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Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Titel: Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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Informant nickte. »Sie findet, das ist der richtige Platz für ihren kleinen … wie heißt er noch?«
    »Sean«, sagte Brian.
    »Stellen Sie sich vor, was das für Theresa heißt. Zwei Rockwitwen in der gleichen Stadt. Zwei Mrs. Norman Maines.«
    Er wußte nicht, wer das war, und er wollte auch nicht danach fragen. Er wollte den Kerl loswerden und sah sich suchend um, bis er seine Gastgeberin entdeckte, die gerade ihre Klausur beendet hatte. Sie trug einen Bikini mit einem Leopardenmuster in Schwarz und Pink. Ihre Haarpracht wirkte üppiger denn je.
    Am Rand der Terrasse blieb sie stehen, verlagerte ihr Gewicht aufs Standbein und klatschte in die Hände. »Also, Leute! Ins Wasser mit euch! Ihr wißt, wo ihr euch umziehen könnt. Ich will nackte Haut sehen.« Sie ging auf Brian zu und zeigte mit dem Finger auf ihn. »Besonders Ihre. «
    Er versuchte, cool zu bleiben. »Tach«, sagte er.
    »Hallo.« Sie blieb stehen und belastete wieder das Standbein. »Wo ist Mary Ann?«
    »Oh … ich dachte, sie hätte es Ihnen gesagt. Sie muß arbeiten. Es tut ihr wirklich leid, daß sie nicht kommen konnte.« Das klang irgendwie sehr geheuchelt, darum fügte er hinzu: »Ich bin hier, damit ich ihr erzählen kann, was sie verpaßt hat.«
    »Gut«, meinte Theresa und zog eine Augenbraue hoch, »aber erzählen Sie ihr nicht alles.« Ihre leicht anzügliche Bemerkung hatte einen Unterton, der sie harmlos machte. Was sie zu offerieren schien, war nicht so sehr fleischliches Vergnügen, sondern eher eine augenzwinkernde Karikatur davon – die Achtziger-Jahre-Version eines Betty-Boop-Comics. Sie war es offenbar gewohnt, daß Männer vor ihr zurückschreckten, und schien es von vornherein einzukalkulieren.
    Ihre Figur überraschte ihn einigermaßen. Das Volumen ihres Busens lag nur wenig über dem Durchschnitt, aber ihre rustikal großen Brustwarzen dellten das Bikini-Oberteil wie zwei Macadamianüsse aus. Ihr Hintern war groß und herzförmig und eigentlich viel straffer, als er erwartet hatte. Alles in allem ein Paket, das an allerhand interessante Möglichkeiten denken ließ.
    »Also«, sagte sie. »Steigen Sie aus den Klamotten. Die Sonne ist bald weg.«
    Einige der Gäste zogen sich bereits um, und auch er streifte Hemd, Schuhe und Jeans ab und verstaute sie hinter der Badekabine. Theresa ließ sich mittlerweile am tiefen Ende des Pools vorsichtig ins Wasser gleiten und achtete darauf, daß ihrer gewaltigen Zigeunermähne nichts passierte.
    Brian zurrte seine Speedo zurecht und ging zum Pool zurück. Die ausladende Turmfrisur der Rockwitwe schwebte auf dem Wasser wie ein dichtbewachsenes Atoll. »Wenn Sie mich naßspritzen, sind Sie dran«, sagte sie.
    Er grinste sie an, machte einen Hechtsprung und tauchte ohne einen Spritzer ein. Es war eine seiner Spezialitäten. Als er wieder an die Oberfläche kam, paddelte ihm Theresa entgegen. »Schon was gegessen?« sagte sie leise, als wäre es eine intime Frage.
    Er schüttelte den Kopf, und Wassertropfen flogen ihm aus den Haaren. »Sieht lecker aus.«
    »Tun Sie’s lieber jetzt. Später wird Ihnen nicht mehr danach sein.«
    Er wußte nicht, was sie damit sagen wollte, bis sie Arch Giddes Geste nachahmte und ihre Nasenflügel antippte. »Richtig«, sagte er. »Hört sich gut an.«
    Eine halbe Stunde später machte sie ihr Versprechen wahr. Sie führte ihn in ihren Vorführraum mit den flanellbespannten Wänden und fing an, auf einem Spiegeltablett ein Häufchen Kokain zu häckseln. »Nehmen Sie die da«, sagte sie und zeigte auf die dickste Linie. »Das dürfte Ihr Kaliber sein.« Sie reichte ihm einen zusammengerollten Geldschein.
    Er zog sich die Linie in einem Rutsch rein und machte das obligatorische Gesicht, um zu zeigen, daß es guter Stoff war. »Danke, Theresa.«
    »Terry«, murmelte sie.
    »Ehrlich? Hab ich noch nie gehört.«
    Sie lächelte und sah ihn mit ihrem Schlafzimmerblick an. »Jetzt haben Sie’s.«
    Er nickte.
    »Nur die richtigen Leute dürfen mich so nennen.« Sie nahm den Rest des Kokains mit der Spitze ihres Zeigefingers auf und rieb es sich in den Gaumen. »Ich verschwende es nicht an falsche Fuffziger. Wenn Sie verstehn, was ich meine.«
    Er nickte wieder. »Ja dann … vielen Dank.«
    »Terry, so hat mich Bix immer genannt.«
    Daß er auf so legere Art in die Aura des Unsterblichen einbezogen wurde, schien dem Kokain zusätzlichen Biß zu verleihen. Er war sicher, daß sie das wußte.
    »Ich wünschte, die würden endlich gehn«, sagte sie.
    »Wer?«
    »Die.

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