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Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Titel: Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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grinsend, »können wir uns bestimmt ein oder zwei Katastrophen einfallen lassen.«
    »Nein, nein, schon gut.« Sie beäugte den Babysticker. »Was haben wir denn da?«
    »Oh.« Er spürte, wie ihm die Schamröte ins Gesicht stieg. »Das ist … bloß so ein Scherzartikel.«
    Sie merkte, daß es ihm peinlich war. »Sieh einer an«, zog sie ihn auf. »Was hast du denn? Hab ich dich bei irgendwas ertappt?«
    Da konnte er nur noch lachen. »Müssen Sie erst noch fragen?«
    »Nein«, sagte sie und tastete an ihrer Frisur herum. »Du hast ganz recht. Tja« – sie machte ein munteres Gesicht und wechselte das Thema – »da wirst du ja morgen schon früh auf den Beinen sein.«
    Er verstand nicht, was sie meinte.
    »Wegen der Morgenandacht«, ergänzte sie.
    »Oh … nein, da geht Mary Ann alleine hin. Ich fahr übers Wochenende nach Hillsborough.«
    »Ah«, sagte sie, doch es schien ihr nichts zu sagen.
    Er fragte sich allmählich, ob er auf der Leitung stand. »Sie meinen … sie hat Ihnen gesagt, ich würde mitgehen?«
    »Nein … nein.«
    »Aber woher wissen Sie dann …«
    »Na, Simon hat von der Morgenandacht erzählt … und ich nahm einfach an, daß ihr zu dritt …« Sie tippte sich an die Stirn und ärgerte sich offenbar über sich selbst. »Hör nicht auf die alte Dame. Sie wird langsam senil. Was tut sich denn in Hillsborough?«
    »Äh … wie?« Für einen Augenblick hatte er den Faden verloren. »Oh … eine Party. Theresa Cross. Erinnern Sie sich? Die aus dem Cadillac Café?«
    »Ja, nur zu gut.« Ihre Miene sagte alles.
    »Sie halten nichts von ihr?«
    »Na ja … ich kenne sie eigentlich nicht.«
    »Ich geh auch nur hin, weil sie einen Swimmingpool hat.«
    Die Vermieterin sah ihn von unten herauf an.
    »Ich bin ein großer Junge, wissen Sie.«
    »Oh, mein Lieber … das weiß ich.« Sie warf ihm einen neckischen Blick zu und signalisierte dann das Ende der Unterhaltung, indem sie sich nach ihrer Schrubberbürste umsah.
    Als er vor seiner Wohnungstür stand, hörte er drinnen Mary Ann und steckte den Babysticker in die Tasche seiner Canterbury-Shorts. Er wollte nicht, daß sie hinter solchen Kleinigkeiten eine Taktik vermutete, um sie unter Druck zu setzen. Ihre Stimmung war in letzter Zeit zu sprunghaft.
    »Komm mir nicht zu nah«, sagte sie, als sie den Schweißfilm auf seiner Haut sah.
    Er gab sich gekränkt. »Ich dachte, du magst es, wenn ich schwitze.«
    »In gewissen Momenten, mein Schatz. Dieser gehört nicht dazu. Mußt du nicht packen?«
    »Was denn packen? Ich bin doch morgen mittag schon wieder da.«
    »Na … ’ne Badehose wenigstens.«
    »Ich zieh unter meine Jeans eine an«, meinte er schulterzuckend.
    Sie überlegte. »Die Speedos, hm?«
    Er nickte: »Die anderen sind zu bauschig. Warum?«
    »Nur so.«
    Theresa machte ihr mal wieder Sorgen. Das gefiel ihm.
    »Geh unter die Dusche«, sagte sie.
    Er ging ins Schlafzimmer, streifte die Schuhe von den Füßen und zog Shorts und Jockstrap aus. Während er nachdenklich auf der Bettkante saß, kam Mary Ann an die Tür, als hätte sie gespürt, daß er sich Gedanken machte.
    Er schaute zu ihr hoch. »Du hast mir nicht gesagt, daß Simon mitgeht.«
    »Wohin denn? … Ach so, zu der Mount-Davidson-Geschichte?«
    Er nickte.
    Sie ging an ihre Frisierkommode und schob ein paar Schminksachen ziellos hin und her. »Na ja, das hat sich mehr so in letzter Minute ergeben. Der arme Kerl wußte offensichtlich nicht, was er Ostern machen soll, und da hab ich gedacht, es wär ’ne nette Abwechslung für ihn.«
    Er ging nicht darauf ein.
    Sie drehte sich zu ihm um. »Tu das nicht, Brian.«
    »Was denn?«
    »Dir wieder was einreden. Ich dachte, das hätten wir hinter uns.«
    »Hab ich was gesagt? Ich hab mich nur gewundert, daß du’s mit keinem Wort erwähnt hast … das ist alles.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Bin gar nicht auf die Idee gekommen. Ist doch nichts Besonderes. Nur ein Job.«
    »Um fünf Uhr morgens.«
    Sie tat die Bemerkung mit einem spöttischen kleinen Lacher ab. »Und wie spitz ich um die Tageszeit bin, das wissen wir ja.«
    Sie bekam das Lächeln, das sie wollte. »Na schön«, sagte er, »is ja gut.«
    Sie setzte sich neben ihn, beugte sich herüber und leckte ihm einen Schweißtropfen von der Brust. »Du großer, verschwitzter Dummerjan. Entspann dich mal.« Sie richtete sich auf und sah ihm ins Gesicht. »Woher weißt du, daß Simon mitgeht?«
    »Mrs. Madrigal hat es erwähnt.« Er kam sich mittlerweile schon blöde vor. »Lassen wir

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