Stählerne Schatten
änderten dann ihren Kurs und gingen so tief wie irgend möglich – einmal bis auf fünfzig Fuß herunter, was die niedrigste Flughöhe war, die sie sich ohne SAR oder Radarhöhenmesser einzuhalten trauten. Selbst nachdem sie den iranischen Luftraum verlassen hatten, verfolgten die iranischen Jäger sie weiter. Erst als sie schon fast die omanische Küste erreicht hatten, kehrten die Jäger nacheinander um. Dann hatten sie endlich Land unter sich, und die Jäger waren verschwunden.
»Jesus, das war knapp!« ächzte Jamieson. »Irgendein Jagdflieger muß heute seinen Glückstag gehabt haben, daß er zufällig auf uns gestoßen ist… «
»Das war kein Zufall. Sieh dir das an«, sagte McLanahan und deutete auf seinen Bildschirm. »Wir sind längst in Reichweite omanischer Radarstationen und sogar saudi-arabischer Jäger F-15, aber niemand verfolgt uns. Nur die Iraner sind hinter uns hergewesen – sie müssen rausgekriegt haben, wie man einen Stealthbomber orten kann.«
»Orten? Womit denn? Sie haben uns nie richtig erfaßt.«
»Ich weiß, aber sie haben uns trotzdem gefunden«, antwortete McLanahan. »Irgendwie haben sie’s geschafft, uns so gut zu entdecken, daß sie einen Jäger auf uns ansetzen konnten. Erinnerst du dich an die Jäger, die plötzlich ihr Radar ausgeschaltet haben, obwohl sie uns nicht erfaßt hatten? Das haben sie getan, weil wir nicht merken sollten, daß wir beobachtet werden. Das Ganze muß irgendwie mit der Anordnung ihrer vielen Radargeräte zusammenhängen.«
»Wenn das stimmt, sind unsere Einsätze wahrscheinlich beendet«, meinte Jamieson nachdenklich. »Das könnte das gesamte B-2A-Programm gefährden. Das Pentagon riskiert bestimmt keinen Stealthbomber mehr, bis festgestellt ist, wie die Iraner es geschafft haben, uns zu orten.«
»Ich glaube nicht, daß uns allzu viel Zeit bleibt«, sagte McLanahan. Er machte sich daran, für die National Security Agency einen Bericht über diesen unglaublichen, erschreckenden Vorfall zu schreiben. »Die Iraner haben jetzt die Oberhand – vielleicht hören sie nicht auf, bevor sie ihre weitgesteckten Ziele erreicht haben.«
IM PRÄSIDENTENPALAIS, TEHERAN
KURZE ZEIT SPÄTER
Ali Akbar Nateq-Nouri, der Präsident der Islamischen Republik Iran, schrieb mit Bleistift in sein Tagebuch – seit er unter Hausarrest stand, hatte er keinen Computer, keinen Fernseher und kein Radio mehr –, als plötzlich die Tür seines Zimmers aufgerissen wurde. General Hesarak al-Kan Buschasi kam hereingestürmt und baute sich vor ihm auf.
»Herein, die Tür ist offen«, sagte Nateq-Nouri, ohne eine Miene zu vorziehen.
Buschasi packte den Präsidenten mit beiden Händen an den Aufschlägen seiner Jacke und riß ihn wütend hoch. »Geben Sie mir den Code!« verlangte er.
»Danke, mir geht’s gut, General«, antwortete der Präsident ungerührt. »Und Ihnen?«
»Ich jage Ihnen eine Kugel durch den Kopf, blase Ihnen Ihr krankes Gehirn raus und stelle Ihren Tod als Selbstmord hin«, schrie Buschasi drohend. »Ich… «
»Woher habe ich eine Waffe, General?«
»Die haben Sie einem Wachposten abgenommen und… «
»Jeder einzelne Ihrer vielgerühmten Pasdaran ist wenigstens fünf Zentimeter größer und zehn Kilo schwerer als ich«, stellte Nateq-Nouri fest. »Wie sollte ich imstande sein, einen Ihrer Revolutionswächter zu überwältigen, wenn man mich in meinem eigenen Palais buchstäblich verhungern läßt?«
»Geben Sie mir den Code«, wiederholte Buschasi.
»Code? Welchen Code?«
Jetzt hatte Buschasi endgültig genug. Er ballte die Rechte zur Faust, schlug zu und traf den Mund seines Gegenübers. Sein Schlag ließ Nateq-Nouri taumeln, und es dauerte einige Sekunden, bis der Präsident wieder klar sehen konnte und nicht mehr das Gefühl hatte, der Raum drehe sich um ihn. »Sie wissen genau, welchen Code ich meine«, knurrte der General.
»Heraus damit, dann lasse ich Sie am Leben.«
»Ich mache mir keine Illusionen darüber, daß Sie mich noch allzu lange am Leben lassen werden«, antwortete der Präsident. »Ihr Verlangen zeigt, wie wenig Sie über Ihren Staatsstreich nachgedacht haben, General: Sie hätten erst den Code verlangen sollen, um dann den Ausnahmezustand auszurufen und mich zu beseitigen. Da Ihnen jedoch weiterhin starke Streitkräfte unterstehen, frage ich mich, wozu Sie eine Atomwaffe einsatzbereit machen müssen. Vermute ich richtig, daß Sie die Lenkwaffe P-700 an Bord der Khomeini scharf machen wollen?«
Buschasi versuchte es mit einer
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