Blut in den Schläfen hämmerte. Der Augenblick bekam eine ominöse Note, als hinter dem Kreuz eine Frau mit Schmetterlingsbrille auf einer elektrischen Orgel das Kirchenlied »Er ist auferstanden« anstimmte. Mary Ann sah sich suchend nach ihrem Kameramann um und wandte sich wieder Simon zu. »Ich schwör dir, das ist die bizarrste Unterhaltung, die ich je …«
    »Du hast nie ein Wort von Verhütung gesagt, Mary Ann. Nicht ein Wort. Findest du das nicht ein bißchen merkwürdig von einer Frau, die …«
    »Ich finde, du weißt einen Scheißdreck von romantischen Gefühlen, Simon. Das finde ich. Was hast du denn erwartet? Daß ich dich frage, ob du einen Gummi zur Hand hast? Ich kann’s nicht glauben, daß wir hier so eine Diskussion führen!«
    »Nein, was sind wir entrüstet«, sagte er mit einem matten, distanzierten Lächeln.
    »Na, was zum Teufel … Hör zu, ich muß meinen Kameramann suchen.«
    Er hielt sie am Arm fest. »Nein.«
    »Wie bitte?«
    »Ich hab dir noch was anderes zu sagen.«
    »Was?«
    »Deine Freundin Connie … die vorbeigeschaut hat.«
    »Ja?«
    »Ich soll dir was von ihr ausrichten.«
    Bitte, lieber Gott, dachte sie, laß Connie nicht den letzten Nagel in meinen Sargdeckel schlagen.
    »Du hättest dir gestern mittag um zwei unbedingt Channel Nine anschauen sollen.«
    Sie nickte. »Und?«
    »Na, du warst nicht zu Hause … und da ich ein hilfsbereiter Mensch bin, hab ich sie mir für dich angeschaut. Hast du eine Ahnung, was dir entgangen ist?«
    »Simon, die Andacht fängt genau in …«
    »Komm schon … rate doch mal.«
    »Ehrlich gesagt, mir ist es völlig wurscht, was dieses doofe Weib …«
    »Es war eine Talkshow, Mary Ann. Drei Hausfrauen sprachen über ihre Männer … sterile Männer.«
    Das Wort hing wie ein Wölkchen Nervengas zwischen ihnen.
    »Connies Mann«, sagte sie schließlich, »ist zufällig steril, und sie hat sich für künstliche Bef …«
    »Zufällig hat Connie gar keinen Mann.«
    Sie schaute zur Seite.
    »Hat sie wenigstens gesagt«, ergänzte er.
    Sie zögerte. Dann sagte sie: »Klingt ja, als hättet ihr euch prima verstanden.«
    »Ja«, sagte er, »sie war mir ganz sympathisch. Ich fand ihre Offenheit erfrischend.«
    »Na prima. Toll.« Sie wandte sich zum Gehen.
    Wieder hielt er sie zurück. »Ist das deine Art, mit so was umzugehen?«
    »Mit was denn? Ich hab hier einen Job zu erledigen.«
    »Ach ja … richtig. Du hast ja so viel zu tun an diesem Wochenende.«
    »Laß mich los, Simon.«
    »Du hast dich schon richtig reingekniet, was?«
    »Simon …«
    »Bist du auch ganz sicher, daß dreimal genug war? Oder sollen wir gleich hier noch mal nachlegen?«
    Sie riß sich los und haute ihm eine runter. Er wankte, blieb aber stehen. Sie sah den Abdruck ihrer Hand auf seiner bleichen Wange. Seine Nasenflügel bebten. Als er sich an die Wange faßte, war das zynische Glitzern aus seinen Augen verschwunden, und der Ausdruck, der jetzt darin lag, machte sie ganz schwach.
    »Es tut mir leid«, sagte sie.
    »Nicht nötig«, wehrte er ab.
    »Was willst du von mir hören?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Daß du’s abstreitest, wahrscheinlich.«
    Sie zögerte.
    »Dachte ich mir«, sagte er mit einem kurzen Nicken und drehte sich um.
    »Simon, warte mal … es ist nicht so schwarzweiß, wie

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