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Stählerne Schatten

Stählerne Schatten

Titel: Stählerne Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
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anscheinend auch nicht wissen. Hör auf, mich mit diesen verdammten Fragen zu löchern, Tiger. Du brauchst ihm bloß einen Simulatorflug zu verpassen. Das Ganze ist nur eine von Samsons Zirkusshows. Amüsier dich, sorg dafür, daß er ins Schwitzen kommt – du weißt, wie so was läuft. Dafür darfst du heute nachmittag versuchen, mich beim Golf zu schlagen.«
    Jamieson murmelte noch ein wenig vor sich hin und hielt danach den Mund, obwohl er innerlich kochte. Tony »Tiger« Jamieson, ein Veteran der U.S. Air Force mit fünfundzwanzig Dienstjahren, über viertausend Flugstunden und Kampfeinsätzen in Vietnam, Libyen und am Persischen Golf, sollte einem Prominenten eine Zirkusshow bieten. Der ehemalige Jagdbomberpilot – jetzt beim 509th Bomber Wing, das den Stealthbomber B-2A Spirit flog, und Kommandeur der Einsatzgruppe – war solchen »PR-Zirkus«, wie er ihn nannte, nicht gewöhnt und hätte ihn lieber dem Chef der Bomberstaffel oder einem seiner Fluglehrer überlassen. Aber die Bosse – der Geschwaderkommandeur und dessen Boß, der Kommandeur aller Bomberverbände der Luftwaffe – wollten Jamieson, also konnte er nur zackig salutieren, »Ja, Sir!« sagen und diesen Befehl ausführen.
    Das Kurierflugzeug C-20H, die Militärversion einer Gulfstream IV, landete auf die Minute pünktlich und rollte rasch zur Flugleitung; schon bevor die Triebwerke standen, ging die Kabinentür mit eingebauter Treppe auf, und Soldaten und Techniker in Arbeitsanzügen drängten sich nach draußen. Die VIPs – ein Dreisternegeneral, ein Zweisternegeneral, ein Oberst und zwei Zivilisten – wurden ohne lange Begrüßung in die bereitstehenden Dienstwagen verfrachtet, als könnte die Morgensonne sie wie Vampire zusammenschrumpfen lassen, wenn sie sich zu lange im Freien aufhielten.
    Zwei mit Soldaten und Sicherheitsbeamten in Zivil besetzte Humvees eskortierten die Dienstwagen, Oberst Jamieson mußte im zweiten Wagen mitfahren, weil ein Sicherheitsbeamter, unter dessen Safarijacke eine Maschinenpistole sichtbar war, auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Ihm fiel auf, daß die Techniker in ihren Arbeitsanzügen eilig zum Hangarkomplex der Wartungsgruppe hinüberhasteten – manche mit Kartons voller Handbücher, andere mit Werkzeugtaschen und Testgeräten, die meisten so langhaarig und dicklich, daß sie bestimmt nicht beim Militär waren. Alle erweckten den Eindruck, als kämen sie bereits zu spät zu einer wichtigen Besprechung.
    Militärpolizisten sperrten alle Kreuzungen, als die kleine Wagenkolonne zu dem Gebäude mit dem Weapons Systems Trainer der B-2A hinüberfuhr. Dieser ganze Aufwand machte Jamieson nur noch mürrischer. Solche »Zirkusshows« waren schlimm genug, aber zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wegen eines kümmerlichen Zivilisten? Bestimmt nur zu Demonstrationszwecken, überlegte Jamieson sich. Der Besucher war vermutlich irgendein selbsternannter Militärfachmann aus dem Kongreß, der die Sicherheitsmaßnahmen der Stealthbomberflotte überprüfte, und die Bosse hatten sie verstärkt, um einen besonders guten Eindruck zu machen. Die Sicherheitsmaßnahmen hier in Whiteman waren bereits sehr streng, aber eine machtvolle Demonstration konnte nie schaden.
    Erst als sie im Briefingraum des Simulatorgebäudes saßen, dessen geschlossene Türen von bewaffneten Posten gesichert wurden, hatte Jamieson Gelegenheit, sich den prominenten Besuch näher anzusehen. Nur schade, daß er ein Mann war – die Mitarbeiterinnen von Kongreßabgeordneten, die häufig in Whiteman aufkreuzten, waren alle verdammt hübsch, und Jamieson, der nach zwei Scheidungen nun als Single lebte (»wenn die Air Force wollte, daß du ‘ne Ehefrau hast, hätte sie eine an dich ausgegeben«), hatte einige von ihnen kennengelernt. Der Kerl war ungefähr zehn Jahre jünger, zehn Zentimeter kleiner und fünfzehn Kilo schwerer als Jamieson und hatte eine ausgesprochene Gewichtheberfigur, dünnes blondes Haar und einen ziemlich neuen Schnurrbart – beides etwas länger als laut Dienstvorschrift zulässig und weit länger als der Ende der neunziger Jahre moderne militärische Kurzhaarstil.
    Sein Händedruck war kräftig, und aus seinen blauen Augen funkelte Energie. Als er mit Jamieson bekanntgemacht wurde, schien er lächeln zu wollen, aber etwas Dunkles, Schmerzvolles in seinem Inneren sprach sich dagegen aus, irgendein Gefühl zu zeigen – erst recht kein heiteres. Ausgeprägte Tränensäcke unter den Augen und Falten in seinem Gesicht erzählten von großer

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